Klimawandel: Warum die Kältewelle nicht das Gegenteil beweist
Der späte Frost bringt Schäden im Obstanbau. Denn er folgte auf ungewöhnlich warme Tage mit früher Blüte. Warum Risiken für die Landwirtschaft steigen.
Es war in den letzten Tagen vielerorts zu kalt in Deutschland und in etwas höheren Lagen blieb auch Neuschnee nicht aus. Der Deutsche Wetterdienst verzeichnete sogar (vorläufige) Rekordtiefstwerte für das letzte April-Drittel.
Eisiger Aprilschock: Schneefälle trotz Klimawandel?
"So wurden an der sächsischen Wetterstation Deutschneudorf-Brüderwiese minus 8,4 Grad Celsius gemessen, im thüringischen Langenwetzendorf-Göttendorf fiel das Thermometer immerhin auf minus 4,8 Grad, und zwar nicht mehr frostig, aber immer noch rekordverdächtig kalt war es in Mönchengladbach-Hilderath bei null Grad.
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Die derzeitige winterliche Witterungsepisode besitze "mit Blick auf die nahe Vergangenheit durchaus Seltenheitswert", wie der Meteorologe Lars Kirchhübel am 21. April für den DWD erklärte. Wenn man einen kurzen Blick in die Zeitreihen des Wetterdienstes blickt, ist auch klar, warum: Seit Beginn der 2000er Jahre war der April bis auf wenige Jahre wärmer als im langjährigen Mittel.
Polare Luftströmungen treffen auf Deutschland
Ursache für die aktuelle Kältewelle ist polare Kaltluft aus nördlichen Breiten, die mit einer nördlichen bis nordöstlichen Strömung nach Deutschland fließen konnte. Die polare Kaltluft erwärme sich zwar über dem europäischen Nordmeer und der Nordsee etwas, so der DWD, aber dennoch reiche sie für Neuschnee in höheren Lagen und leichten Luftfrost.
Der Meteorologe Jörg Kachelmann hob auf der Plattform X hervor, dass es momentan sogar noch kälter wäre, wenn die Nordsee nicht um fast zwei Grad zu warm wäre, was dann auch auf einer Karte auf seinem Wetterkanal anschaulich dargestellt ist.
Globale Erwärmung und lokale Kälteeinbrüche
Damit liegt die Nordsee im allgemeinen Trend, denn seit über einem Jahr übertreffen die Temperaturen an den Meeresoberflächen durchweg mit Abstand die Vorjahreswerte. Laut Daten des Tools Climate Reanalyzer der University of Maine lag der bisherige Rekord bei 21,2 Grad Celsius im globalen Durchschnitt am 29. Februar sowie am 20. und 21. April 2024.
Die eisigen Nächte in Deutschland so spät im April müssen wohl als ein Wetterereignis betrachtet werden, das zwar möglich, aber einigermaßen selten ist. Über Rekordkälte in der zweiten Monatshälfte des Aprils berichtete Kachelmannwetter etwa im Jahr 2017.
Damals war es vor allem im Westen Deutschlands besonders kalt, in Düsseldorf wurden am 20. April 2017 minus 4,1 Grad gemessen. Ähnlich kalt war es im Westen im April 1997, damals fiel das Thermometer in Düsseldorf auf minus 4,0 Grad. An diesem Tag hatte es dem Wetterkanal zufolge an fast allen deutschen Wetterstationen Frost gegeben.
In der Referenzperiode von 1961 bis 1990 lag das Temperaturmittel für den gesamten Monat April bei 7,4 Grad – und auch im Jahr 2017 wurde dieses nicht unterschritten. In jüngster Vergangenheit lag nur der April 2021 mit durchschnittlich sechs Grad unter dem Wert der Referenzperiode.
Klarer Erwärmungstrend zwischen Sommerwetter und Frost
Der kälteste April seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen in Deutschland fiel in das Jahr 1917 mit durchschnittlich 4,3 Grad, der bislang wärmste in das Jahr 2018 mit 12,3 Grad. Anhand der Zeitreihe des DWD lässt sich ablesen, dass unterdurchschnittliche Temperaturen im April immer seltener werden, der Monat also im allgemeinen Erwärmungstrend liegt.
Je nachdem, was die letzten Apriltage dieses Jahres noch bringen, wird die diesjährige Monatsbilanz vermutlich einigermaßen durchschnittlich bis leicht überdurchschnittlich ausfallen.
"Noch am Morgen des 15. April, also zur Halbzeit des Monats, lag die Mitteltemperatur landesweit vier bis fast sieben Grad über dem vieljährigen Mittel und damit erneut auf Rekordkurs", so Meteorologe Kirchhübel. Am 21. April hätten die Werte dann nur noch um 2 bis 4 Grad über dem vieljährigen Mittel gelegen.
Dass der starke Kälteeinbruch nun auf rekordverdächtige Wärme für die Jahreszeit folgt, ist für die Vegetation und die Landwirtschaft besonders fatal. Gerade im Obstanbau könnten die Frostnächte zu Verlusten geführt haben.
Späte Frostnächte und ihre Auswirkungen auf die Landwirtschaft
Denn vielerorts standen die Apfelbäume in voller Blüte und Weinreben hatten angesichts der milden Temperaturen bereits ausgetrieben. Die Obstbaumblüte hatte laut DWD in Deutschland in diesem Jahr rund 14 Tage früher als im Mittel der letzten 30 Jahre begonnen.
Da aber späte Kälteeinbrüche wie in diesem Jahr unter den Bedingungen des Klimawandels grundsätzlich möglich bleiben, erhöht die immer frühere Vegetationsentwicklung das Risiko von Verlusten in der Landwirtschaft.
April insgesamt kein Rekordmonat
Der April wird sich nun nicht in die Reihe der wärmsten Monate seit Messbeginn in Deutschland einreihen. Auf den bislang wärmsten Februar war ein bislang wärmster März gefolgt. Global gesehen war der März 2024 sogar schon der zehnte wärmste Monat in Folge, wie der Klimawandeldienst Copernicus am 9. April bekannt gegeben hatte.
Der März 2024 war um 1,68 Grad wärmer als ein durchschnittlicher März in vorindustrieller Zeit. Mit dem Märzrekord war auch die Schwelle von 1,5 Grad globaler Erwärmung für 12 Monate in Folge überschritten. Im Schnitt war es in diesem Zeitraum nach Angaben von Copernicus um 1,58 Grad wärmer als zu vorindustrieller Zeit.
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