Konflikt am Roten Meer zwingt Unternehmen, globale Lieferketten neu zu strukturieren
Die Huthi-Rebellen-Angriffe im Jemen stören globale Lieferketten und erhöhen CO2- Emissionen. Unternehmen müssen umdenken - aber wie?
Die Huthi-Rebellen im Jemen haben mit ihren Angriffen auf Schiffe im Roten Meer die Lieferketten vieler Unternehmen durcheinander gebracht. Konnte bisher die Passage durch den Suezkanal genutzt werden, müssen die Frachter nun den längeren Weg um das Kap der Guten Hoffnung nehmen. Das treibt die Frachtkosten in die Höhe.
Angriffe auf Schiffe stören globale Lieferketten
Durch den Umweg steigt aber auch der Ausstoß von Kohlendioxid. Und das belastet viele Unternehmen zusätzlich, vorwiegend jene, die sich bemühen, klimaschädliche Emissionen in ihren Lieferketten zu reduzieren.
Dies könnte dazu führen, dass die globale Arbeitsteilung weiter zurückgeht. In den vergangenen Jahren haben Unternehmen bereits begonnen, ihre Lieferketten umzustellen. Die Coronapandemie, Extremwetterrisiken und geopolitische Konflikte zwangen sie, Lieferanten zu wechseln oder verstärkt in resiliente Lieferketten zu investieren.
Die Nachrichtenagentur Reuters hat jetzt eine Analyse veröffentlicht, wie sich die Angriffe der Huthi-Rebellen auf den CO2-Ausstoß auswirken. Dazu wurden Interviews mit Managern von fünf großen Herstellern von Konsumgütern geführt und Daten aus 30 Nachhaltigkeitsberichten großer Unternehmen ausgewertet.
Reuters-Analyse: Auswirkungen der Huthi-Angriffe auf den CO2-Ausstoß
Die Angriffe der jemenitischen Huthi-Rebellen im Suezkanal seit letztem Jahr haben dazu geführt, dass hunderte mit Schweröl betriebene Schiffe um das Kap der Guten Hoffnung umgeleitet wurden. Dadurch verlängerte sich jede Fahrt um Hunderte Kilometer, was zu höheren Emissionen führt.
Laut Daten, die die London Stock Exchange Group (LSEG) für Reuters erhoben hat, stößt ein großes Containerschiff auf der Fahrt von Shanghai nach Hamburg 38 Prozent mehr CO2 aus, wenn es Afrika umfährt, anstatt den Suezkanal zu benutzen. Das entspricht zusätzlichen 4,32 Millionen Kilogramm Kohlendioxid. Nach Schätzungen der Tracking-Plattform ShipsGo wurden seit Beginn der Angriffe im Oktober mehr als 600 Schiffe umgeleitet.
Die zusätzlichen Emissionen, die durch die Umleitungen entstehen, sind eine Herausforderung für Unternehmen, die ihre Emissionen berücksichtigen und reduzieren wollen. Archana Jagannathan, Nachhaltigkeitsbeauftragte von PepsiCo in Europa, erklärte gegenüber Reuters, dass das Unternehmen seine Anstrengungen zur Senkung der Emissionen verdoppeln müsse, um seine Klimazusagen für 2030 und 2040 einhalten zu können.
Nearshoring: Eine mögliche Lösung für Unternehmen
Für Unternehmen, die auf den Empfang oder die Verteilung von Waren über den Seeweg angewiesen sind, stellen diese längeren Transportwege eine potenzielle Bedrohung dar. Die Schifffahrtsabgabe, die demnächst verabschiedet werden könnte, könnte ebenfalls zu höheren Transportkosten führen. Dies könnte die Unternehmen dazu zwingen, auf Zulieferer zurückzugreifen, die näher an ihrem Standort angesiedelt sind, was als "Nearshoring" bezeichnet wird.
Zusätzlicher Druck kommt von den Finanzmärkten, wie einige Top-Investoren gegenüber Reuters erklärten. Sie erklärten beispielsweise, dass sie Unternehmen, die ihre Scope-3-Emissionsziele verfehlt haben, aus dem Markt nehmen würden. Oder sie stellten Investitionen aus diesem Grund komplett infrage.
Scope-3-Klimaziele: Indirekte Emissionen von Unternehmen
Unter Scope-3-Klimazielen versteht man die Emissionen von Treibhausgasen, die nicht direkt durch das Unternehmen selbst (Scope 1) oder durch den Einkauf von Energie (Scope 2) verursacht werden. Vielmehr geht es um die indirekten Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Diese Emissionen umfassen sowohl vor- als auch nachgelagerte Aktivitäten, die durch die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens beeinflusst werden.
Dass der Konflikt im Roten Meer ihre Probleme verschärft, wollen die Finanzmarktakteure den Unternehmen nicht durchgehen lassen. Eric Pedersen, Leiter der Abteilung für verantwortungsbewusste Investitionen bei Nordea Asset Management, erklärte gegenüber Reuters, dass die Verfehlung der Scope-3-Ziele aufgrund von Transportproblemen für ihn wie eine mögliche Ausrede klinge.
Deglobalisierung: Unternehmen setzen auf lokale Lieferketten
Vor diesem Hintergrund wächst der Druck zur Deglobalisierung. Aufgrund der geopolitischen Risiken sind viele Unternehmen bereits dazu übergegangen, Zulieferbetriebe in den Nachbarländern aufzubauen. Von diesem "Nearshoring" profitiert beispielsweise Mexiko.
Unternehmen wie Unilever denken laut Reuters um, um ihre Emissionen zu reduzieren. Und der US-Konzern Kraft Heinz hat deshalb bereits in Ägypten und Osteuropa ein Netz von lokalen Zulieferern und Distributionszentren aufgebaut.