"Jetzt sind Sie in der Opposition!"
Die Opposition soll durch eine Veränderung der Geschäftsordnung mehr Rechte erhalten, der Gang vor das Bundesverfassungsgericht soll ihr aber verwehrt bleiben
Die Große Koalition ist übergroß – was die Opposition in Schwierigkeiten bringt. Nach den derzeitigen Regeln können Grüne und Linke keinen Untersuchungsausschuss einsetzen und keine Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht einreichen, um Gesetze der Bundesregierung überprüfen zu lassen. Auf das Wohlwollen der Regierung, der Opposition für die Wahrnehmung ihrer Rechte die fehlenden Stimmen zu leihen, wollen Linke und Grüne jedoch nicht setzen.
So haben die beiden Oppositionsparteien heute gemeinsam einen Gesetzentwurf und einen Änderungsantrag zur Geschäftsordnung in den Bundestag eingebracht, mit denen diese Missstände behoben werden sollen. Dabei setzen die Oppositionsparteien auf eine Lösung, die nur in der aktuellen Wahlperiode gültig und speziell auf die aktuelle Situation angepasst sein soll.
Inhaltlich fordert der Entwurf von Linken und Grünen, dass die beiden Oppositionsparteien gemeinsam das Recht bekommen sollen, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Um im Untersuchungsausschuss selbst handlungsfähig zu bleiben, sollen auch die Minderheitenrechte im Untersuchungsausschuss erhalten bleiben, wenn sich beide Fraktionen einig sind. Derzeit könnte beispielsweise kein Zeuge gegen den Willen der Koalition vor einen Untersuchungsausschuss geladen werden. Dazu soll das Untersuchungsausschussgesetz geändert werden.
Zudem soll das Bundesverfassungsgerichtsgesetz überarbeitet werden, damit Grüne und Linke gemeinsam nach Karlsruhe ziehen können, wenn sie ein Gesetz der Bundesregierung für nicht verfassungsgemäß halten.
Mit weiteren Gesetzesänderungen will sich die Opposition Mitspracherechte bei europäischen Vorhaben und Klagerechte vor dem Europäischen Gerichtshof sichern. In einem Änderungsantrag zur Geschäftsordnung des Bundestags wollen sich die Linken und die Grünen unter anderem das Recht sichern, gemeinsam eine Einberufung des Bundestages zu verlangen oder eine Anhörung zu einem Gesetzesvorhaben zu beantragen.
Aus Sicht von Union und SPD gehen die Forderungen der Opposition jedoch viel zu weit. "Jetzt sind Sie in der Opposition, jetzt müssen Sie auch damit klarkommen", erklärte Michael Grosse-Brömer (CDU), der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion. Er bitte um Nachsicht, dass er das schlechte Wahlergebnis der Linken und der Grünen nicht korrigieren könne. Das Recht, vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen, sei kein Minderheitenrecht der Opposition. Grosse-Brömer riet Linken und Grünen, sich für eine solche Klage Verbündete aus den Regierungsfraktionen zu suchen.
Die Koalition lehnt sämtliche Gesetzesänderungen zu Gunsten der Opposition ab. Lediglich die Geschäftsordnung des Bundestages will sie ändern. Dort soll dann das Recht festgeschrieben werden, dass die Opposition Untersuchungsausschüsse durchsetzen kann. Zudem soll festgelegt werden, dass die Opposition ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses stellen soll – damit könnten Linke und Grüne gemeinsam auch dort ihre Minderheitenrechte wahrnehmen.
Auch die weiteren Forderungen der Opposition, mit Ausnahme der Möglichkeit, das Bundesverfassungsgericht einzuschalten, will die Regierung der Opposition so erfüllen. Grünen und Linken ist die Festschreibung in der Geschäftsordnung anstatt in den entsprechenden Gesetzen jedoch zu unsicher.