Hohe Energiepreise: EU-Staaten weiter uneins bei Strommarktreform

Reform des EU-Strommarktes ist vorerst gescheitert.

Die Reform des EU-Strommarktes ist vorerst gescheitert, auch weil man sich nicht über Subventionen für Kohlekraftwerke einigen konnte.

(Bild: 1195798, Pixabay)

Die Energieminister können sich in Luxemburg nicht einigen. Ein Streitpunkt sind Subventionen für Kohlekraftwerke. Warum die einen dafür und die anderen dagegen sind.

Die Menschen in der Europäischen Union sollen vor stark steigenden Strompreisen geschützt werden. Deshalb trafen sich am Montag die Energieminister der 27 EU-Staaten in Luxemburg und berieten eine Reform des europäischen Strommarktes. Einigen konnten sie sich allerdings nicht.

Hintergrund des Streits ist die Rolle, die Kohlekraftwerke in den kommenden Jahren spielen sollen. Schweden, das momentan die EU-Ratspräsidentschaft innehat, hatte einen Vorschlag eingebracht, mit dem Kohlekraftwerke weiterhin gefördert werden könnten.

Länder wie Österreich, Belgien, Deutschland und Luxemburg hatten den Vorschlag abgelehnt, berichtet Reuters. Begründet wurde das damit, dass die europäischen Klimaziele mit dieser Regelung untergraben würden.

Andere Länder wie Polen pochten auf diesen Vorschlag: Weil nicht mehr genug Erdgas aus Russland nach Europa komme, sei die Stromversorgung zusätzlich unter Druck geraten, hieß es. Für Polen würde die weitere Förderung der Kohlekraftwerke Sicherheit bedeuten, sagte die polnische Klimaministerin Anna Moskwa am Montag. Es würde aber auch bedeuten, dass Polen sein Förderprogramm für Kohlekraftwerke über das Jahr 2025 hinaus verlängern könnte.

Zukunft der Kohlekraftwerke als Reserve

Diskutiert wurden in Luxemburg über die sogenannten Kapazitätsmechanismen. Konkret bedeuten sie: Jedes EU-Land hält Kraftwerksreserven vor, um auf ein schwankendes Stromangebot reagieren zu können. Die EU-Kommission hatte vor Jahren Leitlinien veröffentlicht, die von den Mitgliedsstaaten bei der Gestaltung ihrer nationalen Mechanismen berücksichtigt werden sollten.

Der Ausstoß von Kohlendioxid spielt dabei eine entscheidende Rolle, denn besonders klimaschädliche Anlagen sollten nicht für die Reserven genutzt werden. So wurde ein Grenzwert von 550 Gramm Kohlendioxid pro Kilowattstunde für neue, teilnehmende Anlagen vorgeschlagen.

Schon damals war dieser Grenzwert in der Kritik. Umweltschützer monierten etwa, dass Kohlekraftwerke in Deutschland auf diesem Wege innerhalb eines Jahres mit 230 Millionen Euro subventioniert worden seien, damit sie ihre Kapazitäten vorhielten.

Der Deutsche Naturschutzring (DNR) etwa war damals überzeugt, dass der Grenzwert auf 350 Gramm je Kilowattstunde abgesenkt werden müsste, um auch moderne Kohlekraftwerke von den Subventionen auszuschließen. Doch auf Druck von Polen sei der Grenzwert aufgeweicht worden, sodass auch ältere Anlagen bis 2030 in den Genuss der staatlichen Gelder kommen könnten.

Am Montag wurde nun darüber diskutiert, ob man nicht vorübergehend ganz auf die CO₂-Grenzwerte verzichten wolle.

Deutscher Minister sieht Klimaziele der EU in Gefahr

Bereits am Freitag hatten die Botschafter der EU-Länder über den Vorschlag diskutiert, die CO₂-Grenzwerte vorübergehend auszusetzen. Wie Reuters berichtete, zeichnete sich dabei eine Mehrheit ab, die diesen Schritt unterstützen würde.

"Wir haben einen Block gebildet, der dies unterstützt, und heute ist dies eine Koalition, die uns eine Mehrheit verschafft", hatte Moskwa demnach gesagt, ohne die Länder zu nennen, die den Vorschlag unterstützen würden.

"Das ist ein Umweltskandal", hatte dagegen ein Diplomat eines anderen EU-Landes über den Vorschlag gesagt.

Als am Montag die Energieminister zusammentrafen, sagte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne): Der Vorschlag sei "nicht mit den Klimaschutzzielen der EU und der Mitgliedsstaaten vereinbar". Er fügte hinzu, dass zwar auch in Deutschland Kohlekraftwerke weiter betrieben würden, aber eine Erhöhung der Subventionen sei dennoch ein Schritt zu weit.

Vor dem Treffen hatte sich Habeck noch zuversichtlich gezeigt. Es gebe eine weitgehende Einigung, die er sehr begrüße, hatte er gesagt. Es würde über ein neues Vertragsmuster diskutiert. "Das klingt jetzt ein bisschen technisch, aber im Grunde sind das lösbare Fragen", so Habeck weiter.

Wie sich in Luxemburg zeigte, lag der Teufel allerdings im Detail bei bestimmten Verträgen. Es sei befürchtet worden, dass auch die französische Atombranche unverhältnismäßig bevorzugt werden könnte, erklärten EU-Diplomaten.

Ein weiterer Punkt der geplanten Reform ist eine Übergewinnsteuer. Die EU-Länder sollen bis Mitte 2024 entsprechende nationale Regelungen einführen können. Steigen die Strompreise unerwartet und bescheren den Energiekonzernen zusätzliche Einnahmen, soll ein Teil davon abgeschöpft werden können. Von Ländern wie Griechenland und Spanien wird dieser Vorstoß unterstützt, die Energiewirtschaft lehnt ihn dagegen ab.

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