Kommissar Rex an der Mauer erschossen?
Seite 3: Can the Subaltern Speak?
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Die Folgerung aus unserer satirischen Intervention kann nicht sein, einfach nur mehr "peer review" und Gutachten einzuführen. Nicht die Form, sondern die Inhalte der aktuellen Geisteswissenschaften sind das Problem: Sie scheuen den Konflikt, Selbstzensur und Selbstmarginalisierung sind die Norm.
Die Attraktivität der Human Animal Studies für die heutigen Geisteswissenschaften liegt in ihrer Scheinradikalität, die sich perfekt in den akademischen Betrieb einfügt: Tierrechte sind die vollendete Form einer Stellvertretungspolitik ohne die Stimmen Betroffener. Ihre Quintessenz liegt in der gebetsmühlenartig vorgetragenen und dennoch uneinlösbaren Forderung, endlich "die Perspektive des Tiers einzunehmen".8
Also fühlt man sich weiterhin munter ein in das bunte Leben der Tiere - auch Sie sind eingeladen zu der internationalen Fachtagung "Animal Biographies" im kommenden März, bei der es einiges zu erleben gibt: "Examples range from the sad fate of captivated rhinoceros Clara on her tour of Europe and biographical accounts of the Alaskan and Scottish dogs Balto and Greyfriars Bobby to free-roaming animals such as South African hippopotamus Huberta."9
Wer sich im Zwiegespräch mit Rhinozeros Carla und Nilpferd Huberta fühlt wie Armin in der "Sendung mit der Maus", der sei an die indische Literaturwissenschaftlerin Gayatri Chakravorty Spivak erinnert. "Can the Subaltern Speak?", fragte Spivak ihre Leser_innen 1985 in einem Aufsatz, in dem sie die Sprachlosigkeit indischer Landfrauen zwischen heimischem Patriarchat und kolonialer Repression beschrieb. Sie stellte den Analphabetismus dieser Frauen der Vielstimmigkeit einer akademischen Intelligenz gegenüber, die über ihre eigene Bedeutungslosigkeit jammerte.10
Anstatt an dieses Beispiel für das gesellschaftskritische Potential dekonstruktivistischer Ansätze anzuknüpfen und politische Optionen zur Überwindung der gesellschaftlich hergestellten Sprachlosigkeit aufzuzeigen , entdeckten die Human Animal Studies das Tier als das ultimativ Subalterne. Denn die Sprachlosigkeit der Tiere bietet die ideale Rechtfertigung, ihren akademischen Diskurs im luftleeren Raum ungehindert fortzuführen.
Can the Subaltern Speak? Eine Antwort gab der bekannte Loriot-Sketch "Bello, der sprechende Hund" schon 1977. Nach kurzer Debatte, ob das Tier sich auch politisch äußern dürfe, stellt der Fernsehreporter schlicht fest: "Der Hund kann gar nicht sprechen".11