Ken Jebsen droht Marieluise Beck mit Post vom Anwalt
Die Grünen-Abgeordnete hatte Jebsen als "finsteren, rechtsradikalen Gesellen" bezeichnet
Marieluise Beck, die Sprecherin für Osteuropapolitik der Grünen im Bundestag, weist immer wieder engagiert auf die angeblichen Desinformationskampagnen hin, die der Kreml derzeit in Europa durchführen lässt. In ihrer Kritik ist sie jetzt möglicherweise einen Schritt zu weit gegangen - der ehemalige RBB-Radiomoderator Ken Jebsen hat auf Facebook angekündigt, juristisch gegen sie vorzugehen.
Hintergrund ist offenbar ein Facebook-Posting von Marieluise Beck vom 30. Oktober . Darin schreibt die Politikerin: "Die Desinformationskampagne des Kreml bedient sich finsterer, rechtsradikaler Gesellen wie Ken Jebsen und Christoph Hörstel..." Jebsen antwortete daraufhin am 15. November in einer Art offenem Brief ebenfalls auf Facebook. Darin wirft Jebsen Beck vor, eine "extrem opportunistische Politik" zu vertreten, die nur dann verkauft werden könne, "wenn man auf eine durch die Bank einseitige Berichterstattung setzt". Zudem wirft Jebsen die Unterstellung in den Raum, Beck sei möglicherweise "auf Dritten Weltkrieg aus".
Die deutlichen Worte von Marieluise Beck zu Jebsens publizistischem Schaffen deutet der Macher von KenFM als Angriff auf die letzten Reste der noch verbliebenen freien Presse in Deutschland:
Diese unglaublichen Unterstellungen haben nur ein Ziel. Sie sollen die letzen Reste nicht embeddeter Presse vernichten. Dieser Wunsch wird nicht in Erfüllung gehen. Die Büchse der Pandora ist offen. Das Netz existiert.
Da Sie in Sachen digitale Medien aber wohl nicht das zu sein scheinen, was man firm nennt, werden Sie von uns klassisch Post bekommen. Bedrucktes Papier.
Der Briefkopf trägt natürlich das Logo einer namhaften Rechtsanwaltskanzlei, die uns in den letzten drei Jahren nie enttäuscht hat. Wir sind es gewohnt, zu gewinnen, Frau Beck.
Ken Jebsen
Tatsächlich könnte es für Marieluise Beck schwer werden, mit ihrer Beschreibung Jebsens als "rechtsradikalem Gesellen" auch vor Gericht Bestand zu haben. Jebsens Äußerungen sind oft populistisch-vereinfachend und teils demokratiefeindlich. So erklärte Jebsen auf einer so genannten Montagsmahnwache für den Frieden, die von Lars Mährholz organisiert wurde:
Demokratie löst nicht alle Probleme. Das denkt man, dass Demokratie alle Probleme lösen kann. Es gibt auch andere Möglichkeiten. Und da orientiere ich mich auch an der Natur. Stellt euch mal vor, Zugvögel würden die Reise nach Afrika demokratisch organisieren. Die kämen nur bis Sylt! Die kämen nur bis Sylt! Und dann wäre es vorbei, dann würde sie der Winter auf Sylt einholen. Die Vögel fliegen nach Afrika, ohne lang rumzudiskutieren, und sie fliegen auch wieder zurück. Und sie halten sich an ein Gesetz, an ein natürliches Gesetz, das heißt auch das ist möglich. Und ich erkenne das Zugvögel recht friedlich leben seit vielen tausend Jahren, ohne Demokratie! Ja wie machen denn die Vögel das? […] Orientiere Dich an der Natur, und versuche nicht, die Natur zu verbessern.
Ken Jebsen
Zudem scheut sich Jebsen nicht, auch abstruseste Verschwörungstheoretiker wie den ehemaligen FAZ-Journalisten Udo Ulfkotte, der hinter den Veröffentlichungen in den westlichen Medien das Wirken von Geheimdiensten wittert, ohne kritischen Kommentar weitere Öffentlichkeit zu verschaffen. Zu Ulfkottes Spezialgebieten gehören "islamkritische" Beiträge, in denen ihm keine Behauptung zu plump ist, um rechte Ressentiments gegen Ausländer zu schüren. So schrieb er darüber, dass Muslime angeblich einen Dschihad mit ihren Fäkalien gegen den Westen führen würden, in dem sie Nahrungsmittel mit ihrem Kot verunreinigten. Dies gehe aus Anleitungen islamistischer Terrorgruppen hervor.
Jebsen sucht zudem immer wieder die Nähe zu Veranstaltungen wie den so genannten Montagsmahnwachen, die Lars Mährholz Anfang dieses Jahres ins Leben rief und auf denen die FED und die Rothschilds für alle Kriege der letzten hundert Jahre verantwortlich gemacht wurden. Jebsen ist sich nicht zu schade, die gefährlich verkürzte Kapitalismuskritik der Montagsmahnwachen gegen den seiner Meinung nach "nahezu vollständig gleichgeschalteten Medienapparat" zu verteidigen.
Jebsen feiert Max Blumenthal und David Sheen, die Gregor Gysi im Bundestag bis auf die Toilette verfolgt haben, als Friedensaktivisten. Und hier schließt sich der Kreis zu Putins Propaganda: Auch der neue gestartete Kreml-Kanal Russia Today Deutsch feiert in seiner Sendung "Der fehlende Part" den "Jäger". RT-Reporter Nicolaj Gericke twittert: "Konfrontiert man so manchen Politiker mit unbequemheit, so flüchten sie dorthin wo sie hingehören. In die Toilette."
Auch in anderen Fragen ist KenFM auf Kreml-Linie. So twittert Jebsens "Alternativmedium" siegesgewiss: "#MH17 Absturz aufgeklärt! Es war eine Mig 29." Das russische Staatsfernsehen hatte zuvor ein Satellitenbild gezeigt, auf dem angeblich der Moment des Abschusses zu sehen sein soll. Bereits nach wenigen Stunden wurde das Bild als Fälschung dargestellt (Gibt es jetzt ein Foto vom Abschuss der MH-17?). Jebsen, der nicht müde wird, der seiner Meinung nach durch die NATO gesteuerten Mainstreampresse echte oder vermeintliche Lügen vorzuwerfen, ficht dies nicht an. Er rudert ein Stück zurück, lässt einen Autor der Webseite "Anderwelt" einen Gastbeitrag auf seiner Facebook-Seite veröffentlichen, in dem dieser behauptet, es sei nun "unzweifelhaft, dass uns unsere Medien und unsere Politiker seit mehr als drei Monaten vorsätzlich belügen".
Der gerichtsfeste Beweis, dass Jebsen zugleich ein "finsterer, rechtsradikaler Geselle" ist, dürfte sich indes kaum führen lassen. Und das, obwohl Jebsen vor kurzem eine Zusammenarbeit mit Deutschlands wohl bekanntestem Reichsbürger, Xavier Naidoo, angedeutet hat. Naidoo sprach sich am 3. Oktober auf der "Staatenlos"-Bühne des Ex-NPDlers Rüdiger Klasen dafür aus, "miteinander Ordnung" zu schaffen in diesem Land. Klasen schiebt auf seiner Webseite den Juden über die Figur "Tothschilds" die eigene Vernichtung in die Schuhe. Tothschild gilt in antisemitischen Kreisen als Synonym für Baron Rothschild, der als Sinnbild des raffenden Juden gilt. Dass derartige Auftritte ihn in Jebsens Welt zum Friedenskämpfer qualifizieren, lässt tief blicken - eine aus juristischer Sicht deutliche rechtsradikale Gesinnung wird daraus jedoch nur schwer ablesbar sein.