Kohlendioxid im Meeresgrund

Umweltorganisationen wie WWF haben Vorbehalte gegen die CCS-Technologie, ohne sie pauschal zu verteufeln. Grafik: Wilfried Cordes / CC-BY-SA-2.0-DE

CCS-Technologie: Das Abscheiden und die unterirdische Speicherung von CO2 sind umstritten. Kritiker sehen darin eher einen Bremsklotz für die Energiewende

Erdgas soll als Rohstoff des "Übergangs" noch für mehrere Jahre eine entscheidende Rolle im deutschen Energiemix spielen. Die Stahlbranche setzt darauf, um klimafreundlichen Stahl zu erzeugen; aber auch als Rohstoff zur Herstellung von Wasserstoff spielt es in Zukunft eine entscheidende Rolle.

Im Windschatten der Pläne zur Erdgasnutzung tauchte die umstrittene CCS-Technologie wieder auf - und heute gilt sie als fester Bestandteil des Klimaschutzes; zumindest für die Zeit bis zur vollständigen Umstellung auf Erneuerbare Energien. "CCS" steht für "Carbon Capture and Storage", mit dieser Technologie soll Kohlendioxid in Kraftwerken oder in der Industrie abgeschieden und unterirdisch gespeichert werden. Inzwischen gibt es auch Pläne, das abgeschiedene Kohlendioxid unter anderem als Grundstoff der chemischen Industrie zu verwenden.

Nie ganz abgeschrieben

Die CCS-Technologie ist umstritten, Umweltverbände hatten vor Jahren gegen ihre Anwendung mobilisiert. In einigen Bundesländern Deutschlands wurde sie verboten. Befürchtet wurde, dass es durch Leckagen austreten und so zu einer tödlichen Gefahr für Menschen werden könne. Oder dass dadurch Grundwasser verunreinigt werden könne.

Von der Industrie wurde die CCS-Technologie – trotz aller Bedenken in der Bevölkerung – aber nie ganz abgeschrieben. Auch von Umweltverbänden wird sie heute nicht pauschal abgelehnt. Die Umweltorganisation WWF nimmt eine differenziert-kritische Haltung ein und unterstützt CCS beispielsweise "bei anderweitig nicht vermeidbaren Prozessemissionen aus der Industrie". Auch im Weltklimarat oder unter deutschen Klimaforschern gibt es immer noch CCS-Befürworter. Der Grünen-Politiker Hans-Josef Fell beklagte im Juni, dass auch der Leiter des Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Ottmar Edenhofer, bis heute die Anwendung der CCS-Technologie fordere.

Die Bundesregierung treibe die Technologie noch voran, kritisierte Fell, wenn auch nicht auf deutschem Boden:

Schlimm ist, dass die Bundesministerien für Wirtschaft sowie Umwelt wohl noch versuchen werden, die Erlaubnis zum CO2-Export in die Länder, die die marine Verpressung durchführen, noch vor dem Regierungswechsel und unter dem Radar der Wahrnehmung (Corona, Wahlkampf, Urlaub, etc.) auf den Weg zu bringen.

Hans-Josef Fell

Fell meint Länder wie Norwegen, die Niederlande, Belgien und Großbritannien, die alles daran setzen, Kohlendioxid im Meeresboden zu speichern. Alte, leergepumpte Öl- und Gas-Lagerstätten sollen zum CO2-Endlager umfunktioniert werden. Über bestehende Gasleitungen soll nicht Erdgas nach Deutschland transportiert werden, sonders andersherum: Kohlendioxid aus Deutschland soll in diese Länder exportiert werden. Was da vorbereitet wird, ist nicht uneigennützig und habe nur bedingt etwas mit Klimaschutz zu tun, monierte Fell.

Stattdessen werde der Wandel des Energiesystems nur aufgehalten. "Auch Jahrzehnte, nachdem sie erschlossen und fast leergepumpt wurden, bergen die meisten Lagerstätten noch immer riesige Erdölvorkommen, nur sind sie meist schwer zu erreichen." Pumpe man Kohlendioxid hinein, werde das Öl nach oben getrieben, was die Förderung von Erdöl erleichtere. Mit jeder halben Tonne Kohlendioxid könne im Schnitt ein weiteres Fass Öl aus der Erde herausgepresst werden.

Die CCS-Technologie wird voraussichtlich auch bei der umstrittenen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 eine Rolle spielen. In den Medien wurde bislang viel darüber spekuliert, ob der russische Konzern Gazprom auch Wasserstoff durch die neuen Röhren nach Deutschland liefern könnte. Im Dezember hatte dagegen Alexander Ishkov von Gazprom beim deutsch-russischen Rohstoff-Forum andere Pläne vorgestellt. Demnach will der Konzern weiterhin Erdgas durch die Röhren schicken, das dann in der Nähe der deutschen Anlandungsstellen zu Wasserstoff verarbeitet werden soll. Je nachdem welches Verfahren zur Anwendung kommt, entsteht Kohlendioxid, das über eine Röhre wieder nach Russland transportiert wird, wo es gespeichert werden soll.