"Ja-Ja!" - "Nee, nee" - "Was?" - "Jetzt lass mich doch ausreden!"
Alpen-Jodler ohne Echo, doch mit Laufzeit
Internettelefonie? Das ist doch Bastlerkram, je nach Soundkarte krächzt es mehr oder weniger gut verständlich aus dem Headset und kommt auch schon mal ins Stottern, wenn der Rest der Familie gerade wieder mal am (Daten-) Saugen ist. Dieses Problem ist man nun mit einem neuen Dienst los. Perfekt ist diese Lösung aber auch noch nicht.
Man könnte glauben, es sei wieder 2000: Ein neues Produkt wird nicht dadurch bekannt, dass es ein neues Produkt ist, sondern dass ein Investor zugeschlagen hat. Das Produkt heißt Jajah und es handelt sich um Internettelefonie ohne Internettelefon oder Computer. Na ja, nicht ganz: Zum Aufbau und Abbau des Gesprächs wird der Computer benötigt, doch das eigentliche Telefonat läuft nicht über den heimischen DSL-Anschluss, sondern über das normale Telefon.
Es gibt mittlerweile zahlreiche Angebote für Internettelefonie, ob Skype, ob Tarife von speziellen DSL-Providern wie 1&1, Web.de oder GMX, ob Lösungen normaler Festnetzanbieter wie Arcor, die aus den zwei Leitungen, die ISDN pro Anschluss maximal gleichzeitig bietet, per DSL heimlich und ohne dass der Kunde es bewusst merkt, drei oder vier machen und so jedem Familienmitglied ein eigenes Telefon mit eigener virtueller Leitung bieten. In manchen Pilotgebieten, wie beispielsweise in Regensburg, ersetzt ein 1&1-Anschluss sogar komplett das normale Festnetztelefon, wobei über DSL durchaus normale telefongewohnte Sprachqualität zustande kommt, die wirklich jedes Geräusch deutlich und zeitnah überträgt und damit sogar telefonsextauglich sein soll, wie ein Pilotkunde uns begeistert berichtete.
Störend ist dafür, dass das 1&1-Telefon der Pilotprojekte, beziehungsweise dessen Klingel, nachts nicht abgeschaltet werden kann, ohne auch den eingebauten Anrufbeantworter zu verlieren, und dass es kein die Anrufer informierendes Besetztzeichen gibt (und auch keinen Anrufbeantworter), wenn die nicht existente „Leitung“ bereits belegt ist, sprich: der Kunde telefoniert. Und es kommt auch schon mal vor, dass das Internettelefon ausfällt, weil der DSL-Router gerade nicht einloggen will – Pech, wenn man es dann gerade eilig hat oder stets per Telefon erreichbar sein muss. Schlecht für die berufliche Telefonnutzung. Oder die private der bereits erwähnten intimen Art.
Das frühere Argument, mit Internettelefonie auch Geld zu sparen, wird angesichts der insgesamt gesunkenen Telefontarife heute gar nicht mehr so beachtet: Lediglich die Voip-Flatrates (Voice over IP: Sprache über Internet-Protokoll) zu 10 Euro im Monat werden von den diversen Providern noch eifrig beworben, wobei es ab dem 1. Januar 2007 mit den ersparten Gebühren ohnehin vorbei ist, weil dann zusätzliche monatliche Rundfunkgebühren an die GEZ zu zahlen sind, wenn noch keine Rundfunkgeräte im Haus sind (Das Internet wird gebührenpflichtig!). Dieses Problem stellt sich allerdings ohnehin, sobald ein Internetanschluss und ein PC im Haus sind. Nur für ein reines IP-Telefon, beispielsweise über spezielle Voip-Router angeschlossen oder als eigenständiges Gerät realisiert, das keinen Computer involviert, würden sie nicht fällig. An Internettelefonie wird eher geschätzt, dass die häusliche Telefonleitung nicht belegt wird, man Anrufe bekommen kann, ohne dass Ehefrau, Eltern oder WG-Mitbewohner etwas merken, oder man in Communities mit Gleichgesinnten kostenlos telefonieren kann – teils auch über Instant-Messenger, wie bei MSN, dann jedoch mit proprietären Protokollen als Insellösung (Voice over troubled IPs).
Prinzipiell ist gegen IP-Telefonie mittlerweile auch technisch nichts mehr einzuwenden, denn in den großen Glasfaser-Backbones der Telecom-Unternehmen wird die Sprache inzwischen ohnehin immer mehr per IP transportiert. Das Problem ist allerdings, ähnlich wie bei Webradio, dass das Internet-Protokoll nicht auf zeitkritische Anwendungen ausgelegt ist: Jedes Paket findet zwar irgendwie seinen Weg durch Netz, doch wie schnell, ist eine andere Frage. Innerhalb der Backbones können Sprachpakete durchaus priorisiert werden, doch bei einem Routing bis zum Endkunden bleibt diese Privilegierung oft auf der Strecke und es gibt störende Echos, Verbindungsabbrüche, Verzögerungen und Stotterer. Spezielle Voip-Router können die Problematik etwas verringern und hausintern der Sprache vor den Daten den Vorrang lassen, sodass die "Eseleien" des Bruders nicht die Telefonate der Schwester stören, doch wenn Mittagspause ist und sich alle zum Surfen ins Internet stürzen und damit die Backbones überlasten, wird die Tonqualität der IP-Telefonie dennoch spürbar nachlassen. Immer ist bislang jedoch ein gewisser Umbau der vorhandenen Hardware notwendig, um über das Internet telefonieren zu können.
Eine Alternative ist es, die IP-Pakete eben nicht bis zum Endkunden durchzurouten, sodass dort auch kein DSL erforderlich ist (schon ein Modem für einen Internetzugang reicht), oder dessen Auslastung keine Rolle spielt. Nach einem Jahr nur begrenzten Erfolgs mit einem speziellen Internettelefon hatte das österreichische Startup-Unternehmen Jajah hier die entscheidende Idee: Das Gespräch wird nicht nur wie bei der normalen Internettelefonie auf der anderen Seite der Verbindung ins Festnetz umgesetzt, sondern auf beiden Seiten. Das verdoppelt zwar die Interconnection-Gebühren, weshalb ein Telefonat hier auch typischerweise zwei Cent pro Minute kostet statt einem wie bei Skype, GMX und Co. Doch dies ist immer noch billiger ist als der normale Telekom-Tarif, zumal diese zwei Cent pro Minute auch für Gespräche nach Amerika und in viele europäische Länder gelten.
Dafür erhöht es den Nutzwert erheblich: Internettelefonie ist nun mit jedem beliebigen Telefon möglich, wenn es sein muss (allerdings entsprechend teurer) auch mit dem Handy, aber auch mit dem Telefon im Büro, wo keine Privatgespräche auf der Rechnung auftauchen sollen, oder bei Freunden, denen man keine Kosten verursachen will. Ebenso praktisch ist es, dass nun auch Headsets zum aktiven Anrufen verwendet werden können, die gar keine eigene Tastatur haben (Schnurlose Headsets mit DECT und Bluetooth). Man gibt nur auf einer Webseite seine eigene Telefonnummer und die des gewünschten Gesprächspartners ein; nach einem Mausklick wird man dann von Jajah zurückgerufen und anschließend zum Gesprächspartner durchverbunden.
Fünf Minuten können sogar völlig kostenlos getestet werden, danach ist eine Registrierung erforderlich und irgendwann muss – ausschließlich per Kreditkarte – gezahlt werden, wenn man nicht abgeschaltet werden will. In einem Praxistest war dies jedoch auch nach 30 Minuten noch nicht erforderlich, sofern man die Registrierung überwunden hat, bei der die Eingaben der eigenen Telefonnummern mit vorangestelltem +, so wie sie auf der Webseite verlangt werden, nicht zum Erfolg führen, sondern zu einer jener beliebten Fehlermeldungen, die besagen, es handle sich nur um ein temporäres Problem und man solle doch später wiederkommen. Da momentan wohl viele brav später wiederkommen und ebenso scheitern wie beim ersten Versuch, ist der Dienst noch nicht überlastet.
Gespräche wie im All
Die Tonqualität ist soweit akzeptabel, wenn auch im Vergleich zu einer normalen Festnetzverbindung eine Betonung der höheren Frequenzen bemerkt wurde. Allerdings ist Jajah momentan dennoch noch nicht für flüssige Gespräche unter guten Freunden geeignet, weil das zweimalige Umsetzen von Festnetz auf Internet und von Internet zurück auf Festnetz die Gespräche so stark verzögert, dass Ähnlichkeiten zu den früheren Satelliten-Telefonaten entstehen: Man fällt sich ständig gegenseitig ins Wort oder – wenn man höflich sein will und wartet, bis der andere auch ganz bestimmt aufgehört hat, zu sprechen – legt peinliche Schweigesekunden ein. Praktisch ist dagegen, dass Telefonnummern nach Gesprächsende automatisch ins Online-Jajah-Telefonbuch übernommen werden können. Beziehungsweise könnten, denn auch hier zeigte sich im Test eine "temporäre Störung". An dieser Stelle ist das Jajah-Internettelefon also leider noch nicht ausgereift; die akustischen Verzögerungen werden nur bei sehr langweiligen Gesprächen, bei denen nur einer spricht, nicht störend auffallen. Bleibt zu hoffen, dass dies in den nächsten Wochen optimiert wird.