Italien verschärft die Abschottung gegen NGO-Seenotretter
Neues "Sicherheitsgesetz": Unerlaubtes Befahren italienischer Hoheitsgewässer wird mit bis zu einer Million Euro Geldstrafe geahndet, Schiffe können beschlagnahmt und zerstört werden
Das unerlaubte Befahren der italienischen Hoheitsgewässer wird nun richtig teuer. Italien macht es Spanien nach (901.000 Euro Strafe für Seenotrettung und sieht Strafen in Höhe von bis zu einer Million Euro vor, falls NGO-Schiffe gegen das neue Sicherheitsgesetz verstoßen. Zudem ist es nach dem Gesetz möglich, das Schiff schon beim ersten Verstoß sofort zu beschlagnahmen oder nach einer Zeit gar zu zerstören, wie es die italienische Medien berichten.
Die Schiffe der NGOs, die unmittelbar nach der Verletzung des Einreiseverbots in die Hoheitsgewässer beschlagnahmt werden, können (auch in einzelnen Teilen) verkauft werden, wenn sie nicht vom Staat genutzt werden, oder nach zwei Jahren endgültig zerstört.
Agora 24
Der italienische Senat hat das "decreto Sicurezza bis" gestern mehrheitlich mit 160 Ja-Stimmen gegen 57 Nein-Stimmen verabschiedet. Die Abgeordnetenkammer hatte bereits zuvor zugestimmt. Laut Presseagenturberichten hatte Italiens Regierung die Vertrauensfrage gestellt, um das Gesetz schnell und ohne Änderungen am Text zu verabschieden.
Das Wörtchen "bis" zeigt an, dass es sich um eine überarbeitete Version des "Sicherheitsdekrets" handelt, das bislang als Notverordnung in Kraft war, die aber am 13. August ihre Gültigkeit verloren hätte. Der Weg zum neuen Gesetz (jetzt ist es ein "decreto legge") war umstritten; es gab einige Änderungen. Letztlich aber setzte Innenminister Salvini seine Politik der geschlossenen Häfen, die das Gesetz untermauert, durch.
Eine geringe Anzahl von Mitgliedern seines Koalitionspartners aus der 5-Sterne-Bewegung verließ zwar demonstrativ die Kammer vor der Abstimmung, aber der "Big Test" (Ansa) wurde zum neuerlichen Erfolg der Politik Salvinis gegenüber den NGO-Seenotrettern. Die 5-Sterne-"Rebellen" konnten nichts ausrichten, weil es zu wenig waren und weil die Stimmenthaltungen der Mitglieder von Fratelli d’Italia und Forza Italia politisch mehr zählten.
Man merkt der Zustimmung zum neuen Gesetz und einigen Passagen an, dass die Eigeninitiative der NGO-Kapitänin Carola Rackete, die Ende Juni gegen die bis dato gültige Notverordnung verstieß ( "Kriegshandlung": Schwere Vorwürfe gegen Kapitänin der Seenotrettung) Spuren hinterlassen hat. Salvini hatte da schon angekündigt, dass er verschärfte Sanktionen vorbereitet habe.
Aufgeführt werden sie im überarbeiteten Artikel 2 des nun verabschiedeten Decretto legge. Dort ist eine Geldstrafe von 150.000 bis zu einer Million Euro für den Kapitän eines Schiffes vorgesehen, wenn sie oder er gegen das "Verbot der Einreise, des Transits oder des Aufenthalts in italienischen Hoheitsgewässern" verstößt.
Das Verbot der Einreise in italienische Hoheitsgewässer kann der Innenminister "aus Gründen der Ordnung und Sicherheit" erklären, wie in Artikel 1 festgelegt wird. Das ist der Fall, wenn davon ausgegangen wird, dass gegen das Einwanderungsgesetz verstoßen wurde, vor allem, wenn "Beihilfe zur illegalen Einwanderung" vorliegt.
Allerdings muss Innenminister Salvini, anders als bei der zuvor gültigen Notverordnung, nun die Erklärung gegenzeichnen lassen, vom Minister für Transport - derzeit: Danilo Toninelli - und der Verteidigungsministerin - derzeit: Elisabetta Trenta. Beide sind Mitglieder der 5-Sterne-Bewegung, die hier offensichtlich Einfluss dokumentieren wollte. Ob das in der Realität eine größere Rolle spielen wird, wird sich erst zeigen.
Schärfere Strafen gegen Kapitäne
Eine wichtige Neuerung ist, dass der Kapitän bei einem Verstoß gegen das Gesetz und gegen Anweisungen der Guardia di Finanza, wie im Fall Carola Rackete, nun "auf frischer Tat" ("in flagranza") festgenommen werden kann. Dazu soll auch das Strafgesetzbuch geändert werden. Der Widerstand gegen den Versuch der italienischen Sicherheitskräfte, Rettungsschiffe zu stoppen, kann künftig mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden.
Das neue Gesetz muss noch vom italienischen Präsidenten Sergio Mattarella unterzeichnet werden, was als reine Formsache gilt.
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