Kohleausstieg hinausschieben?

Seite 2: Überraschte Politiker

Sonst wäre noch zu berichten, dass der Europäische Gerichtshof die Energiecharta kassiert hat. Damit können keine Schiedsverfahren mehr hinter verschlossenen Türen durchgeführt werden, mit denen Energiekonzerne in der Vergangenheit gerne Staaten überzogen haben, deren Umweltpolitik ihnen nicht gefiel.

Oder dass auch US-Politiker keine Wetterberichte lesen oder Katastrophenwarnungen ernstnehmen und sich dann von schweren Hochwassern überraschen lassen. Wir hatten von den historischen Niederschlägen in New York City und den angrenzenden Regionen berichtet: New York unter Wasser.

Nun haben nach Informationen der britischen Zeitung Guardian der Bürgermeister von New York City Bill de Blassio und die Gouverneurin des Bundesstaates New York, Kathy Hochul, erklärt, dass das Unwetter für sie überraschend gekommen sei. Dabei hatte das Hurrikan-Zentrum des US-Wetterdienstes schon Tage zuvor die Zugbahn der Reste des Hurrikan "Ida" zutreffend berechnet und im Internet kommuniziert.

Zu berichten wäre auch noch, dass sich die Klima-Jungendbewegung auf ihren globalen Aktionstag am 24. September vorbereitet. In Deutschland sind bisher an 143 Orten Aktionen angekündigt.

Außerdem, dass am gestrigen Dienstag das Bündnis "Wir haben es satt!" vor dem Bundestag in Berlin gegen sogenannten Megaställe demonstrierten. 240.000 Schweine seien in der ausgehenden Legislaturperiode bei Bränden in deutschen Großstellen verendet. Trotz gravierender Brand- und Tierschutz-Bedenken seien derzeit 2,5 Millionen zusätzliche Tierplätze in großen Mastanlagen geplant.

Die industrielle Tierhaltung ist fatal für die Tiere, das Klima und uns Menschen. Die Erdüberhitzung können wir nur mindern, wenn wir weniger Tiere besser halten und den Fleischkonsum massiv reduzieren. Wir fordern jetzt eine mutige Politik, die pflanzliche und fleischlose Alternativen auf die Teller bringt und den Umbau der Tierhaltung anpackt.

Saskia Richartz, Sprecherin des "Wir haben es satt!"-Bündnisses

Des Weiteren wäre noch zu berichten, dass Vattenfall nördlich von Rügen seinen Offshore-Windpark Kriegers Flak in Betrieb genommen hat. Das Besondere an ihm: Er ist mit rund 600 Megawatt Dänemarks größter Offshore-Windpark und durch eine Verbindung zu einem benachbarten Windpark sowohl ans dänische Netz als auch an das deutsche angeschlossen.

Letzteres erhöht die Flexibilität auch für die beiden deutschen Windparks Baltic 1 und Baltic 2. Deren Seekabel, an dem nun auch der dänische Windpark hängt, speist in der Nähe von Rostock ins Netz ein.

Wundergläubige Kandidaten

Schließlich wäre noch darauf hinzuweisen, dass von der öffentlichen Debatte kaum wahrgenommen, die Suche nach einem Endlager für den hochradioaktiven Müll der deutschen Atomkraftwerke weitergeht. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) hatte dazu im vergangenen Jahr einen Bericht vorgelegt, der auf einer soeben abgeschlossenen "Fachkonferenz Teilgebiete" erörtert werden sollte.

Während das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung mit dem Ergebnis hochzufrieden ist kommt Kritik von der Antiatom-Organisation .ausgestrahlt. Die Veranstaltung sei ihrem Anspruch nicht gerecht geworden, da "es schlicht an einer vernünftigen Diskussionsgrundlage" gemangelt habe, meint .ausgestrahlt-Sprecher Jochen Stay. Das habe an der Oberflächlichkeit des BGE-Berichts gelegen.

Und dann gibt es da tatsächlich einen Kanzlerkandidaten, der meint, man werde Stahl künftig ohne Kohle und Eisenerz herstellen können. Das ist immerhin halb richtig. Es ist tatsächlich möglich Roheisen aus Erz zu gewinnen, ohne dabei Koks einzusetzen.

Die Lösung heißt Wasserstoff, und eine erste Pilotanlage wurde vor etwa einem Jahr im nordschwedischen Luleå/Luleju eröffnet.

Der Prozess im Hochofen wird damit tatsächlich klimaneutral, aber es bleibt natürlich der Energieaufwand für Abbau und Transport, der bisher meist von Dieselmotoren geliefert wird. Und außerdem natürlich die mit dem Abbau verbundenen vielfältigen Umwelt- und Menschenrechtsprobleme.