Kindersklaven in Griechenland
Skrupellose Menschenhändler verschleppen Kinder aus Albanien nach Griechenland. Die als "Ampelkinder" bekannten minderjährigen Sklaven schuften den ganzen Tag als Bettler, Blumenverkäufer oder Autoputzer für ihre Herren.
Vor allem die etwas älteren Mädchen werden auch in die Prostitution gezwungen. Bis spät in die Nacht verkaufen sie Blumen, Taschentücher oder Feuerzeuge an die Gäste in den Tavernen. Sie bitten dich um das Wechselgeld, das der Fahrkartenautomat in der Metro ausspuckt. Sie stehen an den Kreuzungen und wienern die Scheinwerfer deines Autos. Um auch die Frontscheibe zu putzen, sind sie zu klein.
Seit mehr als 15 Jahren gibt es Straßenkinder in Griechenland und doch weiß niemand genau, wie viele es sind. Es gibt keine Stelle, die Informationen über die auf der Straße aufgegriffenen Kinder sammelt und beispielsweise anhand von Fotografien vergleicht, wie viele von ihnen nach einer Ausweisung unter anderem Namen erneut ins Land gebracht werden. Eines aber weiß man inzwischen genau: es ist vor allem die albanische Mafia, die Kinder aus Albanien raubt oder von verzweifelten Eltern "kauft" und nach Griechenland bringt. Dort müssen die Kleinen dann für ihre neuen Herren arbeiten. Der natürlich an den "Besitzer" abzutretende "Tagesverdienst" eines bettelnden Kindes beträgt bis zu 150 Euro, aus minderjährigen Mädchen, die in die Prostitution gezwungen werden oder Kindern, die als Drogenkuriere missbraucht werden, läst sich noch mehr herausholen (New Economy: Kinderhandel).
Die Politik des griechischen Staates beschränkte sich bisher weitgehend darauf, aufgegriffene Kinder und Jugendliche in ihr Herkunftsland abzuschieben. Damit landeten die Abgeschobenen meist wieder in Heimen oder den Familien, aus denen heraus sie schon einmal verkauft wurden. Für die Mafia ein leichtes Spiel, sich die Kinder erneut zu verschaffen. Erst im Jahre 2000 erließ die griechische Regierung ein Gesetz, das zumindest die Abschiebung von Kindern unter 12 Jahren verbot, solange nicht sichergestellt ist, dass die Kinder in guten Händen landen. Wer älter als 12 Jahre ist, genießt keinen Schutz vor dem Teufelskreis aus Sklaverei, Abschiebung und erneuter Sklaverei.
Hoffnung für die Kinder bietet vor allem die Arbeit eines Netzwerkes von Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO). So kümmert sich die Stiftung "Das Lächeln des Kindes" seit Mitte der 90er Jahre um eine Betreuung der Straßenkinder. Die Stiftung ist Mitglied im Europäischen Verband "European Federation for Missing and Sexually Exploited Children". Ihr geistiger Gründungsvater ist ein 10jähriger Junge. Nach dem Tode des krebskranken Andreas Giannopoulos beschloss sein Vater Kostas Giannopoulos, den im Tagebuch seines Sohnes beschriebenen Traum des todkranken Kindes Wirklichkeit werden zu lassen:
Wir alle kennen und reden über manche Kinder von der Straße, denen das Lächeln fehlt. Ihnen fehlt das Lächeln, weil sie kein Geld haben, weil sie keine Spielzeuge und kein Essen haben und weil manche von ihnen sogar keine Eltern haben. Denkt nach, hört auf zu reden, last uns zusammenkommen und den Armen geben, was immer wir geben können: kleine Albanerkinder, weiße und schwarze, alle sind Kinder und ihnen ist ein Lächeln wert. Diese Stiftung soll "Das Lächeln des Kindes" heißen. Kommt alle zusammen und last uns helfen, wir können es schaffen.
Mittlerweile hat die Stiftung 135 Mitarbeiter und betreut mehr als 150 Kinder in 7 Häusern in ganz Griechenland. Dabei ist es dem Präsidenten Kostas Giannopoulos wichtig, eine Betreuung im Sinne der Kinder zu leisten. Die kostenlose Notrufnummer 1056 von "Das Lächeln des Kindes" ist unter den Straßenkindern bekannt. Die Mitarbeiter in der Telefonzentrale und die Streetworker der Stiftung sprechen die Sprache der Kinder und bemühen sich, mit ihnen gemeinsam Lösungen zu finden. Niemand wird gegen seinen Willen von der Straße geholt. Dass die Stiftung in den letzten Jahren dennoch mehr als 250 Kinder aus Platzmangel abweisen musste, schmerzt Kostas Giannopoulos besonders.
Durch den unermüdlichen Einsatz von Organisationen wie "Das Lächeln des Kindes" haben sich die Verhältnisse für die Straßenkinder in Griechenland langsam aber stetig verbessert. Sogar die Polizei ruft jetzt schon mal die 1056 an und vertraut die Kinder den Sozialarbeitern der Stiftung an, anstatt die Kleinen wie früher üblich zu verhaften.
In den Blick der Öffentlichkeit geriet das Thema in jüngster Zeit leider durch eine an Skrupellosigkeit nicht mehr zu überbietende Entwicklung. Obwohl bislang gerichtlich verwertbare Beweise fehlen, mehren sich die Verdachtsmomente bis zur Gewissheit, dass ein Teil der geraubten und gekauften Kindern getötet und ihre Organe verkauft werden (Der Handel mit menschlichen Ersatzteilen). Recherchen der griechischen Tageszeitung "Eleftherotypia" zufolge existieren in mindestens zwei Städten Albanien, Fier und Durrës (Dyrrhachion) private Kliniken, in denen Kinder getötet und ihre Organe verkauft werden. So soll in Durrës regelmäßig ein nicht der Klinik angehörender Arzt operiert haben, der dafür aus dem Ausland eingeflogen und am Flughafen der albanischen Hauptstadt von bekannten Persönlichkeiten aus dem Kreis der albanischen Herrschenden in Empfang genommen wurde. Eine diesbezüglich von der Europäischen Union unter Leitung von Chris Paten geführte Untersuchung im letzten Jahr hat jedoch keine Ergebnisse gebracht.
Auf höchster politischer Ebene wird nun an einer Lösung gearbeitet. Am 15. Juni traf sich der Staatssekretär im griechischen Außenministerium Euripidis Stylianidis mit dem Albanischen Wirtschaftsminister Angjeli Anastas. Mitte Juli wird in der albanischen Hauptstadt Tirana ein Kongress unter Beteiligung staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen stattfinden. Ziel des Kongresses ist die Entwicklung von Methoden und Maßnahmen zur Bekämpfung des Raubes, der Ausbeutung, des Missbrauches und der Misshandlung Minderjähriger, besser bekannt als Teil des "Human Trafficking".