Joe Bidens Demokratiegipfel und ein seit 40 Jahren inhaftierter Journalist

Mumia Abu-Jamal auf einem Gemälde des Künstlers Mike Alewitz von 1995. Da war er bereits seit 14 Jahren in Haft. Foto: Richard Coit / CC-BY-SA-4.0

Wäre Mumia Abu-Jamal in Russland oder China inhaftiert, wäre er ein Held der westlichen Welt. Da er in den USA verurteilt wurde, spielt er beim "Gipfel der Demokratie" keine Rolle

Einen weltweiten "Gipfel der Demokratie" hat US-Präsident Joe Biden am Donnerstag eröffnet. Die Liste der geladenen Gäste sorgt für Diskussionen. Dabei war eigentlich klar, dass es bei der gesamten Initiative darum geht, den weltpolitischen Einfluss der USA wieder auszuweiten, nachdem dieser durch das Gezerre um die Wahlen im Inneren und den schmählichen Truppenabzug aus Afghanistan noch mehr gelitten hat.

Dabei lässt sich der Abstieg der USA als Weltmacht und der Aufstieg Chinas ökonomisch erklären. Dazu fallen der Biden-Administration Rezepte aus der Zeit des Kalten Krieges ein. Schon im Kampf gegen den nominellen Sozialismus wurde rhetorisch viel von "Freedom and Democracy" gesprochen, wie es Bert Brecht so treffend in seinem Gedicht vom "Anachronistischen Zug" aufs Korn nahm.

Eingeladene und Nicht-Eingeladene

Gleichzeitig wurde im Namen von "Freedom und Democracy" Vietnam in die Steinzeit gebombt und faschistische Militärs in Griechenland, Chile und vielen anderen Ländern unterstützt. Nun führt die Biden-Administration das alte Theater von "Freedom und Democracy" erneut auf, um den geopolitischen Einfluss der USA zu sichern und zu erweitern. So ist es nicht verwunderlich, dass Polen, Ungarn, die Türkei und Ägypten nicht zum Demokratietheater eingeladen waren, dafür aber die ebenso autoritären Regierungen des Irak, Pakistans und Singapurs.

Dass sich einige der Nicht-Engeladenen darüber aufregen, dürfte zumindest im Fall von China und Russland auch zum Theater gehören. Die wollen doch gar nicht "Freedom und Democracy" nach den Vorgaben der USA spielen, sondern ziehen ihr eigenes Theater auf.

Seit 40 Jahren im Gefängnis

Zufällig tagte der Demokratiegipfel am 9. Dezember. An diesem Tag jährt sich zum 40. Mal die Inhaftierung des afroamerikanischen Journalisten Mumia Abu-Jamal. Am 9. Dezember 1981 wurde der in Philadelphia stadtbekannte Radiojournalist mit Schwerpunkt Polizeigewalt unter der Beschuldigung verhaftet, einen Polizisten erschossen zu haben. Zuvor hatte er für seine journalistische Arbeit mehrere Preise bekommen und sich wegen seiner kritischen Reportagen über das Agieren der Polizei viele Feinde bei den Verantwortlichen gemacht.

Mumia Abu-Jamal, der bei seiner Verhaftung schwer verletzt wurde, hat den Vorwurf immer bestritten. Trotzdem wurde er zum Tode verurteilt. 28 Jahre saß er in der Todeszelle. Einer weltweiten Solidaritätsbewegung ist es zu verdanken, dass er sie verlassen konnte.

Doch er sitzt weiterhin im Gefängnis, womöglich bis zum Lebensende. Denn das bedeutet eine lebenslange Haftstrafe in den USA. Deshalb nutzt die weltweite Solidaritätsbewegung den 40 Jahrestag seiner Verhaftung, um erneut ihrer Forderung Ausdruck zu verleihen, dass das Verfahren gegen den Journalisten ganz neu aufgerollt werden muss.

Ein neuer Gerichtsprozess wäre ein wichtiger Schritt, um seine Freilassung zu erreichen. Vor zwei Jahren schien es Lichtblicke in dieser Hinsicht zu geben. Schließlich hatte der Supreme Court, das oberste Gericht der USA, ein neues Verfahren angeordnet. Doch ein Gericht in Philadelphia machte die Hoffnungen wieder zunichte und blockierte ein Wiederaufnahmeverfahren.

Dabei ist längst klar, dass die Verurteilung von einer rein weißen Jury kam und das Verfahren von einem Richter geführt wurde, der Mumia Abu-Jamal von Anfang an hinrichten lassen wollte und daran auch keinen Zweifel gelassen hat. Doch die vielen Nachweise, die zahlreiche Anwälte in den letzten 30 Jahren zusammentrugen, ließen die repressiven Staatsapparate der USA bisher weitgehend unbeeindruckt. Nur die Todesstrafe konnte durch den weltweiten Druck der Solidaritätsbewegung nicht aufrechterhalten werden.

Im nichtwestlichen Ausland wäre sein Fall ein Grund für Sanktionen

Mumia Abu-Jamal, der mittlerweile mehrere schwere Erkrankungen überstanden hat und sogar das Augenlicht zu verlieren drohte, setzt sich wie in den letzten 40 Jahren aus seiner Gefängniszelle für die Rechte anderer Gefangener ein, schreibt Artikel und gibt Radiointerviews. Wäre er in China oder Russland inhaftiert, wäre sei Fall in den USA und der sogenannten westlichen Welt ein Musterbeispiel für eine Staatsrepression gegen einen kritischen Journalisten.

Vielleicht hätte seine fortdauernde Inhaftierung Anlass geboten, weitere Sanktionen gegen verantwortliche Politiker dieser Länder zu verhängen. Aber Mumia Abu-Jamal ist in den USA, dem Gastgeberland von Bidens Demokratiegipfel, inhaftiert. Daher spielt er bei diesem Theater keine Rolle. Viele, die sich wirklich für Freiheit und Demokratie in der Welt einsetzen, fordern seine Freilassung ebenso wie die anderer Gefangener in vielen Ländern der Welt, die wegen ihrer kritischen Haltung Repression erleiden müssen.

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