König ohne Volk
Fußball 2020: Monatsmillionäre unter sich - Der weltweite Konkurrenzkampf um das Produktionsmittel "Profispieler" ist trotz Corona in vollem Gange, alles dreht sich ums Geld
Sonntagabend erschallt kurzzeitig ein Triumphgeschrei, aber es kommt nur aus einem einzigen Haus unterhalb unseres Grundstücks. Ein paar Böller krachen, in der Abendschwüle zuckende Lichtblitze. Ein Gewitter? Nicht doch. Eher armselige Restbestände vom Silvesterfeuerwerk.
Was war geschehen? Nach 59 Minuten das ersehnte Tor für die Bayern. "Super-Bayern, Super-Bayern" tönt es im Lissabonner Stadion da Luz, im Stadion des Lichts, das für die Münchner zum "Stadion der Erleuchtung" wird, meint zumindest die Süddeutsche.
War das alles an Erleuchtung?
Fußball ist längst zum gigantischen Geschäft geworden - und trotz Corona geblieben. Das Spitzenpersonal kann von den ambitionierten Groß-Vereinen fast jeden Preis verlangen. Das Produktionsmittel nennt sich im Volksmund harmlos "Profispieler", und die sind zugleich Großverdiener. Die französische Sportzeitung "L'Équipe" hat unlängst auf ihrer Internetseite die Gehälter der Megastars öffentlich gemacht. Nicht nur Fans dürften mit den Ohren schlackern.
Die Verlierer von Sonntagabend, Paris Saint-Germain, dürften sich leicht über die Niederlage hinweg trösten können. Denn die PSG-Stars sind finanziell ganz oben mit dabei, sie verdienen im Schnitt 820.000 Euro brutto pro Monat (9,84 Mio. Euro pro Saison). Acht der PSG-Profis knacken die Million, wohlgemerkt monatlich. Neymars monatliches Salär beläuft sich auf satte 3,06 Millionen Euro. Seit ihren Verlängerungen gehören auch Marco Verratti und Marquinhos mit jeweils 1,2 Mio. Euro zu den glücklichen Monatsmillionären.
Im PSG-Kader gibt es damit zwölf Profis, die mehr verdienen als ihr Trainer. Thomas Tuchel kassiert 625.000 Euro monatlich - und ist damit immerhin der (mit Abstand) bestbezahlte Coach der Ligue 1.
Der Club der Monatsmillionäre
Die fettesten Spieler-Monats-Bruttogehälter in Europa sehen nach nicht 100-Prozent-gesicherter Quellenlage offenbar so (oder zumindest so ähnlich) aus:
1. Lionel Messi: 8,3 Millionen Euro
2. Cristiano Ronaldo: 4,5 (4,7) Millionen Euro
3. Antoine Griezmann: 3,3 Millionen Euro
4. Neymar: 3,06 Millionen Euro
5. Luis Suárez: 2,9 Millionen Euro
6. Gareth Bale: 2,5 Millionen Euro
7. Coutinho: 2,5 Millionen Euro
8. Alexis Sánchez: 2,28 Millionen Euro
9. Kylian Mbappé: 1,73 Millionen Euro
10. Mesut Özil: 1,6 Millionen Euro
Intransparenz gehört zum System
Bleiben wir mal in Deutschland mit seiner Bundesliga. Die milliardenhohen Umsätze der Bundesligisten, ca. 4 Mrd. Euro in der 1. Bundesliga und 0,8 Mrd. in der 2. Bundesliga (Geschäftsjahr 2018/19) sind coronabedingt zwar geschrumpft, Einnahmen aus der TV-Vermarktung und aus dem Spielbetrieb sogar komplett weggebrochen. Die Erträge aus Werbung, Sponsoring und Merchandising liefen - mit Einschränkungen - weiter.
74.680.909 Euro haben die Bayern allein in der Champions League Saison 2019/2020 eingefahren, heißt es. So richtig blickt niemand durch, was reinkommt und was rausgeht an Kohle. Nur eins ist sicher: Im Profi-Fußball fließen weiter Wahnsinns-Gelder. Die Intransparenz als Teil des Systems.
Bundesliga: Die Top 5
Zurück zur Bundesliga. Nach einem Gehaltsreport des Focus von 2019 rangiert als bestbezahlter Profi der Bundesliga Robert Lewandowski vorneweg. Er kassiert demnach beim FC Bayern monatlich ein Bruttogehalt von 1,33 Millionen Euro (jüngere Quellen: 1,66 Mio.) Dem Focus-Report zufolge folgten seine Teamkollegen Thomas Müller, Manuel Neuer und Jérôme Boateng mit jeweils 1,25 Millionen Euro Monatsgehalt. Marco Reus (Borussia Dortmund) komplettierte 2019 die Top 5 demnach mit 1,15 Millionen Euro monatlich.
Freude am Fußball oder Frust am Alltag?
Ob nun hinterm Komma ein oder zwei Ziffern mehr oder weniger folgen, man fragt sich, wofür der redlich schaffende Deutsche seine Rest-Raketenbestände krachen lässt. Ist es die Freude am Fußball? Frust am Alltag? Oder Ahnungslosigkeit über die kranken Fußball-Gehälter, die ein Spiegel der spätkapitalistischen Strukturen sind, die mit Sport nur noch den Namen gemein haben.
Vom "Sommermärchen" jedenfalls - Gottseidank - 2020 trotz Sommerhitze keine Spur. Das temporäre Gegröle aus der Nachbarschaft: Eher ein Abgesang auf König Fußball. Corona macht deutlich, wie aufgeblasen das ganze Getue in Wahrheit ist.