Kabinettsbeschluss: Bundeswehr soll in Afghanistan 20 Jahre voll machen
Mandat um zehn Monate bis Ende Januar 2022 verlängert
Um zehn Monate soll der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan vorerst verlängert werden - das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch die Verlängerung des aktuell noch bis Ende März laufenden Mandats bis zum 31. Januar 2022. Dann wäre die Bundeswehr bereits mehr als 20 Jahre am Krieg in dem Land am Hindukusch beteiligt. Zuständig ist sie für eines von fünf Nato-Gebieten im Norden des Landes, wo ihr offizieller Auftrag darin besteht, im Rahmen der Mission "Resolute Support" einheimische Sicherheitskräfte auszubilden und zu beraten.
Etwa 1.100 Bundeswehr-Soldaten sind aktuell vor Ort, weitere 200 könnten gemäß der zur Zeit geltenden Obergrenze hinzukommen. Bereits jetzt ist das deutsche Kontingent in Afghanistan das zweitgrößte nach dem der USA, die noch 2.500 Soldaten in dem Land stationiert haben.
"Nur noch mehr Tote"
Major a. D. Florian Pfaff von der kritischen Soldatenvereinigung Darmstädter Signal sieht darin keinerlei Sinn. "Was in fast 20 Jahren nicht gelungen ist, gelingt auch nicht in zehn Monaten. Es wird dort keine militärische Lösung geben, nur noch mehr Tote", sagte Pfaff am Mittwoch im Gespräch mit Telepolis. "Das weiß auch die weit überwiegende Mehrheit der deutschen Bevölkerung, wie sich in Umfragen immer wieder zeigte."
Bereits 2009 habe der vom damaligen Bundeswehr-Oberst Georg Klein befohlene Luftangriff bei Kunduz mit mehr als 100 Toten das Fass zum Überlaufen gebracht. Die zivilen Opfer des Angriffs hätten nur ihr Einkommen aufbessern wollen und eine Umweltverschmutzung verhindert, indem sie Treibstoff aus im Schlamm feststeckenden Tanklastern abgezapft hätten, so Pfaff. "Die offizielle Version lautete damals, dass die Fahrzeuge eine Gefahr dargestellt hätten, in Wahrheit ging es aber dem später zum General beförderten Oberst Klein darum, alle dort anwesenden Menschen zu töten, unter denen er hochrangige Taliban vermutete."
Nach diesem Massaker hätten sich auch Durchschnittsbürger der Region den Taliban zugewandt, so Pfaff. "Früher wäre die deutsche Kanzlerin dort mit Tee bewirtet worden, heute mit TNT." Die Zeiten, in denen Deutsche in Afghanistan nur mit "Brunnen bohren und Schulen bauen" in Verbindung gebracht werden konnten, seien lange vorbei.
Bundestag wird wohl erneut zustimmen
Im Rahmen der Nato-Mission "Resolute Support" soll die Bundeswehr nun laut offizieller Aufgabenbeschreibung einheimische Sicherheitskräfte ausbilden, beraten und unterstützen. Dass der Bundestag der Mandatsverlängerung zustimmt, gilt als sicher. Im März 2020 hatten 358 Abgeordnete für den Verbleib deutscher Soldaten in Afghanistan gestimmt- bei 160 Nein-Stimmen und 21 Enthaltungen.
Geschlossen dafür gestimmt hatte nur die CDU/CSU-Fraktion, in den Reihen der SPD taten dies 108 von 116 anwesenden Abgeordneten. Auch die FDP-Fraktion war seinerzeit mehrheitlich für die Verlängerung des Einsatzes, die Grünen mehrheitlich dagegen. Geschlossen dagegen gestimmt hatte außer der Fraktion Die Linke nur die der AfD.
Der Obmann der Linken im Verteidigungsausschuss, Alexander Neu, geht nicht von wesentlich veränderten Mehrheitsverhältnissen im Bundestag aus. Das gern genutzte Argument, ein sofortiger Truppenabzug aus Afghanistan würde zu Chaos führen, sei aber angesichts des bestehenden Chaos dort nicht tragfähig, so Neu.
Erstmals hatte der Bundestag im Dezember 2001 auf Antrag der "rot-grünen" Koalition unter Gerhard Schröder (SPD) über die deutsche Beteiligung an dem Nato-Krieg abgestimmt. Der damalige grüne Außenminister Joschka Fischer hatte zuvor auf einem Grünen-Parteitag die Delegierten der einstigen Friedens- und Ökopartei mehrheitlich davon überzeugen können.
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