Klimaschutz und Klimagerechtigkeit

Unterschiedliche Lebensrealitäten müssen beim Klimaschutz in jedem Sektor berücksichtigt werden. Foto: Reijo Telaranta auf Pixabay (Public Domain)

Allein im Gebäudesektor ist die Herausforderung, Klimaneutralität zu erreichen, gigantisch. Nichtstun wird allerdings teurer. Und energetische Sanierungen sind auch ein Jobmotor

Die Bundesregierung will Klimaneutralität bis 2045 erreichen, die EU erst 2050. Und das ist noch umstritten. Unstrittig ist: Um klimaneutral zu werden, müssen Millionen Häuser, Schulen, Fabriken, Büros, Supermärkte und Lagerhäuser ökologischer werden.

Klimawissenschaftler des Wuppertal-Instituts und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung sowie die Fridays-for-Future-Bewegung, aber auch Städte wie Konstanz oder Wuppertal sind sich darin einig, dass wir bis 2035 klimaneutral sein müssen, wenn Deutschland seinen fairen Beitrag zum 1.5-Grad-Ziel von Paris leisten will. Die Klima-Union – eine Vereinigung von rund 1.000 CDU/CSU-Mitgliedern – will Klimaneutralität sogar schon 2030.

In Gebäuden der höchste Energieverbrauch

Für 40 Prozent des Energieverbrauchs in der EU sind unsere Gebäude verantwortlich. Deshalb will die Energie-Kommissarin der EU, Kadri Simson, eine energetische Gebäudesanierung und weitere Maßnahmen, die so aussehen sollen:

• 85 Prozent der heutigen Gebäude stehen voraussichtlich auch noch im Jahr 2050, bis die EU klimaneutral sein muss.

• 15 Prozent des Gebäudebestands mit der schlechtesten Klimabilanz müssen bis 2030 komplett saniert und gut gedämmt werden.

• Ab 2030 müssen alle Neubauten klimaneutral errichtet werden.

• Neue Öl- und Gaspipelines sollen von der EU nicht mehr finanziell gefördert werden.

• Die EU will stattdessen grünen Wasserstoff fördern, der hauptsächlich beim Schiffs- und Luftverkehr eingesetzt werden soll.

• Öl-, Gas- und Kohleunternehmen sollen ihre Methan-Emissionen künftig stark reduzieren.

• Die Land- und Forstwirtschaft sollen dabei unterstützt werden, mehr CO2 in Pflanzen und im Boden zu speichern.

Bis 2050 sollen also alle Gebäude in der EU klimaneutral sein. Wie in Deutschland werden zur Zeit auch in der gesamten EU aber lediglich ein Prozent der Gebäude jedes Jahr energetisch saniert. Diese Zahl soll verdoppelt werden. Denn mit dem bisherigen Schneckentempo lassen sich die Klimaziele nicht erreichen.

Klimagerechtigkeit im Bereich Wohnen

In den klimaschädlichsten Gebäuden wohnen oft die Ärmsten. Sie können die hohen Sanierungskosten am wenigsten bezahlen. Hier wird bis zu zehnmal mehr Energie verbraucht als in den effizientesten Häusern. Der Sanierungszwang für alte Häuser ist teuer. Je älter, desto teurer. Wer aber soll das bezahlen?

Durch die steigenden CO2-Steuern nimmt der Staat künftig durch besseren Klimaschutz viel Geld ein. Mit diesem Geld kann für einkommensschwache Haushalte die Gebäudesanierung subventioniert beziehungsweise die Modernisierungsumlage übernommen werden.

Die Reichen und je nach Definition auch die Mittelschicht müssen und können die energetische Sanierung ihrer Häuser und Wohnungen selbst finanzieren. Sie sparen ja auch Heizkosten und viel Geld durch den Umstieg auf erneuerbare Energien.

Allein in Deutschland wird die energetische Sanierung aller Gebäude unterm Strich bis zu eine Billion Euro kosten – etwa die Hälfte dieses Betrags ist bereits seit 2010 geflossen. Nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) müssten noch einmal rund 500 Milliarden investiert werden. Ein gigantisches Konjunkturprogramm und viele Jobs. Klimaschutz kostet. Aber kein Klimaschutz kostet noch viel mehr: die Zukunft. Das wichtigste Ziel der neuen Bundesregierung ist Klimagerechtigkeit.

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