Jede dritte CD ist gefälscht
Die Musikindustrie leidet unter professionellen Raubkopierern - über Gegenmittel herrscht Uneinigkeit
Laut einer jetzt vorgestellten Studie wird jede dritte weltweit kommerziell verbreitete Audio-CD ohne die Genehmigung der Urheber hergestellt. Die meisten dieser Bootleg-CDs werden in Schwellenländern gepresst. Eine dort zirkulierende Idee zur Steigerung legaler Musikverkäufe stößt bei den Plattenfirmen jedoch gar nicht auf Zustimmung.
Der Internationale Musikindustrie-Verband IFPI stellte gestern in London seinen jährlichen Bericht zur kommerziellen Musikpiraterie vor. Darin heißt es, dass letztes Jahr weltweit erstmals mehr als eine Milliarde Bootleg-CDs verkauft wurden. Insgesamt wurden damit rund 4.5 Milliarden US-Dollar umgesetzt. Die Verkaufszahlen der ungenehmigt vervielfältigten CDs sind im letzten Jahr um 14 Prozent gestiegen. Gleichzeitig verzeichnete die reguläre Musikindustrie Verkaufseinbrüche von geschätzten fünf bis acht Prozent.
Die meisten Bootleg-CDs werden in Ländern wie Brasilien, China und Mexico hergestellt. Auch Polen, Russland und Spanien gehören für die IFPI zu den Problemzonen der Musikindustrie. In Griechenland stammt sogar mehr als die Hälfte aller über den Ladentisch gehenden CDs aus ungenehmigten Presswerken. Hier zu Lande liegt der Anteil der CDs, die Musikern und Plattenfirmen keinen Cent einbringen, jedoch unter zehn Prozent aller verkauften Tonträger.
Die Verbände der Musikindustrie versuchen, dem Trend mit einer stärkeren Verfolgung der schwarzen Schafe entgegenzuwirken. So wurden letztes Jahr insgesamt 71 CD-Presswerke geschlossen und 50 Millionen Silberscheiben beschlagnahmt. Ein großer Teil der kommerziellen Piraterie vollzieht sich jedoch mittlerweile auf einem mikroökonomischen Level, gegen den die Industrie machtlos ist. So wurden nach Angaben der IFPI rund 28 Prozent aller unrechtmäßig verkauften Alben als CD-Rs angeboten - vervielfältigt mit oft nicht viel mehr als ein paar in Reihe geschalteten CD-Brennern.
Gegen Piraterie: Preise senken?
Ein ungewöhnlicher Vorschlag zur Lösung des Bootleg-Problems kommt in diesen Tagen aus Malaysia. Das Land gehört nach Angaben der IFPI zu den asiatischen Ländern mit der höchsten Piraterie-Quote. Allein die US-Entertainment-Wirtschaft beklagt pro Jahr rund 250 Millionen US-Dollar an Verlusten durch unrechtmäßig in Malaysia vervielfältigte CDs und DVDs. Die malaysische Regierung glaubt jetzt jedoch, ein einfaches Rezept gegen die Bootlegger gefunden zu haben: Wenn die Preise der Originale sinken würden, müssten die Verbraucher nicht so oft zu den illegalen Angeboten greifen. Nachdem die Regierung die Industrie zunächst zum freiwilligen Senken der Preise bewegen wollte, wechselte Handelsminister Datuk S. Subramaniam Ende Mai zu aggressiveren Methoden. Er empfahl seinen Landsleuten einfach, so lange keine CDs und DVDs mehr zu kaufen, bis die Industrie diese billiger anbiete.
Mittlerweile erwägt Malaysia sogar, die Preise für Entertainment-Produkte staatlich zu regulieren. Diese Idee ließ Vertreter der Industrie weltweit aufschrecken - schließlich könnte sie sich auch in anderen von Piraterie geplagten Staaten durchsetzen. Das US-Außenhandelsministerium sandte deshalb diese Woche eiligst einen Vertreter nach Kuala Lumpur, um Lobbyarbeit gegen die staatlichen Preisdiktate zu betreiben. Der US-Gesandte William Lash erklärte dazu gegenüber der Presse, mit derartigen Regulierungen schade man letztendlich genau den Musikern, die man damit schützen wolle.