Italien: Koalitionsverhandlungen unterbrochen und wieder aufgenommen

Giuseppe Conte (Bild: CC-BY-4.0: © European Union 2019 - Source: EP) und Luigi Di Maio (Bild: Grillinobeach, CC BY-SA 3.0)

Einigen sich M5S und PD auf Giuseppe Conte als alten und neuen Ministerpräsidenten? Lega bietet Luigi Di Maio an, dass er selbst Ministerpräsident wird, wenn die M5S die alte Koalition fortführt

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Seit gestern Nachmittag spricht der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella im römischen Quirinalspalast erneut mit den Vertretern der im Parlament vertretenen Parteien, um zu entscheiden, ob er weiter über eine Regierungsbildung ohne Neuwahlen verhandeln lässt. Besonders dürften ihn dabei die Stellungnahmen und Antworten der Vertreter seiner sozialdemokratischen Partei PD und der aktuell stärksten Parlamentskraft M5S interessieren. Die beiden Parteien führen nämlich seit Donnerstag Gespräche über eine rot-gelbe Regierungskoalition.

Eine Einigung zwischen ihnen wurde in diesen sechs Tagen noch nicht erzielt. Obwohl die PD von der M5S den Verzicht auf deren Gründungsposition direkte Demokratie forderte (vgl. PD fordert für Koalition mit M5S EU-"Loyalität" und Verzicht auf direkte Demokratie) liegt das angeblich weniger an inhaltlichen als an personellen Differenzen. Dem Corriere della Sera zufolge besteht M5S-Capo Luigi Di Maio nämlich darauf, dass der parteilose bisherige Ministerpräsident Giuseppe Conte auch der Chef der neuen Regierung sein soll.

"Regierung der Umkehr" oder Grün-Gelb mit Di Maio?

PD-Chef Nicola Zingaretti hatte dagegen öffentlich verlautbart, für eine "Regierung der Umkehr" sei auch ein neuer Regierungschef nötig. Nachdem die M5S darauf hin die Gespräche zeitweilig unterbrach, verlautbarte die PD gestern Abend, dass ein Verzicht auf Conte als Regierungschef doch keine "Bedingung" sei.

Außerdem sprachen Vertreter der Sozialdemokraten von einem "konstruktiven Gesprächsklima" und betonten, dass es keine "unüberwindbaren Hürden" gebe und man sich "gegenseitig zuhören und miteinander reden" müsse, "um dann am Ende eine gemeinsame Position zu finden". Italien brauche nämlich gerade angesichts des anstehenden EU-Abgabetermins für den neuen Staatshaushalt und der Rezessionsgefahr keine lange "Krise", sondern eine baldige Regierung.

Der Sinneswandel in der PD könnte auch mit einem Angebot von Landwirtschaftsminister Gian Marco Centinaio an die M5S zu tun haben. Der Lega-Politiker brachte nämlich der in einer Radiosendung ein Weiterführen der bisherigen Koalition aus seiner Partei und der M5S mit deren Capo Di Maio als neuem Regierungschef ins Spiel. Das, so der Lombarde, sei "eine Möglichkeit". Eine Möglichkeit, mit der die Lega symbolisch anerkennen würde, dass die M5S nicht nur im Parlament, sondern auch in der Regierung (noch) die stärkste Partei ist.

In diesem Zusammenhang lobte Centinaio die seiner Ansicht nach "beträchtlichen Resultate", die die nach den Parteifarben der Lega und der M5S benannte grün-gelbe Koalition erreicht habe. Angesichts dieser Resultate sollten die beiden Parteien "mehr miteinander sprechen" und versuchen, die aktuelle "Krise" als Chance zu sehen, ihre "Beziehung zu verbessern und die Regierungsarbeit effizienter zu gestalten".

Scheitert ein Bündnis mit den Sozialdemokraten an der M5S-Basis?

Eine Beteiligung der Sozialdemokraten an der Macht, die bei den letzten Wahlen durchwegs Niederlagen einfuhren, würde Centinaios Meinung nach nicht dem Willen der Bürger entsprechen. Erklärt sich die Führung der M5S trotzdem dazu bereit, könnte das Vorhaben noch an der Basis der Grillisten scheitern.

Auf Di Maios Facebookseite und anderswo in Sozialen Medien haben sie in der letzten Woche viel Unmut über die plötzliche Annäherung der als Anti-Establishment-Bewegung angetretenen Gruppierung zu "la Casta" geäußert. Zu diesem Unmut dürfte beigetragen haben, dass EU-Politiker wie Günter Oettinger ihre Beliebtheit in Mailand, Rom und Neapel womöglich überschätzen, als sie offen zu einer Koalition aus PD und M5S rieten.

Weil derzeit unklar ist, wer Italien künftig regieren wird, hat die italienische Regierung der designierten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nicht wie gefordert bis gestern einen Personalvorschlag für den neuen italienischen Vertreter in der EU-Kommission übermittelt. Conte hatte nach der Einigung auf die Deutsche im Mai verlautbart, er habe für diesen italienischen Vertreter den wichtigen Wettbewerbskommissarsposten herausgehandelt. Ob sich die neue Kommissionspräsidentin daran noch gebunden fühlen würde, wenn ein anderer italienischer Ministerpräsident amtiert, ist offen.

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