Russland setzt neue Super-Gleitwaffe gegen Ukraine ein

Russland setzt neue Bomben ein, die Eigenschaften von Raketen und Bomben vereinen.

Symbolbild

(Bild: Melnikov Dmitriy / Shutterstock.com )

Moskau bombardiert Ukraine mit neuer Hybridwaffe. Die "Grom-E1" verbindet Vorteile von Rakete und Gleitbombe. Das könnte die Kriegführung verändern.

Eine massive Angriffswelle erschüttert die Ukraine: Allein innerhalb einer Woche schlugen 800 Gleitbomben ein, begleitet von 600 iranischen Shahed-Langstreckendrohnen. Diese alarmierenden Zahlen gab der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Sonntag bekannt. Besonders dramatisch: An einem einzigen Tag musste sich die ukrainische Luftabwehr gegen 145 anfliegende Shahed-Drohnen wehren – ein noch nie dagewesener Rekord.

Russland dominiert den Himmel über der Front und über der gesamten Ukraine, und das bei minimalen eigenen Verlusten. Denn die Shahed-Drohnen sind unbemannt und die Gleitbomben können aus relativ sicherer Entfernung von Kampfflugzeugen abgeworfen werden.

Neue Hybridwaffe bedroht Ukraine

Für die Ukraine droht sich die Lage weiter zu verschärfen: Die russische Luftwaffe setzt offenbar eine neue Hybridwaffe ein – die "Grom-E1". Diese Kombination aus Bombe und Rakete stellt selbst für die modernen Patriot-Flugabwehrsysteme eine besondere Herausforderung dar. Die Bekämpfung russischer Trägerflugzeuge wird dadurch erheblich erschwert.

Denn wie die für die ukrainische Armee so verheerenden Gleitbomben wird auch die neue Waffe von Kampfflugzeugen aus abgeworfen. Man könnte auch von einer Gleitrakete sprechen, denn die Grom-E1 ist eine Variante der KH-38, einer Luft-Boden-Kurzstreckenrakete, die hier als Basis für die Grom-E1 dient.

Die Grom-E1 soll eine Reichweite von 120 Kilometern haben. Damit kann die Gleitrakete weit hinter den feindlichen Linien abgefeuert werden, was das Risiko für das Trägerflugzeug, von der ukrainischen Flugabwehr bekämpft zu werden, deutlich verringert.

Verbesserungen der russischen Gleitbomben

Die russischen Streitkräfte haben erst vor wenigen Wochen ihre Gleitbomben der FAB-Serie deutlich verbessert. Durch eine Vergrößerung der Flügelspannweite und eine Überarbeitung der Avionik des UMPK-Gleitrüstsatzes ist es den Ingenieuren gelungen, die Reichweite dieser kostengünstigen Präzisionswaffen deutlich zu erhöhen.

Statt bisher 60 Kilometer schaffen die unmotorisierten Gleitbomben nach Angaben der russischen Pravda nun 85 Kilometer. Die neue Grom-E1 übertrifft diese Reichweite mit 120 Kilometern noch deutlich.

Zum Vergleich: Die von Frankreich gelieferte Gleitbombe vom Typ "Hammer" hat nur eine Reichweite von 64 Kilometern.

Die Grom gibt es in zwei Varianten, der E1 und der E2. Beide Varianten haben gemeinsam, dass sie statt der Querruder der KH-38-Kurzstreckenrakete richtige Tragflächen haben.

Die E1-Variante ist mit einem Raketenantrieb ausgestattet, während die E2 eine reine Gleitbombe ist, die auch nur eine Reichweite von etwa 50 Kilometern hat.

Die Flügel verleihen beiden Varianten nicht nur eine größere Reichweite, sie sind auch voll manövrierfähig und können ein Ziel aus jedem Winkel und jeder Richtung angreifen, sogar eine 180-Grad-Drehung, um es von hinten zu treffen.

Der ursprüngliche Feststoffantrieb der KH-38 wird bei der Grom-E1 beibehalten, während er bei der E2-Variante durch eine zusätzliche Sprengladung ersetzt wird. Dadurch erreicht die E2 eine Gesamt-Sprengmasse von 480 Kilogramm, während die motorisierte E1 auf 315 Kilogramm kommt.

Im Vergleich zu den billigen Gleitbomben der FAB-Serie mit UMPK-Rüstsatz erreicht die unmotorisierte Grom-E2-Gleitbombe nur die oben genannten 50 Kilometer statt der 85 Kilometer der neuesten UMPK-Versionen, auch der Sprengkopf kann bei den FAB-Bomben deutlich größer ausfallen.

Doch die neue Präzisionswaffe hat gegenüber den billigen Massenbomben zwei entscheidende Vorteile. Zum einen passt sie maßgeschneidert in den internen Bombenschacht des neuesten russischen Kampfflugzeugs SU-57, das dadurch einen geringeren Radarquerschnitt erreicht.

Gründe für den Einsatz der Grom-E1

Zum anderen kann die Grom in beiden Varianten mit einer Reihe verschiedener Gefechts- und Suchköpfe des modularen Flugkörpers KH-38 bestückt werden, eine Option, die die FAB-Serie aufgrund ihrer technischen Einfachheit nicht bietet.

Vor allem die motorisierte Variante Grom-E1 könnte aber in Zukunft verstärkt zum Einsatz kommen, eine erhöhte Einsatzhäufigkeit deutet bereits auf den Beginn der Serienfertigung hin.

Der Grund: Die ukrainische Luftwaffe erhält immer mehr F-16-Kampfflugzeuge, die mit ihren AMRAAM-Raketen (Advanced Medium Range Air to Air Missile) die russischen Kampfflugzeuge bei den für die russischen Bodentruppen so wichtigen Gleitbombeneinsätzen gefährden. Die amerikanische Luft-Luft-Rakete hat eine Reichweite von bis zu 160 Kilometern, wobei nicht bekannt ist, welche Variante der Rakete an die Ukraine geliefert wird.

Mit der neuen Grom-E1 können russische Kampfflugzeuge einen größeren Abstand zu den ukrainischen F-16 einhalten, die ihrerseits einen großen Abstand zur russischen Flugabwehr einhalten müssen. Sollten also die ukrainischen F-16 bei den täglich über 100 FAB-Abwürfen zum Problem werden, hätte die russische Luftwaffe mit der weitreichenden Grom-E1 ein Ass im Ärmel.

Luftabwehrprobleme der Ukraine und die Rolle der USA

Generell hat die Ukraine große Probleme, ihren Luftraum gegen russische Luftangriffe zu verteidigen. Denn sie verfügt selbst über keinerlei Flugabwehrtechnologie und ist vollständig auf Lieferungen aus dem Ausland angewiesen. Und die bleiben zunehmend aus, weil vor allem die Bestände der USA durch Einsätze im Nahen Osten dezimiert sind.

Die USA liefern in erheblichem Umfang Flugabwehrraketen an Israel, das sich in einem voraussichtlich anhaltenden Luftkampf mit dem Iran befindet. Auch die jemenitischen Huthi stellen mit ihren Drohnen und Raketen eine Bedrohung für Israel und die Schifffahrt im Roten Meer dar. So berichtete das Wall Street Journal im Oktober, dass die Vorräte der USA erschöpft seien:

Seit Beginn des Krieges zwischen der Hamas und Israel im vergangenen Jahr haben US- Schiffe Abfangraketen im Wert von mehr als 1,8 Mrd. USD gestartet, um den Iran und seine Stellvertreter daran zu hindern, Israel und Schiffe, die durch das Rote Meer fahren, anzugreifen, so die Marine.

Die US-Rüstungsindustrie sei nicht in der Lage, mit dem derzeitigen Verbrauch Schritt zu halten, heißt es weiter.

Das sind schlechte Nachrichten für die ukrainische Luftabwehr, denn die Gleitbombeneinsätze der russischen Luftwaffe sind ein Schlüssel zur Erklärung des beschleunigten Vormarschs der russischen Bodentruppen. Denn mit täglich über 100 Einschlägen auf frontnahe Ziele, hauptsächlich Befestigungen, ebnen sie den Weg für den weiteren Vormarsch der Infanterie.

Vorteile der Grom-E1 gegenüber den FAB-Gleitbomben

Die FAB-Gleitbomben können eine Gesamtmasse von bis zu drei Tonnen haben und sind in der Lage, auch gehärtete Stellungen der Ukraine tief und weit zu bekämpfen.

Die neuen Grom-E1 sind zwar kleiner, aber ihre Steuerungstechnik ist vermutlich wesentlich präziser als das Modul der UMPK-Rüstsätze, sodass der Nachteil des kleineren Gefechtskopfes vermutlich nicht ins Gewicht fällt.

Durch die starke Verwandtschaft der Grom mit der KH-38 sind große Kostenvorteile bei der Produktion zu erwarten, auch wenn die neue Waffe aufgrund ihrer technischen Raffinesse deutlich teurer sein wird als die Gleitbomben der FAB-Serie.

Die ukrainische Luftwaffe verfügt zwar auch über eigene Gleitbomben, aber nicht über die Masse an Flugzeugen, um sie effektiv einzusetzen. Außerdem kann Russland mehr als 100 Gleitbomben pro Tag einsetzen, während Frankreich wahrscheinlich weniger als 60 liefert – im ganzen Monat. Das sind weniger als zwei pro Tag.

Zunehmend ist auch eine Automatisierung der Gleitbombenabwürfe durch Russland zu beobachten. Russland setzt dazu z. B. die Drohne "Kronstadt Orion" ein, die vom Waffentyp her der bekannten türkischen Bayraktar ähnelt. Wie der X-Kanal berichtet, ist die Drohne mit einer UPAB-50S Gleitbombe bestückt. Der Sprengkopf ist allerdings mit nur 37 Kilogramm vergleichsweise klein. Dennoch erlauben diese Einsätze einen Blick in die Zukunft der Kriegsführung.