Kann der Yarkovsky-Effekt die Asteroiden neu gruppieren?
Revolutionäre Berechnungen durchgeführt
Der Asteroid 6489 Golevka wurde am 10. Mai 1991 am Mount Palomar von Eleanor Helin entdeckt. Der Name dieses Asteroiden erinnert an die multinationalen Radar-Beobachtungen im Juni 1995. Die 70-m Goldstone Antenne sendet die Funkimpulse aus und die Radarechos werden von der russischen 70-m Antenne in Evpatoria und der japanischen 30-m Antenne in Kashima empfangen. Daher der Name GOLdstone-EVpatoria-KAshima.
Am Beispiel des etwa 500-Meter großen Steinbrockens ist es im Mai dieses Jahres möglich geworden, den Yarkovsky-Effekt zu bestätigen. Denn der Asteroid hatte zuvor die Erde in erträglichen Abständen passiert, nämlich 1991, 1995 und 1999 und wird in unserer Generation nicht mehr so nah an die Laufbahn der Erde kommen. Steven R.Chesley vom Jet Proulsion Laboratory und Mitarbeiter von drei weiteren Stellen haben sich in Science dieser Aufgabe gewidmet und damit eine Vorstellung von David Vokrouhlicky unter modifizierten Doppler-Untersuchungen aus Puerto Rico und Kalifornien verwirklicht.
Im Grunde genommen geht es um ein Modell, in dem der Yarkovsky-Effekt durch eine Reihe von physikalischen Parametern beschrieben wird. Dazu zählen die Umdrehungsrate, die Oberflächenleitfähigkeit und die Oberflächendichte. Diese wiederum ist von der Intensität der Rückstoßkraft und der Raumdichte abhängig, wobei letztere ausschließlich von der Masse des Asteroiden bestimmt wird.
Für Asteroiden sind solche Betrachtungen die ersten ihrer Art. Sie werden weitere nach sich ziehen und haben damit den Weg eröffnet, die physikalischen Gegebenheiten jedes NEAs zu ermitteln. Wobei NEA als "Near Earth Asteroids" interpretiert werden, wenn die Asteroide näher als 195 Millionen Kilometer an die Sonne herankommen.
6489 Golevka kann sich der Erde bis auf das 13fache der Mondentfernung nähern und wird als potentiell gefährliches Objekt eingestuft. Darüber hinaus gehört er als Erdbahnkreuzer zur Familie der Apollo-Asteroiden. Viele kleine Asteroide sind Trümmerhaufen, die durch die Schwerkraft zusammengehalten werden, aber 6489 Golevka scheint ein abgesprengter, massiver Felsbrocken zu sein. Bis 2046 ist nun die letzte Chance, seine Umlaufbahn nahe der Erde zu beurteilen.
Der Yarkovsky-Effekt, vom russisch-polnischen Forscher I.O.Yarkovsky vor 100 Jahren erstmals beschrieben, hat die Wissenschaft beachtlich reicher gemacht. Im Grunde handelt es sich um eine Situation, die unserer Welt ähnlich ist: ein Tag-Nacht Rhythmus der Asteroide. Beispielsweise ist der Nachmittag eines Asteroiden wärmer als sein Vormittag, weil das Sonnenlicht länger auf ihn gefallen ist. Oder die Vormittagsseite dreht sich langsamer als die warme Nachmittagsseite. Die Folge ist eine asymmetrisches schwaches Raketentriebwerk. Damit entscheidet der Spin, die Bewegung des Asteroiden wie das Triebwerk arbeitet: auswärts, wenn der Spin von der Sonne wegführt, einwärts, d.h. langsamer, sobald die Bewegung zur Sonne hin führt.
Dass daraus völlig unterschiedliche Verläufe resultieren, zeigen beispielsweise die Arbeiten Asteroid families - long-term dynamical evolution due to chaotic diffusion and Yarkovsky effect. Sie demonstrieren eine ungeheure Vielfalt, nämlich tägliche und jahrezeitliche Abhängigkeiten. Dazu kommen Veränderungen zur großen Halbachse und zu YORP-Prozessen (The recent breakup of an asteroid in the main-belt region (Nature 417, 720-771 (13 Jun 2002)). Das heißt: Statt regelrechter Verläufe wird die Aktivität der Asteroide jedes Mal ein bisschen verändert.
Das wiederum erklärt, dass über die Jahre hinweg die Zirkulation der Körper plötzlich in eine Gravitationsebene gebracht wird. Dabei kommen die Asteroide in Resonanz und werden mitunter im inneren Solarsystem aufgenommen. Oder sie fallen öfter als bisher vermutet auf die Erde. Gleichwohl zeigen solche Verläufe, dass die Langzeitprognose von Asteroiden und die Langzeit-Vorhersage für gefährliche Kollisionen mit der Erde ins Leere laufen.
Beispielsweise haben Giorgini und seine Kollegen (Science 296: 132-136 (2002)) die bekannten Faktoren, wie den Druck der Sonnenstrahlung und die Gravitationswirkung in ihre Berechnung einbezogen. Wie nahe der Asteroid letztendlich der Erde kommen wird, ergibt sich allerdings aus den nicht genau bekannten physikalischen Daten: Größe, Form, Masse, Umdrehungsgeschwindigkeit und der Art und Weise, wie sie Licht und Wärme ins All reflektieren.
Wissenschaftliche Unterstützung dieser Beobachtungen lieferte Joseph Spitale von der University of Arizona in Tucson (Science 296: 77 (2002)). Dazu erarbeitet Josef Spitale ein aufwendiges Modell, mit dem sich die Bahn eines Himmelskörpers beschreiben lässt - unter Berücksichtigung des Yarkovsky-Effekts. In seinen Berechnungen hat der Forscher überprüft, inwieweit sich eine Änderungen dieser Eigenschaften auf die Bahn der drei Asteroiden 6489 Golevka (500 Meter Durchmesser), 1566 Icarus (ein Kilometer Durchmesser) und 1620 Geographos (2,5 Kilometer Durchmesser) auswirkt. Sein Ergebnis: Die Ablenkung ist über Jahrzehnte groß genug und funktioniert am besten bei den kleinen Körpern. Insofern sind die Ergebnisse von Steven R.Chesley eine wichtige Ergänzung. Machen Sie doch deutlich, dass durch den Yarkowsky-Effekt sehr viel mehr Auswirkungen auf die Asteroiden erfolgen können als bisher angenommen wurde.