Ist das Methanol-Auto das bessere E-Auto?
Seite 2: Wasserstofffahrzeuge in Konstruktion aufwändiger als BEVs
- Ist das Methanol-Auto das bessere E-Auto?
- Wasserstofffahrzeuge in Konstruktion aufwändiger als BEVs
- Massive Industrie-Anlagen wären nötig
- Auf einer Seite lesen
Im Gegensatz zu herkömmlichen Brennstoffzellen-PKW wie einem Hyundai Nexo oder einem Toyota Mirai ist diese Batterie also extrem groß. Der Grund ist, dass sie maßgeblich für die Beschleunigung benötigt wird: Die Brennstoffzelle einer Nathalie kann allein nur 15 kW leisten. Mit leerer Batterie dürfte der Wagen am Berg also kaum einen LKW überholen können.
Die vom Bayerischen Rundfunk vielfach gemachte Behauptung "Drei Minuten tanken, 800 Kilometer fahren" stimmt so also leider nicht. Man kann den 65-Liter-Tank mit Kraftstoff für 560 Kilometer betanken (das Auto stellt laut Hersteller 1,82 Kilowattstunden pro Liter Methanolgemisch bereit). Richtiger Fahrspaß kommt aber wohl nur auf, wenn auch die Batterie aufgeladen wurde oder man erst mal in langsamen Geschwindigkeiten unterwegs ist und die Batterie währenddessen auflädt.
Aber gut, für Menschen, die viel Langstrecke fahren, ist das ja vielleicht dennoch das bessere Konzept. Um das zu bewerten, fehlt uns aber immer noch eine wichtige Größe: die Kosten. Der Prototyp Nathalie dürfte mit seinen 400.000 Euro Kaufpreis für die meisten Angestellten nicht ins Budget passen, aber vielleicht ein in Serie hergestelltes Fahrzeug mit dem gleichen Konzept?
Ausgerechnet diesbezüglich bemüht sich der Bayerische Rundfunk leider um keine konkrete Aussage. Dabei wäre das ein entscheidender Faktor, stehen die Vorzeichen für einen Preisvorteil eher schlecht. Schon die herkömmlichen Wasserstofffahrzeuge sind in ihrer Konstruktion deutlich aufwändiger als die reinen BEVs.
In Brennstoffzellen sind Edelmetalle verbaut, aktuell primär Platin, was diese Bauteile generell teuer macht und ebenfalls eine Rohstoffabhängigkeit schafft. Diese Zellen sorgen für die elegante Reaktion, durch die aus Sauerstoff und Wasserstoff Energie und Wasser werden, aber dazu muss auch für ideale Bedingungen gesorgt werden. Bei niedrigen Temperaturen muss der Brennstoffzellen-Stack von Wasserresten befreit und vorgeheizt werden, sonst startet die Reaktion gar nicht. In Betrieb hingegen muss er gekühlt werden, und all das muss reibungslos funktionieren.
Zudem ist die Umgebungsluft nicht rein genug. Würde sie ungefiltert genutzt, würde Staub die Zellmembranen blockieren und auf Dauer schädigen, entsprechend aufwändige Filtersysteme werden benötigt. Aber selbst gefilterte Luft verhindert nicht, dass die Membran mit zunehmender Lebensdauer ihre Leistungsfähigkeit verliert. Aufgrund all dieser Faktoren sind die Wasserstofffahrzeuge oder FCEVs aktuell ungefähr 50 Prozent teurer als ähnlich große BEVs.
Ohne Methanol-Reformer geht es nicht
Im Gegensatz zu den FCEVs hat das Methanol-Antriebskonzept nun einen kleinen Kostenvorteil, weil es anstatt eines 700-bar-Wasserstofftanks nur einen gewöhnlichen Tank für eine Flüssigkeit benötigt. Dafür benötigt der Methanol-Sportwagen jedoch zusätzlich noch eine Vorrichtung, um die Flüssigkeit erst mal in Wasserstoff umzuwandeln. Diese Vorrichtung nennt sich Methanol-Reformer. Er kommt ebenfalls nicht ohne Edelmetalle wie Palladium und Silber aus, was aus dem Kostenvorteil wieder einen Nachteil machen dürfte.
Nicht nur die Produktion, auch Betrieb und Wartung könnten sich im Alltag als echte Kostentreiber erweisen. Für das Bundesverkehrsministerium hat der Entwickler einen E-Smart zu einem Methanol-Smart umgebaut. Bei Minute 16:04 kann man im Beitrag sehen, dass die ganze benötigte Technik nur eingebaut werden konnte, indem der Kofferraum dafür geopfert wurde. Ja, man kann das Konzept in einen Polo mit 50 PS einbauen, aber wie viel man danach noch transportieren kann, und ob das Attribut "haushoch überlegen" dann noch so recht passt, ist fraglich.
Man kann also davon ausgehen, dass Kaufpreis und Betrieb deutlich teurer sind als bei einem BEV. Bleibt die Frage, ob das Tanken günstiger ist. Der aktuelle Marktpreis von Methanol sagt hier wenig aus, da es sich um fossil hergestelltes Methanol handelt. Für Klimaneutralität muss das Methanol hingegen aus EE-Strom oder Atomstrom hergestellt werden. Für 100 Kilometer benötigt der Prototyp 11,5 Liter Methanol, das laut Bundesenergieministerium pro Liter 11,7 Kilowattstunden Strom in der Herstellung benötigt, womit wir bei einem Primärenergiebedarf von 134 Kilowattstunden / 100 Kilometer lägen.
Mit dieser Energiemenge kann man in einem Tesla Model S rund 650 Kilometer weit fahren oder alternativ einen durchschnittlichen Haushalt zwei Wochen lang mit Strom versorgen. Setzt man gängige Industriestromtarife von 18,55 Cent an, liegt man bei reinen Netto-Herstellungskosten von 25 Euro / 100 Kilometer.
Selbst wenn die gesamte deutsche Stromproduktion aus dem Jahr 2020 in die Methanol-Herstellung flösse, reichte die hergestellte Menge nicht aus, um die aktuelle deutsche PKW-Flottenleistung damit zu erbringen. Hier müsste auf Projekte im Ausland ausgewichen werden wie das Haru-Oni-Projekt von Siemens Energy im Süden von Chile, mit dem laut Siemens im kommenden Jahr 750.000 Liter E-Methanol hergestellt werden sollen.
Wie sehr die steten Winde in dieser Region die Kosten zu reduzieren imstande sind, wird sich zeigen. Dass der Verlust von 80 Prozent der eingesetzten Primärenergie am Ende günstiger ist als das direkte Aufladen einer Batterie, darf aber bezweifelt werden. Wer im haushoch überlegenen Methanol-Auto unterwegs sein möchte, sollte also damit rechnen, diese Überlegenheit entsprechend bezahlen zu müssen.