Klage gegen Open-Access-Satzung der Universität Konstanz

Forscher der Universität sind verpflichtet, das Recht auf Zweitveröffentlichung für eine Open-Access-Publikation zu nutzen

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Bereits seit 2014 ermuntert das Land Baden-Württemberg Hochschulen dazu, ihre Wissenschaftler zu Open Access zu verpflichten: In §44 (6) des Landeshochschulgesetzes (LHG) heißt es dazu:

Die Hochschulen sollen die Angehörigen ihres wissenschaftlichen Personals durch Satzung verpflichten, das Recht auf nichtkommerzielle Zweitveröffentlichung nach einer Frist von einem Jahr nach Erstveröffentlichung für wissenschaftliche Beiträge wahrzunehmen, die im Rahmen der Dienstaufgaben entstanden und in einer periodisch mindestens zweimal jährlich erscheinenden Sammlung erschienen sind.

LHG

Die Universität Konstanz gilt als Aktivposten in Sachen Open Access und nutzte die gesetzliche Steilvorlage im Dezember 2015 zum Erlass einer "Satzung zur Ausübung des wissenschaftlichen Zweitveröffentlichungsrechts". Darin werden Forscher der Universität tatsächlich verpflichtet, das Recht auf Zweitveröffentlichung bereits erschienener wissenschaftlicher Werke zu nutzen und Dokumente auf dem Open-Access-Server der Universität parallel zu publizieren. Die Autoren sollen dazu den Spielraum des §38 (4) des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) wahrnehmen:

Der Urheber eines wissenschaftlichen Beitrags, der im Rahmen einer mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln geförderten Forschungstätigkeit entstanden und in einer periodisch mindestens zweimal jährlich erscheinenden Sammlung erschienen ist, hat auch dann, wenn er dem Verleger oder Herausgeber ein ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt hat, das Recht, den Beitrag nach Ablauf von zwölf Monaten seit der Erstveröffentlichung in der akzeptierten Manuskriptversion öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies keinem gewerblichen Zweck dient. (…) Eine zum Nachteil des Urhebers abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

UrhG

Gegen die erwähnte Satzung der Universität Konstanz ging nun eine Normenkontrollklage beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim ein. Siebzehn Angehörige der Hochschule gingen diesen Schritt, da sie in der Pflicht zur Nutzung des Rechts auf Zweitveröffentlichung einen Verstoß gegen das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) erkennen.

Die Aufforderung des LHG, Wissenschaftler zu Open Access zu verpflichten, wird mitunter als juristisch schwer haltbar angesehen, die Deutsche Universitätszeitung duz zitierte im Herbst dieses Jahres den Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Dr. Christian Birnbaum, mit einer kritischen Einschätzung: "Wissenschaftliche Publikationen lassen sich nicht einfach als Dienstwerke sehen, über welche die Hochschule bestimmen kann."

Es dürfte spannend sein, die nationale Rechtsprechung zur Statthaftigkeit des baden-württembergischen LHG zu verfolgen, da die Europäische Union Open Access sehr ambitioniert angeht, allerdings ohne bislang rechtliche Rahmenbedingungen zur Umsetzung ihrer Vorgaben zu haben. Laut eines Beschlusses des Rats für Wettbewerbsfähigkeit (des Competitiveness Council) der EU müssen alle wissenschaftlichen Publikationen zu Ergebnissen öffentlich finanzierter Forschungsarbeiten ab 2020 im Open Access vorliegen.

Die Universität Konstanz sieht die Klärung dieser Rechtsfragen derweil entspannt, die Homepage der Einrichtung zitiert Prof. Dr. Ulrich Rüdiger, den Rektor der Universität Konstanz, mit den Worten: "Wir begrüßen sehr, dass dieser Sachverhalt juristisch geklärt wird. Die rechtliche Prüfung wird eine entscheidende Weichenstellung für den Bereich Open Access in der Wissenschaft insgesamt sowie für das Landeshochschulgesetz Baden-Württemberg darstellen."