Kapitolsturm: Trotz Rekordstrafe für Proud-Boys-Anführer, USA weiter in Extremisten-Krise
Seite 2: Proud Boys und Trump haben Gewalt normalisiert
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Andy Campbell, leitender Redakteur bei der HuffPost und Experte für Rechtsextremismus, argumentiert, dass die Proud Boys als Bande jedoch nach ihren eigenen Richtlinien beim Angriff gehandelt hätten. Dabei seien sie Trump, Tucker Carlson und den aufhetzenden Republikanern sicherlich gefolgt. Aber das sei kein "Unfall" gewesen, wie jetzt vor Gericht behauptet werde, sondern Programm.
So habe Enrique Tarrio schon vor dem 6. Januar in Kontakt mit Roger Stone gestanden, einem von Trumps Top-Vertrauten. Im Interview hätte Stone Campell gegenüber eingestanden, dass er die Proud Boys seit Jahren politisch berate und ihnen dabei helfe, sich zu einer politischen Maschine zu entwickeln. Diese Leute hatten, so Campell, einen direkten Draht zu Trump.
Ich will nicht behaupten, dass ich Beweise dafür habe, dass sie an jenem Tag mit Trump gesprochen oder ihn informiert haben – das wissen wir noch nicht. Aber sicherlich wusste Trump, dass da draußen eine Straßenbande und ein Haufen Randalierer darauf warteten, sich auf sein Wort hin zu mobilisieren. Kurz nachdem Trump eine Nachricht auf Twitter gepostet hatte, in der er seinen Anhängern mitteilte, dass es am 6. Januar in Washington zu wilden Protesten kommen würde, schrieb Joseph Biggs an Enrique Tarrio und ermutigte ihn, "radikale und echte Männer" zu finden, die diesem Aufruf zum Handeln folgen sollten.
Als Trump am 6. Januar gesagt wurde, dass bewaffnete Männer zu seiner Kundgebung kommen würden, war seine Antwort: "Zwingt die Leute nicht, durch Metalldetektoren zu gehen."
Der ehemalige US-Präsident Donald Trump muss sich nun ebenfalls im Zusammenhang mit dem Sturm seiner Anhänger auf das Kapitol und versuchter Einflussnahme auf das Ergebnis der US-Wahl 2020 vor Gericht verantworten. Heute wird dem Ex-Präsidenten in Atlanta im Bundesstaat Georgia zudem in einem weiteren Prozess die Anklage verlesen.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem versuchte Wahlmanipulation vor. Trump wird voraussichtlich nicht persönlich vor Gericht erscheinen. Er und seine 18 Mitangeklagten hatten sich bereits im Vorfeld für nicht schuldig erklärt.
In dem Verfahren geht es darum, dass Trump und seine Vertrauten versucht haben sollen, das Ergebnis der Präsidentschaftswahl 2020 in Georgia nachträglich zu manipulieren. Unter anderem soll Trump den Wahlleiter des Bundesstaates angerufen und ihn gebeten haben, so viele Stimmen zu finden, wie er für einen Sieg brauche.
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Gegen den Ex-Präsidenten der USA laufen inzwischen insgesamt vier Strafverfahren. Bei den republikanischen Wählern gilt er dennoch als beliebt: Laut einer aktuellen Umfrage des Fernsehsenders CNN bevorzugen mehr als die Hälfte der Parteianhänger Trump als Kandidaten für die Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr.
Doch selbst wenn die Anführer der Proud Boys im Gefängnis sitzen, organisiert die rechtsextreme Organisation weiter. Sie tyrannisieren Pro-Choice-Demonstrationen, positionieren sich vor Abtreibungskliniken, treten auf bei Schulratssitzungen und mobilisieren für die Republikaner wie Ron DeSantis, auch wenn sie im Moment nicht für Trump Werbung machen. Aber das kann sich im Verlauf des Wahlkampfs noch ändern.
Andy Campell sieht daher kein Ende der gesellschaftlichen Unruhen und der Gefahr eines Bürgerkriegs in den USA:
Selbst wenn sich die Proud Boys morgen auflösen oder ihren Namen ändern würden, was ich nicht erwarte, ändert das nichts an der Tatsache, dass wir uns in einer tief verwurzelten extremistischen Krise befinden, die hinaufreicht auf die höchsten Ebenen des rechten politischen Spektrums und des Regierungsapparats. Die Proud Boys haben, wie Richter Kelly richtig feststellt, die Tradition der friedlichen Machtübergabe zerstört. Sie haben die Gewalt so weit normalisiert, dass man sich vor Wahllokalen, Abtreibungskliniken und politischen Versammlungen in den USA fürchten muss, weil es diese extremistischen Gruppierungen gibt. Diesen Schaden haben die Proud Boys angerichtet und tun es weiter.