Kerry und Bush gegen die Veröffentlichung des CIA-Berichts
Der Senatsbericht über Foltermethoden und Geheimgefängnisse könnte den Kampf gegen den IS und das Leben von US-Staatsbürgern wie auch Verbündeter gefährden sowie Patrioten herabwürdigen
Seit vielen Monaten sollte der Bericht über die foltergleichen Verhörtechniken des CIA, deren Gefängnisse außerhalb der CIA, das sogenannte Detention-Programm, veröffentlicht werden. Diese Woche steht ein neuer Veröffentlichungstermin an. Doch wie es aussieht, wurde die Vorsitzende des Sentatsauschusses für Geheimdienste, die Demokratin Dianne Feinstein noch einmal eingeschüchtert. Nicht einmal die Zusammenfassung soll laut Intervention des Außenministers John Kerry an die Öffentlichkeit. Grund: Die Regierung warnt davor, dass eine Publikation der Berichtsergebnisse den Kampf gegen den IS unterminieren könnte, die Sicherheit von Geiseln und generell von amerikanischen Staatsbürgern. Kerry drängt auf einen erneuten Aufschub der Veröffentlichung.
Die CIA unternahm eine ganze Menge, um die Arbeit der von Feinstein eingesetzten Kommission am Bericht zu stören oder zu sabotieren (siehe CIA versus Überwachung). Der Kommssion ging es darum, anhand von CIA-Dokumenten und anderem Material herauszuarbeiten, ob in der Folge der Anschläge vom 11.9.2001 Verdächtige mit verbotenen Verhörtechniken zu Geständnissen gezwungen wurden. Daraus entstand ein über 6.000 Seiten dicker Bericht, der Vergehen gegen rechtsstaatliche Vorgaben und Menschenrechte dokumentiert.
Soweit bekannt - einige Senatoren hatten Einblick in das Papier - erläutert der Bericht Einzelheiten zur Verbringung von Verdächtigen bzw. Festgenommenen in andere Länder, um amerikanischen Gesetzen auszuweichen. Zudem erhärtet er den Vorwurf, dass sich CIA-Mitarbeiter nicht an Regeln der "erweiterten erlaubten Verhörtechniken" hielten, sondern jenseits der darin festgelegten Grenzen Techniken wie Waterboarding u.a. anwandten und die Gefangenen brutalen Umständen aussetzten. Darüberhinaus wirft er CIA-Agenten vor, dass sie ihre Vorgesetzten oder Regierungsmitarbeiter belogen hätten, indem sie verharmlosende Aussagen über ihre Verhörtechniken oder die Behandlung der Gefangenen gemacht haben.
Das ist im Grunde seit vielen Jahren schon kein Geheimnis mehr. Allerdings dürfte der Bericht durch seine belegten Einzelheiten im Gesamtbild ein erschreckendes Dokument der amerikanischen Folterpraktiken im letzten Jahrzehnt darstellen, was dann noch einmal eine ganz eigene Wirkung entfaltet.
So ist es auch kein Wunder, dass der frühere Präsident George W. Bush, der diese Gesetzesüberschreitungen mitzuverantworten hat, und Mitglieder seiner Regierung lauten Protest gegen die Veröffentlichung eingelegt haben, unterlegt mit dem Bilderbuchblick - oder Realitätsverzerrung - heroischen Patriotismus':
Wir können uns glücklich schätzen, solche Männer und Frauen zu haben, die für uns für die CIA arbeiten. Das sind Patrioten und was auch immer der Bericht aussagt, wenn er ihren Beitrag für unser Land herabwürdigt, dann geht das nicht.
George W. Bush
"Es geht hier nicht darum, Folter zu verteidigen", äußert sich der Ex-CIA-Chef Hayden, "wir verteidigen Geschichte". Angesichts solcher Positionen wäre eine neuerlicher Anschub der Folter-Debatten in den USA nötig. Der Bericht könnte dies leisten, das ist wohl auch die Hoffung von Feinstein, die sich im Fall der NSA-Überwachung nicht gerade als scharfer Widerpart hervortat, sondern im Gegenteil deren Programm unterstützt. Auch bei der Veröffentlichung des CIA-Berichts ist sie große Konzessionen eingegangen.
Es geht derzeit gar nicht mehr darum, den ganzen Bericht zu veröffenlichen, sondern nur die weitaus kürzere Zusammenfassung, zudem wurden Stellen im Bericht geschwärzt. So fällt schon das Argument der Veröffentlichungsgegner weg, dass durch den Bericht CIA-Mitarbeiter und in das Folterprogramm verstrickte Länder genannt werden. Selbst dem Argument, wonach Extremisten aus anderen Angaben des Berichts Schlüsse ziehen könnten, wonach dieses oder jenes osteuropäische Land eine Rolle im CIA-Programm hatte, kommt angesichts dessen, dass die Länder längst in vielen Zeitungsberichten genannt wurden, kein echtes Gewicht zu.
Außenminister Kerry intervenierte bei Feinstein eben genau aus diesem Grund, Verbündete machten sich Sorgen, dass die Veröffentlichung zu neuen Gewalttaten anstifte. Die Behauptung, die Veröffentlichung des Berichts würde Leben von amerikanischen Staatsbürgern und Bürgern verbündeter Staaten gefährden, ist allerdings angesichts der ohnehin ausgesprochenen Drohungen ("Tötet sie, bespuckt sie, verachtet sie") sehr dünn und wenig überzeugend. Dennoch, so beklagt das US-Blog "Emptywheel", übernehmen eine ganze Reihe von Journalisten und Medien diesen Refrain.
Doch gibt es auch kritische Stimmen wie Daniel Drezner, der an einem fiktiven Dialog mit satirischem Spott vorführt, dass manchem potentiellen Feind der USA nach den Afghanistan-und Irakkriegen, nach Libyen und dem Proxykrieg in Syrien, nach Drohnenangriffen im Jemen und in Pakistan, nach den Gaza-Kriegen, nach der Unterstützung für die Militärregierung in Ägypten, nach Abu Ghraib, Bagram und Guantanamo vielleicht der entscheidende Anstoß zum bewaffneten Kampf noch fehlt. Das wäre dann der Senatsbericht?..