Konkurrenz und Wettbewerb als Evolution destruierende Mechanismen
Evolution aus systemtheoretischer Perspektive
Dass der "Geist des Kapitalismus" (Max Weber) kurioser Weise sowohl die Ökonomie als auch, wie es scheint, die Natur durchdringt, bleibt selten unbemerkt. Kapitalismus gibt sich derart den Anschein einer gleichsam natürlichen Wirtschaftsordnung. Denn wenn festgestellt werden kann, "dass die Natur in gewisser Weise kapitalistisch funktioniert" (Medizin-Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein Volhard), lässt sich in Umkehrung auch schlussfolgern, dass der Kapitalismus auf gewissermaßen natürliche Weise funktioniert.
Ideengeschichtlich war es so, dass Darwin zunächst auf soziale Verhältnisse bezogene Theorien, insbesondere die Vorstellungen Thomas Robert Malthus', auf "natürliche" Gegebenheiten, biotische Verhältnisse übertrug:
Darwin überträgt den malthusischen struggle for existence auf die Natur. So steht die ökonomische Analyse des Manchester-Kapitalismus gewissermaßen Modell für die Theorie biologischer Evolution - vom Konkurrenzkampf, jeder gegen jeden, über die Selektionsmechanismen des Marktes bis zur Entstehung neuer Nischen oder Produkte. Lebewesen werden zu Objekten der Evolution, die eine unbestechliche Warenkontrolle einem Bio-Ranking unterwirft. Der heutige Sozialdarwinismus macht im Grunde nichts anderes, als die frühkapitalistische Wirtschaftsideologie über eine wissenschaftliche Theorie wieder auf die Gesellschaft zurückzuspiegeln - und ihr damit scheinbar zu einem naturgesetzlichen Fundament zu verhelfen.
J. Neffe: Danke Darwin!
In sich so gegenseitig bestätigender Perspektive wird Konkurrenz (struggle for existence) zu einem wirkmächtigen Prinzip, das grundlegend für das Verständnis sowohl von natürlich-biologischen wie sozial-wirtschaftlichen Verhältnissen relevant sein soll.
Evolution aus systemtheoretischer Perspektive
Allerdings bestätigt sich in in einer systemtheoretischen Konzeption der Evolutionstheorie1 die sich aus der Ideengeschichte geradezu aufdrängende Skepsis; nämlich, dass in der Perspektive der konventionellen, offenkundig sozialdarwinistisch gewendeten Evolutionsbiologie ein Anthropomorphismus zur Geltung kommt, Gegebenheiten sozialer Konstruktion unangebracht auf "natürliche", biotische Verhältnisse übertragen werden.
Aus der Sicht der Systemtheorie des Soziologen Niklas Luhmann sind es autopoietische Systeme (spezifisch: Populationen und Arten), die evolvieren. Autopoietische Systeme erhalten sich als Einheiten in ihren Grenzen durch das Netzwerk eben jener Operationen, die gerade diese Operationen selbst erst ermöglichen.2 Mit Blick auf Populationen und Arten ist dies die Operation der (geschlechtlichen) Reproduktion. Reproduktion ermöglicht (weitere) Reproduktion, grenzt mit dieser Operation Arten und Populationen von ihren Umwelten ab bzw. erhält sie selbstreproduktiv als eben autopoietische Einheiten. Fundamentale Operation lebender Systeme wie Populationen und Arten ist demnach - sich selbst reproduzierende - Reproduktion.
Bezogen auf biotische Evolution nimmt die Systemtheorie also Populationen und Arten als Einheiten (Systeme) in den Blick, nicht Organismen als Individuen, die, wovon die konventionelle Evolutionsbiologie ausgeht, von welcher Instanz auch immer (Umwelt?) miteinander konkurrierend "ausgewählt" würden. Individuelle Organismen sind in systemtheoretischer Perspektive vielmehr als (variierende) Strukturelemente sich selbst reproduzierender Systeme zu verstehen. Reproduktion ermöglichendes Überleben von (variierten) Organismen ist als positive, Reproduktion unmöglich machendes (vorzeitiges) Ableben von (variierten) Organismen ist als negative Selektion in der Stabilisierung und Restabilisierung von Systemen zu verstehen. Wohlgemerkt: Zum Erhalt, zur Stabilisierung von Systemen kann demnach sowohl positive wie negative Selektion der (variierten) Organismen beitragen.
Systeme restabilisieren sich in fortwährender Unterscheidung von einer Umwelt, im stetigen Einfluss von Umweltbedingungen, seien diese nun in (wechselnden) Klimabedingungen, anderen Organismen (etwa im Räuber-Beute Schema), schlicht materiellen Umwelten, oder durch soziale Systeme - unmittelbarer Weise heutzutage oft auch als Zoos oder Naturschutzgebiete - gegeben. Durch Umwelteinflüsse können autopoietische Systeme in den Bedingungen ihrer Reproduktion nur irritiert, nicht determiniert werden. Umwelteinflüsse führen also nicht zu einer (nach Möglichkeit) immer besseren Anpassung von Systemen an ihre Umwelt.
Zu konstatieren ist vielmehr, dass sich Systeme insofern unabhängig von ihrer Umwelt (re-)stabilisieren und damit evolvieren, als sie jegliche Formen von Umwelteinflüssen verkraften, solange diese ihre Reproduktion bzw. die Bedingungen ihrer Reproduktion nicht derart verändern, als dass sie diese komplett unterbinden. Erst in diesem Fall, wenn das sich aus der mutativen oder bei sexueller Reproduktion rekombinativen Varietät der Organismen ergebende Adaptionspotential nicht mehr ausreicht, um Reproduktion trotz Umweltveränderung noch zu ermöglichen, kommt die Evolution des Systems (der Population oder gar Art) zum Stillstand. Anpassung ist in systemtheoretischer Perspektive also als Voraussetzung, nicht als Bedingung von Evolution zu verstehen; nicht angepasste Systeme können nicht evolvieren.
Konkurrenz und Individualität als Konstruktionen sozialer Evolution
Damit ist zu sehen, dass eine Individualität voraussetzende Konkurrenz eine Kategorie ist, die in der Evolution von lebenden Systemen gar nicht vorkommt. Organismen sind als positive wie negative Selektion ermöglichende operative Momente in der Restabilisierung von Systemen (Arten und Populationen) zu verstehen, nicht als konkurrierende, "egoistisch" um den Selbsterhalt bemühte "Individuen". Individualität ist eine Kategorie, die in der Evolution lebender Systeme keinen sinnvollen Halt findet. Auch ist nicht von einer Konkurrenz zwischen evolvierenden Systemen auszugehen, da die Anpassung von Systemen als Voraussetzung, und nicht als Bedingung für die Evolution von lebenden Systemen verstanden werden muss. Konkurrenz als maßgeblichen Faktor in der Evolution lebender Systeme zu begreifen ist zudem unangemessen, weil es für die Restabilisierung eines Systems keinen Unterschied ausmacht, ob Reproduktion beeinflussende Faktoren sich etwa aus veränderten Klimabedingungen ergeben oder durch andere "konkurrierende" Populationen und Arten.
Das Konzept der Konkurrenz ist offensichtlich eines, welches in der Evolution sozialer Systeme entwickelbar ist und sich damit einmal mehr als Anthropomorphismus entlarvt. Elementare Operation sozialer Systeme ist Kommunikation. Soziale Systeme, etwa die Gesellschaft, deren Funktionssysteme, wie Politik, Wirtschaft, Kunst, Wissenschaft, Massenmedien etc., reproduzieren bzw. begrenzen sich durch das Netzwerk sich an Kommunikation anschließender Kommunikation.3 Individualität (Personalität) ist, auch wenn diese sich auf Lebewesen bezieht oder beziehen kann (notorisch etwa in Bezugnahme auf Haustiere), als ein kommunikativ entwickeltes und Kommunikation strukturierendes Element sozialer Systeme zu verstehen, nicht als ein Element, welches in der Bezugnahme auf lebende Systeme, in der Erklärung der Evolution lebender Systeme sinnvollen Halt findet. In diesem Sinne ist eben in der Sphäre sozialer Systeme auch noch eine Bezugnahme auf Personalität bzw. Individualität - etwa "Aristoteles", "Isaac Newton", "Steve Jobs" - offenkundig unabhängig von physischer Existenz möglich.
Damit bestätigt sich einmal mehr, wie schon aus der Ideengeschichte der Evolution nahegelegt, dass es sich beim erklärungsmächtigen Prinzip der Konkurrenz um einen Anthropomorphismus handelt. Diesem Prinzip kommt derzeit offenkundig eine eminente Bedeutung in der Disposition sozialer Systeme zu, es würde jedoch in der Behauptung einer gleichsam "natürlichen" Verankerung in der Evolution lebender Systeme seine Bedeutung unsachgemäß verzerren. Es kann also keine Rede davon sein, dass der Kapitalismus in Anwendung des Prinzips der Konkurrenz auf wirtschaftspolitische Belange auf "naturgesetzlichem Fundament" stehen würde.
Konkurrenz in der Evolution sozialer Systeme
Es lässt sich vermuten, dass das Prinzip der Konkurrenz als eine Lösung für das Problem der "Behäbigkeit" autopoietischer Systeme aufgefasst werden kann. Da sich autopoietische Systeme (etwa Firmen als Organisationen) nur dann verändern, wenn sich die Bedingungen ihrer Reproduktion verändern, ihnen daher tatsächlich eine funktionsnotwendige Widerständigkeit bzw. Trägheit zu eigen ist, muss Druck zur Veränderung aufgebaut werden, um sicher zu stellen, dass sich die Reproduktion beeinflussende Umwelt von Systemen massiv und nach Möglichkeit systematisch ändert. Mithin als die Etablierung von Märkten für andere Systeme durch die Systeme selbst; Monopole gilt es also zu vermeiden. Der Mechanismus der Konkurrenz in der Etablierung von Märkten ist demnach zunächst als rein destruktives Prinzip zu verstehen. Konkurrenz baut Druck zur Veränderung auf (etwa hinsichtlich Preisen), allenfalls bis hin zur Destruktion, ohne dass sichergestellt oder auch nur klar ist, dass sich die Verhältnisse dadurch letztlich zum Besseren ändern. Dies zumal Umwelteinflüsse nur irritierend, nicht determinierend auf Systeme wirken.
Bleibt die Frage zu stellen, warum die tatsächlich, etwa mit Blick auf Populationen und Arten, "natürliche Behäbigkeit" von Systemen heutzutage ein gesellschaftliches Problem darstellt. Kann es sein, dass sich der schnelle gesellschaftliche Wandel verselbständigt hat, zum Selbstzweck geraten ist? Kann es sein, dass der Blick auf (biotische wie soziale) Evolution durch einen weiteren anthropomorphen Stereotyp getrübt wird? Nämlich durch die irrige, dennoch offenkundig kommunikativ in sozialen Systemen entwickelbare Vorstellung, dass es sich bei evolutionären Vorgängen stets um Prozesse der Weiter- und Höherentwicklung, um Prozesse des "Fortschritts" handelt? Es also nicht schaden kann, wenn Veränderung in undifferenzierter Anwendung des Konkurrenzprinzips Vorschub geleistet wird?
Hinweis darauf ist jedenfalls, dass mittlerweile das Heil von Märkten auch abseits der noch am ehesten plausiblen Konkurrenz zwischen Organisationen als Wirtschaftsunternehmungen gesucht wird. Auf Personen bezogen haben sich etwa Arbeits- oder Heiratsmärkte etabliert. Innerhalb von Organisation wird der Wettbewerb zwischen Mitarbeitern forciert. Staaten stehen in einer globalisierten Welt im Wettbewerb, z.B. durch den internationalen Steuerwettbewerb. Das Bildungssystem bzw. die Forschung ist mittlerweile nach Maßgabe der Pisa-Studien bzw. der sogenannten Exzellenz-Initiative verstärktem (internationalen) Wettbewerb unterworfen. Massenmedial gehören Casting-Shows zu den beliebten Formaten.
Konkurrenz in der Evolution lebender Systeme
Schlagen wir in diesem Zusammenhang erneut einen Bogen zu "natürlichen" Verhältnissen, dann stellt sich die Frage, wie sich in erdgeschichtlicher Perspektive verstärktes Auftauchen von Konkurrenz auf die Evolution lebender Systeme auswirkte. Wenn man berücksichtigt, dass Umweltveränderungen nur einen Einfluss auf die Evolution lebender Systeme haben können, wenn sie die reproduktiven Bedingungen dieser Systeme ändern, so ist zu vermuten, dass massive (Umwelt-)Veränderungen von direkten Umstellungen der Reproduktionsbedingungen selbst zu erwarten sind.
Die mit der Entwicklung der Eukaryonten (Zellen mit Zellkern) ermöglichte Reproduktion durch sexuelle Fortpflanzung - im Gegensatz zur bis dahin über Jahrmilliarden üblichen Fortpflanzung durch Klonung in der "Bakterienwelt" (Prokaryonten: Zellen ohne Zellkern) - veränderte die "natürlichen" Verhältnisse auf radikale Weise. Die evolutionäre Entwicklung von Sexualität stellte eine wahrhaft revolutionäre Umstellung der Reproduktionsbedingungen lebender Systeme dar, eine Revolution, welche wohl die sogenannte "kambrische Explosion" zur Folge hatte.
Sexuelle Reproduktion ermöglicht, im Gegensatz zur ungeschlechtlichen Fortpflanzung von Prokaryonten (Klonung), die systematische Variation genetischen Materials von Organismen. Von einer daraus resultierenden Konkurrenzsituation im oben beschriebenen Sinne kann deshalb ausgegangen werden, weil es damit möglich wird, die Umweltbedingungen von Organismen systematisch - durch die Organismen selbst - mit jeder einzelnen Operation (Reproduktion) zu verändern. Sexuelle Reproduktion ermöglicht die systematische Variation genetischen Materials von Organismen durch Organismen und ändert bzw. schafft damit erst sich systematisch verändernde Umweltbedingungen.
Die evolutionäre Antwort auf die sich revolutionär verändernden Reproduktionsbedingungen der "Bakterienwelt" (als dem damaligen Ökosystem) war die Begrenzung der Reichweite sexueller Reproduktion durch die Entstehung von Subsystemen, also die Entstehung von Arten bzw. Populationen. Erst mit der evolutionären Entwicklung der sexuellen Evolution kam es zur Entwicklung von Arten, also von Organismen, die sich zwar untereinander, aber nicht mit anderen Arten kreuzen können. In der Bakterienwelt kann von zu unterscheidenden Arten bzw. Populationen nicht die Rede sein. Die Vorgänge, wie sie in der so genannten "kambrischen Explosion" beschrieben werden, zeugen eindrucksvoll von einem in erdgeschichtlichen Dimensionen schlagartigen Auftauchen neuer Arten.
Als "natürliche" evolutionäre Reaktion auf das Auftauchen von verstärkter Konkurrenz ist demnach die konstruktive Begrenzung oder Verminderung des Konkurrenzdrucks zu verstehen. Jedenfalls dann, wenn Konkurrenz als systematisch forcierte Veränderung der Umwelt- und damit indirekt auch der Reproduktionsbedingungen von Systemen verstanden wird. Mit der Entstehung von (Sub-)Systemen, hier also Arten und Populationen, wurden "Binnengebiete" geschaffen, die sich, abgesehen von Einflüssen auf Reproduktionsbedingungen, weitestgehend unabhängig von Umweltbedingungen stabilisieren - und gerade dadurch erst (weitere) Evolution ermöglichten.
Plakativ lässt sich konstatieren, dass nicht destruktiver Wettbewerb bzw. Konkurrenz charakteristisch ist für Evolution, sondern konstruktive Einschränkung von Konkurrenz. Evolution minimiert den Einfluss von Umwelteinflüssen, während das sozialevolutionär entwickelte Prinzip der Konkurrenz es darauf anlegt, Umwelteinflüsse zu maximieren, um möglichst hohen Veränderungsdruck zu erzeugen.
Buchdruck ist Sex
In der Evolution sozialer, also sich auf der Basis von Kommunikation reproduzierender Systeme lassen sich tatsächlich der Evolution lebender Systeme entsprechende Wirkungen auf das verstärkte Auftauchen von Konkurrenz, auf radikale Veränderungen der Reproduktionsbedingungen sozialer Systeme, nachweisen.
Der Entwicklung des Buchdrucks kommt eine der Entwicklung sexueller Reproduktion in der Evolution lebender Systeme funktional äquivalente Bedeutung zu. Sowohl sexuelle Reproduktion im Blick auf biotische Evolution wie auch der Buchdruck in Hinsicht auf soziale Evolution veränderte die Reproduktionsbedingungen lebender bzw. sozialer Systeme radikal. Der Buchdruck und die dadurch aufkommende Schriftkultur ermöglichten, dass sich die Gesellschaft nicht mehr nur vorrangig durch mündliche, sondern zudem zunehmend auch durch schriftliche Kommunikation reproduzierte bzw. restabilisierte. Die Konservierung von Kommunikation durch Schriftlichkeit erleichterte bzw. ermöglichte erst vom Grundsatz her Traditionen, Althergebrachtes in Frage zu stellen. Das war in der Flüchtigkeit mündlicher Kommunikation unmöglich, stellte sich hier doch vorrangig das Problem, nur schon Bewährtes selbst (dann als Tradition) zu bewahren, also nach Möglichkeit gewissermaßen zu "klonen". Im Horizont der Vergänglichkeit mündlicher Kommunikation in traditionellen Gesellschaften wäre es nicht möglich gewesen, Althergebrachtes systematisch in Frage zu stellen wie in der Moderne. Innovationen hätten in traditionellen, sich vorrangig durch mündliche Kommunikation reproduzierenden Gesellschaften nie einen positiven Stellenwert bekommen können.
Ohne auf die Konsequenzen der radikalen Umstellung der Reproduktionsbedingungen in der Evolution der Gesellschaft näher und im Detail eingehen zu können4, ist immerhin festzustellen, dass es letztlich auch bezogen auf gesellschaftliche Evolution zur Entstehung von Subsystemen kam, die in der biotischen Evolution der Entstehung von Population und Arten im Zuge der kambrischen Explosion entsprechen.
Archaische, vormals sich nach Clans und Stämmen bzw. später hierarchisch (etwa feudal) geformte Gesellschaften wandelten sich zum modernen Gesellschaftssystem, welches sich in Teil- oder Funktionssysteme (wie Politik, Wirtschaft, Religion, Wissenschaft, Kunst, Massenmedien, Bildungssystem etc.) differenziert. Ermöglicht wurde dies durch eine revolutionäre Änderung der Reproduktionsbedingungen der Gesellschaft. Eine radikale Änderung der Reproduktionsweise, die, mit noch unabsehbaren Folgen, möglicherweise auch gegenwärtiger "digitalen Revolution" zukommt.
Eindämmung von Konkurrenz durch die Entstehung von Subsystemen
Wenn demnach aus evolutionären Entwicklungen Lehren zu ziehen sind, so diese, dass nicht die Forcierung von Konkurrenz der Evolution dienlich oder für sie auch nur charakteristisch ist, sondern im Gegenteil die Einschränkung von Konkurrenz. Konkurrenz bzw. Wettbewerb ist als Evolution destruierender Mechanismus zu verstehen. Evolution aber muss als ein Organisationsprinzip begriffen werden, das es lebenden bzw. sozialen Systemen ermöglicht, sich unabhängig von Umwelteinflüssen zu stabilisieren bzw. zu restabilisieren, abgesehen von solchen, die auf die Reproduktionsbedingungen von Systemen wirken.
Bezogen auf soziale Systeme ist dies evident, können sich diese doch - jedenfalls derzeit noch - trotz eines hohen Maßes an von ihnen verursachten Umweltzerstörungen reproduzieren bzw. restabilisieren. Die gegenwärtig festzustellende neoliberale Überspitzung des Prinzips der Konkurrenz ist allenfalls als Indiz der sich aktuell radikal wandelnden gesellschaftlichen Reproduktionsbedingungen im Zuge der digitalen Revolution zu verstehen, sie zeugt aber keineswegs von einer quasi auf "naturgesetzlichem Fundament" beruhenden gesellschaftlichen Anwendung "natürlicher" evolutionärer Mechanismen. Gesellschaftliche Evolution wird durch Etablierung neuer gesellschaftlicher Formen, wenn sie nicht sich selbst destruierend zum Stillstand kommt, Konkurrenz eindämmen, nicht forcieren.