Kalter Entzug
US-Sender setzen Donald Trump ab
"Wir sind wieder in der ungewöhnlichen Situation den Präsidenten nicht nur zu unterbrechen, sondern ihn auch zu korrigieren", erklärt Brian Williams, der Anchorman des Fernsehsenders MSNBC am Donnerstagabend. Im Hintergrund läuft eine Pressekonferenz von Donald Trump. Doch die Regie hat weggeschaltet. "Uns ist von keinen illegalen Wahlstimmen bekannt", so Williams. "Uns ist von keinem Trump-Wahlsieg bekannt."
Der noch amtierende Präsident hält gerade das, was er für eine Pressekonferenz hält. "Wenn man die legalen Stimmen zählt", sagt Trump, "gewinne ich locker." Doch wenn man die illegalen Stimmen zähle, behauptet er, könnten "sie" versucht sein, "uns" die Wahl zu stehlen. "Wenn man die Stimmen zählt, die zu spät kamen, wir werden uns das ganz genau anschauen." Donald Trump, der größte aller Verschwörungstheoretiker, will glauben machen, ihm werde gerade die Wahl gestohlen.
Auch der Wirtschaftssender CNBC unterbricht die Übertragung von Trumps Klagelied. "Wir unterbrechen dies", erläutert der Moderator Shepard Smith, "denn was der Präsident der Vereinigten Staaten sagt, ist zu großen Teilen absolut unwahr." Es gebe nicht das Fünkchen eines Beweises, so Smith, dass das wahr sei, was der Präsident sage. "Das sind nur Worte hier. Keine Wahrheit."
Die Meinungsforscher, behauptet Trump, hätten mit Absicht die Umfragen gefälscht, um Wähler zu unterdrücken. Es gebe keinerlei Belege dafür, dass dies zutreffe, so Smith. Es gebe eine "rote Welle", behauptet Trump. Das sei kategorisch falsch, so Smith. Es gebe Wahleinmischungen, behauptet Trump. Auch dafür gebe es keine Beweise, so Smith, und der Präsident habe auch keine geliefert. Wahlbeobachter seien nicht zugelassen worden, behauptet Trump. "Kategorisch falsch", erklärt Smith.
CBS News greift ebenfalls ein und unterbricht Trumps Schwall an "Fake News." Trump hat gerade behauptet, er habe im Bundesstaat Georgia mit großem Vorsprung gesiegt. Es gebe keine Hinweise auf eine signifikante Zahl von illegalen Stimmen, so die Kommentatorin des Senders. Stimmen, die nach dem Wahltag eingingen, seien unproblematisch, wenn sie bis zum Wahltag abgeschickt worden seien. Auch sei es nicht "amazing", dass die Briefwahlstimmen mehrheitlich an Biden gingen. Trump selbst hatte seine Anhänger aufgefordert, nicht per Brief zu wählen.
Donald Trump leidet unter Quotenschwund. Und die amerikanischen Medien, die wie Süchtige an den Lippen des Präsidenten hingen, machen den kalten Entzug und setzen ihn ab.