Jugend in Gefahr? Der Einfluss von Hoss & Hopf auf junge Hörer

Podcast "Hoss & Hopf" im Fokus der Massenmedien: Kontroverse und Kritik

Podcast "Hoss & Hopf" im Fokus der Massenmedien: Kontroverse und Kritik

(Bild: KI-generiert)

Wie zwei Finfluencer die Jugend und die Medienlandschaft polarisieren. Vorgeworfen werden ihnen rechtslibertäre Botschaften und Verschwörungstheorien.

In den Charts steht der Podcast "Hoss & Hopf" schon länger weit oben. Doch in den Massenmedien ist er erst seit Februar Thema.

Eine Zumutung? Warum es die Medien interessiert

Mit einem Schlag interessieren sich von ARD bis Zeit sehr viele Journalisten für den Zuspruch – allerdings mit wenig eigenem. Doch warum schauen und hören die Nachrichtenmedien nun hin?

Weil es sich um "hochgejazzten Schund von zwei Kryptoprolls" handelt, "mit Esoterikschwachsinn", "mit Bentley- und Rolex-Fantasien", wie Philipp Bovermann in der Süddeutschen Zeitung rezensiert.

Weil der Podcast "rechtslibertär" ist, wie der Spiegel meint?

Weil er laut WDR "Verschwörungen verbreitet". Weil hier mit "AfD-Parolen und Nazi-Sprech" Jugendliche radikalisiert werden (Watson), durch "rechtslibertäre Videoschnipsel fürs Jugendzimmer" (Stuttgarter Zeitung)?

Weil wir hier "Wutbürger mit Podcast" haben (Zeit)?

Mit all diesen Zuschreibungen sehen sich "Hoss & Hopf" - nochmal Bovermann (SZ) -, "wie in gewissen Kreisen bei negativer Berichterstattung üblich, als Opfer einer 'Kampagne'."

Was ist negative Berichterstattung?

Doch was ist "negative Berichterstattung", was - um einen geläufigeren Begriff zu nehmen - "schlechte Presse"? Liegen einfach Nachrichten vor, die für irgendwen unangenehm sind? Oder haben bloß Journalisten eine schlechte Meinung vom Gegenstand ihrer Berichterstattung, die sie dann verbreiten - häufig als scheinbare Tatsache?

Auch wenn nun fast alle Medien deklamieren, dieser ranglistenführende Podcast sei eine Zumutung für die freie Debatte: inhaltlich tragen sie sehr wenig vor. Wozu passt, dass zumeist nur über die Macher gesprochen wird, nicht mit ihnen.

Die Macher

Ende September 2022 startete der Podcast "Hoss & Hopf". Die Hosts sind Kiarash Hossainpour (24) und Philip Hopf (39). Hossainpour, kurz "Hoss", lebt nach eigenen Angaben in Dubai (Vereinigte Arabischen Emirate) und berichtet, seine ersten Millionen als 18-Jähriger gemacht zu haben.

Auf seinem Youtube-Kanal "HossCrypto" mit 255.000 Abonnenten teilt er laut Selbstbeschreibung die Ergebnisse seiner Finanzmarkt-Analysen - "primär im Krypto-Bereich" -, die er für seine privaten Investitionen heranzieht.

Philip Hopf (39) ist Co-Geschäftsführer der Hopf-Klinkmüller Capital Management GmbH & Co. KG (HKCM) in Stuttgart, deren YouTube-Kanal derzeit 429.000 Abonnenten ausweist. Er ist im Gegensatz zu Hossainpour erst auf Umwegen zum Finanzgeschäft gekommen. Über sein jugendliches Verhalten sagt er selbst: schwer erziehbar.

Erzieherisch unerwünschte politische Meinungen

Aufmerksamkeit der Journalisten-Kollegen weckte im Februar 2024 ein unter dem Pseudonym "Katharina Linau" verfasster Stern-Report aus der eigenen Familie.

Geschildert wird die Auseinandersetzung der Eltern mit ihrem 14-jährigen Sohn, der zu den Hörern oder Zuschauern des Podcast Hoss & Hopf gehört und dort mit erzieherisch unerwünschten politischen Meinungen behelligt wird.

Auf einer Autofahrt hört die Familie gemeinsam die Podcast-Episode 108: "Unterstützt Elon Musk die AfD?"

Nach einer Stunde haben wir uns den Mund fusselig geredet, vor- und zurückgespult, und steigen bei Minute 14 aus dem Podcast aus. Bis dahin dachten wir, unser Sohn sei sozial, sensibel und sattelfest erzogen. Vor allem kritisch und gewappnet gegen die dümmsten populistischen Aussagen.

Ist er nicht.

Stern, 11. Februar 2024

Der Sohn der Familie Linau ist ein "smarter Typ, beliebt" - und "würde die AfD wählen", wie der Text gleich zum Einstieg konstatiert.

In die Familien-Reportage sind neben den angeblich eigenen Erlebnissen auch ein paar Informationen der Hosts eingeflossen, die Stern-Redakteur Carsten Heidböhmer per Mail angefragt hatte.

"Hunderttausende hören ihn, darunter viele Jugendliche"

Allerdings fehlt in der Story ein entscheidender Punkt, was "Hoss & Hopf" in ihrer Folge "Wird unser Podcast bald zensiert?" am 17. Februar ausführlich thematisieren. Denn laut YouTube-Statistik sind nur 0,4 Prozent der Zuschauer unter 18 Jahre alt. Im Online-Text des Stern heißt es dazu nur:

Hunderttausende hören ihn, darunter viele Jugendliche.

Hossainpour und Hopf meinen, mit der Veröffentlichung dieser Angabe wäre der zentrale Vorwurf des Stern-Artikels, ihr Podcast impfe Kinder mit radikalem Gedankengut, nicht haltbar gewesen. Redakteur Heidböhmer begründet die Weglassung auf Anfrage hingegen so:

Uns hat interessiert, ob es detaillierte Zahlen zur Altersstruktur der Hoss&Hopf-Hörer gibt. Auf unsere Anfrage an die Podcast-Macher erhielten wir einen Screenshot ohne Angabe der Quelle und der Herkunft der Zahlen.

Wir haben uns deswegen entschieden, im Text keine Aussagen über die genaue Anzahl junger Hörer zu treffen. Unsere Formulierung im Text lautet: "Hunderttausende hören ihn, darunter viele Jugendliche.

Stern-Redakteur Carsten Heidböhmer

In der elf Tage später erschienenen Artikelfassung im gedruckten Stern (Nr. 9, auf dem Cover beworben) ist hingegen folgende Passage eingefügt:

Auf die Frage nach dem Alter ihrer Zielgruppe schicken die beiden ein Chart. Darauf zu sehen: 0,4 Prozent der Hörerschaft seien unter 18 Jahren. Es fehlt jeglicher Hinweis auf die Quelle dieser Aussage. Die beiden erreichen auf Tiktok, Spotify und Apple Podcasts doch vornehmlich junge Menschen wie meinen Sohn.

Stern

Lese- und Rechercheschwäche

Vier Tage nach der Erstveröffentlichung des Stern-Beitrags ging dann folgende Meldung durch die Medien:

TikTok will die Videos zum erfolgreichen Podcast "Hoss & Hopf" nicht mehr auf der bei Jugendlichen beliebten Videoplattform haben und hat das entsprechende Konto gesperrt.

Der Kanal sei "wegen gefährlicher Falschinformationen und gefährlicher Verschwörungstheorien von der Plattform entfernt" worden, bestätigte eine Sprecherin des Unternehmens am Donnerstag einen entsprechenden Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel".

Auf dem Kanal wurden Zusammenschnitte aus dem Podcast von Philip Hopf aus Stuttgart und Kiarash Hossainpour ausgespielt.

dpa-Meldung, via Süddeutsche.de

Die Meldung unter der Überschrift "Videoplattform TikTok sperrt Podcastkanal 'Hoss & Hopf'" sowie zahlreiche Variationen davon zusammen mit entsprechenden Kommentierungen offenbarten wieder einmal die im deutschen Journalismus verbreitete Lese- und Rechercheschwäche.

Denn: Hoss & Hopf haben gar keinen TikTok-Kanal, der sich sperren ließe. Stattdessen posten, auch durch einen mit Preisgeld ausstaffierten Wettbewerb motiviert, andere Accounts Schnipsel aus den Gesprächen.

Genaueres zu den "Falschinformationen und gefährlichen Verschwörungstheorien" wurde nicht berichtet und blieb der Leserfantasie anheimgestellt.

Die Falschinformation zum gesperrten Kanal

Tatsächlich hatten Hossainpour und Hopf in ihrem Podcast schon Falschinformationen revidiert. Allerdings lassen sich falsche Tatsachenbehauptungen in jedem Medium finden - siehe den dpa-Beleg. Würde dies jeweils zur dauerhaften Sperrung führen, wären die Social-Media-Netzwerke sehr leer.

Dass Wortwitz vor Akkuratesse geht, zeigte wieder einmal der Mediendienst turi2, der auf die Spiegel-Fassung so verwies:

Hops genommen: Der Video-Dienst TikTok sperrt den gesamten Kanal des rechten Podcasts "Hoss und Hopf" mit rund 166.000 Followern dauerhaft, meldet der "Spiegel".

turi2, 14. Februar 2024

Die Falschinformation zum gesperrten Kanal ist dabei keine Kleinigkeit, zeigt sie doch, dass sich niemand mit dem inkriminierten Angebot beschäftigt hat. Stattdessen genügten vielen Medien Versatzstücke aus der TikTok-PR für die Berichterstattung.