Konflikt im Südchinesischen Meer eskaliert weiter

Seite 2: Gegenspieler USA

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China interpretiert den Streit allerdings auch als Konflikt mit den USA, die mit ihrem historischen "Schwenk nach Asien" (Barack Obama) klargemacht haben, dass sie in Südostasien mitreden wollen. Tatsächlich betreiben die USA seither eifrig eine Allianzbildung der kleineren Anrainerstaaten des Südchinesischen Meeres gegen das große China - mit den USA als Schutzmacht (An allen Fronten).

So werden Vietnam und die USA 40 Jahre nach dem Vietnam-Krieg plötzlich zu besten Freunden und bauen ihre Beziehungen aus. Selbst Rüstungslieferungen an Vietnam sind inzwischen möglich (USA erlauben Waffenexport nach Vietnam. Mit den Philippinen hat Washington 2014 ein Abkommen über militärische Zusammenarbeit, das Enhanced Defense Cooperation Agreement (EDCA), abgeschlossen. Inzwischen wurde ausgehandelt, dass das US-Militär Zugang zu fünf Stützpunkten bekommt.

Zhubi Jiao (Subi Reef) im Mai 2015. Bild: US Navy

Unterstützung im Volk

In der chinesischen Bevölkerung kommt die Sichtweise der Regierung gut an. Wie die FAZ irritiert feststellte, sind die Chinesen im Inselstreit strikt national. Und das gilt auch für solche, die Englisch sprechen, in den USA und Europa studiert haben und die ihre Geschäftsreisen regelmäßig rund um die Welt führen.

"Im Streit um die Felsen im Südchinesischen Meer aber haben sie ein klares Feindbild: den Westen, der wie im 19. Jahrhundert nach dem Opiumkrieg die stolze chinesische Nation unterjochen wolle", so die FAZ. In den chinesischen Social Media kursiere ein Hashtag, der übersetzt #ChinaVerliertKeinenMillimeter laute. 340 Millionen Mal sei er geteilt worden.

Damit stellt sich China freilich gegen den Schiedsgerichtshof in Den Haag, der ja mit dem Urteil auch seine Zuständigkeit bekräftigt hat. Und China steht gleich mehrfach isoliert da: Im Südchinesischen Meer hat es Streit mit allen anderen Anrainer, bei der Streitschlichtung erkennt es ein internationales Gericht nicht an und interpretiert die UN-Seerechtskonvention anders als deren andere Mitglieder. Weltweit unterstützen nur acht Staaten China dabei öffentlich: Afghanistan, Gambia, Kenia, Niger, Sudan, Togo, Vanuatu und Lesotho - alles keine global player.

Lösungsvorschläge gesucht

Doch so isoliert das Land auch ist: Es ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde und der größte Anrainer des Südchinesischen Meeres. Bleiben die Fragen: Wie kann der Streit denn nun gelöst werden? Und wie lässt sich eine militärische Eskalation verhindern?

Die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) schlägt China und seinen Nachbarn vor, "die Ebene der äußerst sensiblen Fragen nationaler Souveränität, territorialer Ansprüche und geostrategischer Rivalität" zu verlassen: "Hier folgen alle Konfliktparteien einer Nullsummenlogik, nach der ein wie auch immer geartetes Nachgeben im Konflikt per se existentielle Nachteile für den Verlierer nach sich zieht. Um diese Logik zu durchbrechen, sollte versucht werden, den Diskurs weg von rechtlichen Positionen und Ansprüchen und hin zur Betonung gemeinsamer Interessen zu verlagern."

Thomas Eder vom Mercator Institut für China-Studien (MERICS) in Berlin schlägt Deutschland als Vermittler vor: "Die Bundesregierung sollte China davon überzeugen, dass es in seinem Interesse liegt, im Rahmen des Seerechts zu agieren. Es geht um die internationale Anerkennung Chinas als verantwortungsvolle Großmacht." Man müsse sich aber von der Hoffnung verabschieden, dass China sich "schrittweise in die internationale Ordnung eingliedern" lasse. "China hat Völkerrecht gebrochen. Peking erlaubt keinen Widerstand bei dem Versuch, sich in der Region als Seemacht zu etablieren."

Waffen für den Krieg: bereits geliefert

Bislang nicht in Sicht ist ein Verbot von Rüstungsexporten in die Region. Im Gegenteil, die beteiligten Länder rüsten weiter auf. China baut Flugzeugträger und hat seine Militärausgaben seit dem Jahr 2000 auf 215 Milliarden Dollar verfünffacht. Stetig angestiegen sind die Ausgaben auch in Südkorea, Indonesien, Vietnam und den Philippinen, wie einen interaktive Karte des Friedensforschungsinstituts SIPRI gut zeigt.

Rüstungskonzerne aus Europa, Amerika und Russland verdienen dabei mit. Nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI sind China, Australien, Südkorea und Singapur auf den Plätzen drei, sechs, neun und zehn der zehn größten Rüstungsimporteure des Jahres 2014. China wurde dabei hauptsächlich von Russland (61 Prozent), Frankreich, (16 Prozent) und der Ukraine (13 Prozent) beliefert. Bei den anderen waren jeweils die USA der Hauptlieferant, danach folgten Spanien, Deutschland, Frankreich und Schweden.

Insgesamt sind laut SIPRI die Waffenimporte in Ostasien von 2005-2009 bis 2010-2014 um 37 Prozent angestiegen. Zwischen 2010 und 2014 hätten viele Staaten neue Kampfflugzeuge angeschafft. Auch Tankflugzeuge seien bestellt worden, um die Reichweiten der Kampfjets zu steigern.

Drohende Eskalation

Und so geht die Eskalation weiter. China wird möglicherweise eine Luftverteidigungszone im Südchinesischen Meer einrichten. Eine solche gibt es bereits seit November 2013 im Ostchinesischen Meer. Dort streiten sich China und Japan um eine Inselgruppe, die Japan derzeit kontrolliert. Seither verlangt Peking, dass ausländische Flugzeuge ihre Durchflüge dort anmelden. Die USA, Japan, Südkorea und Taiwan erkennen die chinesische Flugüberwachungszone jedoch nicht an und fliegen unangekündigt mit Kampflugzeugen über das Meer.

Die Vereinigten Staaten sollten sich militärisch aber nicht zu überlegen fühlen, warnte die "Global Times": "China kann kurzfristig nicht militärisch mit den USA mithalten. Aber es kann doch dafür sorgen, dass die USA einen für sie zu hohen Preis zahlen müssen, wenn sie im Inselstreit militärisch intervenieren." Der Streit solle zwar besser durch Gespräche beigelegt werden, aber China müsse auch gerüstet sein "für jede Art militärischer Konfrontation".

Interessant wird jetzt, wie sich der neue philippinische Präsident Rodrigo Duterte zu dem Urteil verhält. Er hat sich schon vorher für diplomatische Verhandlungen und wirtschaftliche Kooperation mit China ausgesprochen. Von daher könnte er China eine goldene Brücke bauen, etwa durch Projekte in bilateraler Zusammenarbeit. Der Preis, den China dafür zahlen müsste, ist durch das Urteil von Den Haag gestiegen.