Kopierschutztechnik in alle digitalen Geräte
Trotz starker Kritik wurde auf Druck der Unterhaltungsindustrie ein Gesetzesvorschlag in den US-Senat eingebracht, der den Einbau von Kopierschutzmechanismen für die amerikanischen Gerätehersteller vorschreibt
Einen neuen Gesetzesvorschlag hat der Demokrat Ernest F. Hollings, der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, mit weiteren Abgeordneten in den Senat eingebracht, der sicher wie schon der vorhergehende Gesetzesentwurf weiterhin für Unruhe sorgen und die Industrie entzweien wird. Um das unautorisierte Kopieren von copyrightgeschützten Werken zu verhindern, soll in allen Geräten von Fernsehapparaten über Settop-Boxen oder CD-Spielern bis hin zu Computern ein gesetzlich vorgeschriebener Kopierschutz eingebaut werden.
Hinter dem "Consumer Broadband and Digital Television Promotion Act" (CBDTPA), der zuvor den Titel "Security Systems Standards and Certification Act" (SSSCA) trug, stehen vornehmlich die Verbände der Content-Unternehmen wie die Recording Industry Association of America (RIAA) oder die Motion Picture Association of America (MPAA), die über die Prozesse auf der Grundlage des Digital Millenium Copyright Act (DMCA) nun den Kopierschutz auch in die Hardware eingebaut sehen wollen. Über das Internet übermittelte oder von Fernseh- oder Radiogeräten empfangene digitale Inhalte sollen demnach Anweisungen enthalten, die das Kopieren regeln und die illegale Wiederverbreitung über das Internet verhindern. Alle in den USA hergestellten oder dort auf dem Markt käuflichen Geräte müssten die entsprechenden Kopierschutzmechanismen besitzen.
Wie es aber zu bewerkstelligen sein wird, das illegale Kopieren zu verhindern und gleichzeitig das Recht auf die Herstellung von Privatkopien zu gewähren, wird von Hollings nicht erklärt. Die Technologien und Programme müssten so sein, meint Hollings, dass sie den "fair use" beispielsweise in der wissenschaftlichen Forschung oder in der schulischen Ausbildung nicht behindern. Die Kopierschutztechnologie dürfe Konsumenten auch nicht daran hindern, für Fernsehsendungen, die nicht als Pay-per-View angebeten werden, "eine Privatkopie für den gesetzesmäßigen Gebrauch Zuhause herzustellen."
(1) LIMITATION ON THE EXCLUSIVE RIGHTS OF COPYRIGHT OWNERS. -- In achieving the goal of promoting as many lawful uses of copyrighted works as possible, while preventing as much infringement as possible, the encoding rules shall take into account the limitations on the exclusive rights of copyright owners, including the fair use doctrine.
(2) PERSONAL USE COPIES. -- No person may apply a security measure that uses a standard security technology to prevent a lawful recipient from making a personal copy for lawful use in the home of programming at the time it is lawfully performed, on an over-the-air broadcast, premium or non-premium cable channel, or premium or non-premium satellite channel, by a television broadcast station (as defined in section 122 (j)(5)(A) of title 17, United States Code), a cables system (as defined in section 111(f) of such title), or a satellite carrier (as defined in section 119(d)(6) of such title)."
Die Wirtschaft habe, so Hollings, in den letzten Jahren vergeblich versucht, "einen sicheren Hafen für urheberrechtlich geschützte digitale Produkte" zu schaffen. Da dies nicht gelungen sei, habe dies zu einem Mangel an digitalen Inhalten geführt: "Und wer hat darunter am meisten gelitten? Die Konsumenten, da ihnen der Zugang zu hochwertigen digitalen Inhalten von Zuhause aus verwehrt wurde." Überdies habe das zur Ausbreitung der Piraterie beigetragen, "die für die amerikanische Content-Industrie zu jährlichen Verlusten in Höhe von Milliarden von Dollar" führt. Jedes Gerät, das ganz rechtmäßig ein Medienformat oder mehrere abspielen, kopieren oder elektronisch übermitteln kann, könne auch für Urheberrechtsverletzungen missbraucht werden. Und weil die Situation bei verlustfrei kopierbaren digitalen Produkten so schlimm sei, haben die "gesetzestreuen Bürger" auch viel zu wenig neue Geräte wie HDTV-Apparate gekauft oder sich einen Breitbandzugang zum Internet besorgt. Da die Urheberrechtswirtschaft eine der stärksten Branchen der US-Wirtschaft sei, müsse hier schnellstens etwas getan werden, um mehr digitale Inhalte anbieten und verkaufen zu können.
Das geplante Gesetz würde die Contentunternehmen, die Hersteller von Geräten und Verbraucherverbände dazu auffordern, sich auf Standards zu einigen, die dann gesetzlich vorgeschrieben würden. Sollte es zu keiner Einigung kommen, werde die Federal Communications Commission (FCC) in Absprache mit den Unternehmen nach technisch machbaren Lösungen suchen. Die Software sollte Open Source sein, zudem billig, verlässlich, nicht zu knacken, erweiterbar und verbesserbar, die Leistung dürfe nicht beeinträchtigt werden.
Nach der heftigen Kritik an dem Gesetzesvorhaben seitens der IT-Unternehmen wie Intel, IBM, Microsoft und Compaq, die ihren Unmut in einer Anhörung vor dem Wirtschaftsausschuss des Senats kürzlich noch einmal vorgebracht haben, drängt Hollings, dass bald etwas geschehen müsse. Die Privatwirtschaft sei zwar durchaus imstande, zu einer Lösung zu kommen, angesichts der bislang erzielten Fortschritte in den Gespräche müsse sie aber jetzt gedrängt werden. Die IT-Unternehmen fürchten, dass durch ein solches Gesetz die technische Innovation behindert werden und der Staat den technischen Standard vorschreiben könne. Überdies arbeiten sie an eigenen Kopierschutztechnologien, die sie an den Mann bringen wollen.
Auch die IT-Verbände Business Software Alliance (BSA), Computer Systems Policy Project (CSPP), und Information Technology Industry Council (ITI) lehnen den Gesetzesentwurf ab und verlangen, dies dem Markt zu überlassen. Gesetzliche Vorschriften wie die des CBDTPA würden "die Wahlmöglichkeiten des Konsumenten verringern, die Produktleistung mindern, die Innovation behindern und die weltweite Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen IT-Produkte beeinträchtigen".
Bürger- und Verbraucherverbände sehen in dem Gesetzesvorhaben eine zu starke Beeinträchtigung der legitimen Rechte der Benutzer an den von ihnen erworbenen Inhalten. Robin Gross von der Electronic Frontier Foundation fürchtet etwa, dass damit Hollywood "das Vetorecht bei der Gestaltung von neuen Technologien" erhalte.