Kompromiss beim Familiennachzug
Ab August sollen monatlich 1000 Angehörige der Kernfamilie nachziehen können. Die ersten fünf Monate soll es möglich sein, dass nicht ausgeschöpfte Kontingente von einem Monat auf den folgenden übertragen werden
Die Union und die SPD haben sich am Mittwoch auf Regelungen zum Familiennachzug von subsidiär geschützten Personen geeinigt, wie gestern Abend berichtet wurde. Nächste Woche soll der Gesetzesentwurf im Kabinett beraten werden.
Da sich das Thema Familiennachzug zu einem hochempfindlichen Streitthema entwickelt hat, ist es nicht völlig ausgeschlossen, dass der Entwurf und besonders der ihn begleitende Kompromiss auf dem Weg zur nächsten Etappe noch einmal ins Schwanken kommen. Das neue Gesetz sieht vor, dass der Familiennachzug, nachdem er seit März 2016 ausgesetzt war, ab 1. August für eine begrenzte Zahl von Angehörigen der Kernfamilie, nämlich 1000 pro Monat, wieder ermöglicht wird.
Die Streitigkeiten über diese Begrenzung sind zwar grundsätzlich ausgeräumt, Probleme aber gab es offensichtlich bei Forderung der SPD, dass "ein nicht ausgeschöpftes Kontingent von einem Monat auf den folgenden übertragen werden kann". Wie aus den Berichten zum "Kompromiss beim Familiennachzug" hervorgeht, wurde bei dem Kompromiss ziemlich gefeilt.
Die Union hatte die Übertragung nicht ausgeschöpfter Kontingente zuvor "strikt abgelehnt".
Der Kompromiss lautet nun, dass die ersten fünf Monate übertragen werden darf. Der neue Innenminister Seehofer muss sehr darauf bedacht sein, dass "Obergrenzen", mit denen er Wahlkampf machte, eingehalten und Kontingente nicht umgegangen werden. Er ist noch immer CSU-Chef, im Herbst stehen Landtagswahlen an und wie sie es in der CSU-Spitze wahrscheinlich schon befürchtet haben, hat die Partei laut einer aktuellen Umfrage in Bayern keine Mehrheit mehr und die AfD liegt mit der SPD gleichauf.
Auf der anderen Seite warnte der SPD-Politiker Boris Pistorius die Union vor einem Unterlaufen der Regelungen durch administrative Unzulänglichkeiten oder Kniffe. Auch nach den fünf Monaten werde die SPD auf eine Übertragbarkeit dringen, "wenn die Verfahren nicht rund liefen".
Laut dem Gesetzesentwurf der Regierung zum Familiennachzug entspricht die Begrenzung auf "1.000 nachziehende Angehörige der Kernfamilie im Monat (…) der Personenzahl, zu deren Übernahme sich die Bundesregierung im Rahmen eines gemeinsamen Vorgehens der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bis März 2018 gegenüber Italien und Griechenland im Rahmen von Relocation-Programmen verpflichtet hatte".
Nachziehen dürfen nur Ehepartner, minderjährige Kinder und Eltern von Minderjährigen. Sie müssen humanitäre Gründe geltend machen können, die die betreffenden deutschen Behörden, Auslandsvertretungen und Ausländerbehörden, davon überzeugen, dass sie zu den Ausgewählten gehören. Auch die Integrationsfähigkeit ist ein Faktor bei der Auswahlentscheidung.
"Dem Auswärtigen Amt liegen derzeit bereits rd. 26.000 Anträge auf Terminvereinbarungen zur Beantragung eines Visums auf Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten vor", heißt es in dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung.
Die Entscheidung darüber, welche Flüchtlinge zuerst ihre Angehörigen zu sich holen dürfen, soll Deutschland beim Bundesverwaltungsamt liegen, berichtet die Tagesschau. Die Visa erteile aber nach wie vor das Auswärtige Amt. Ausgenommen von der Kontingent-Begrenzung sind die Härtefälle.
Neben dem auf 1.000 Personen im Monat begrenzten Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten bleibt weiter die Möglichkeit bestehen, dass bei Vorliegen insbesondere dringender humanitärer Gründe Familienangehörigen von subsidiär Schutzberechtigten in Einzelfällen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 22 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wird oder Familienangehörige im Rahmen von Aufnahmeprogrammen des Bundes oder der Länder nach § 23 des Aufenthaltsgesetzes berücksichtigt werden.
Gesetzesentwurf der Bundesregierung zu Familiennachzug
Ausgeschlossen von den Regelungen zum Familiennachzug werden folgende "Fallgruppen":
Eheliche Lebensgemeinschaften, die erst nach der Flucht aus dem Herkunftsland begründet wurden, berechtigen in der Regel nicht zum Familiennachzug. Gleiches gilt, wenn die Ausreise des subsidiär Schutzberechtigten kurzfristig zu erwarten ist oder es sich um Personen handelt, die schwerwiegende Straftaten begangen haben oder bei denen es sich um sogenannte Gefährder handelt. Weiterhin soll mit dem Gesetzentwurf der Anreiz, dass Minderjährige von ihren Eltern unter Gefährdung des Kindeswohls auf die gefährliche Reise in die Bundesrepublik Deutschland vorgeschickt werden, weiter reduziert werden.
Gesetzesentwurf der Bundesregierung zu Familiennachzug
Es gibt Ausnahmen bei den Gefährdern, die für Kritik oder Diskussionen sorgen können. In begründeten Einzelfällen können laut dem neuen § 27 des Gesetzes Ausnahmen zugelassen werden, "wenn sich derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfinden soll, gegenüber den zuständigen Behörden offenbart und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand nimmt. Das Bundesministerium des Innern oder die von ihm bestimmte Stelle kann in begründeten Einzelfällen vor der Einreise des Ausländers für den Grenzübertritt und einen anschließenden Aufenthalt von bis zu sechs Monaten Ausnahmen zulassen".
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