Krieg in Syrien
Telepolis Salon am 5. November auf der Alten Utting mit der Journalistin Elke Dangeleit, dem Nahost-Referenten der Gesellschaft für bedrohte Völker, Kamal Sido und dem Buchautor Kerem Schamberger
Mit der Vereinbarung zwischen dem russischen Präsidenten Putin und seinem türkischen Amtskollegen Erdogan wurden wichtige Weichen im syrischen Krieg neu gestellt: Die syrische Regierung erlangt mithilfe Russlands wieder Kontrolle über große Abschnitte der Landesgrenze im Norden, das Experiment Rojava wurde unterbunden, die Türkei hat eine Sicherheitszone zugesprochen bekommen und die Rolle der USA in Syrien ist spätestens mit dem Deal der beiden Staatsschefs marginal geworden. Der endgültige Abzug aller US-Truppen gilt als unvermeidlich.
Der Nahe Osten und die Interessen, die dort verquickt sind, rühren viele unbequeme Fragen auf, gute Lösungen bleiben seit Jahrzehnten aus. Im Grunde läuft die Erwartungshaltung, an die wir uns gewöhnt haben, darauf hinaus, dass wir den nächsten Kriegskrach erwarten. Wer militärisch zuschlägt, schafft Fakten, darauf hat sich dann die Politik auszurichten.
Das trifft auch auf die türkische Militäroperation "Friedensquelle" in Nordsyrien zu. Sie hat Fakten geschaffen, die den Deal zwischen Putin und Erdogan mit angestoßen und mitbestimmt haben. Die Türkei hat infolgedessen einen neuen "Aktionsraum in Syrien" zugesprochen bekommen, damit ihre "Sicherheitsinteressen" gewährleistet werden, wie das russisch-türkische Abkommen betont.
Ein großer Streitpunkt ist, welche Interessen die Türkei überhaupt verfolgt? Ist es die Furcht vor Terroranschlägen oder die Furcht vor einem Erfolg der kurdischen Selbstverwaltung? Der könnte auch Erdogans Versuch einer autokratischen Neo-Osmanisierung infragestellen. Oder ist es Erdogans wahres Motiv, von den zunehmenden innenpolitischen Schwierigkeiten abzulenken?
Ein anderer Streitpunkt geht um die Ausrichtung der Politik der kurdischen Selbstverwaltung im Norden Syriens. Was steht hinter den Autonomieplänen? Der Traum von einem eigenen Staat oder die Idee eines syrischen Bundesstaates? Wie sehr spielt die PKK in die Politik der Rojava-Verwaltung mit hinein? Ist die kurdische Autonomie-Idee mit dem Einmarsch der Türkei in Nordsyrien und den Putin-Erdogan-Vereinbarungen nun politisch erledigt?
Erste neue Flüchtlingswellen in Nordsyrien spiegeln die Angst vor dem Vorgehen der Türkei und ihrer islamistischen Verbündeten in Afrin. Die Türkifizierung der Verwaltung in Afrin und an den Schulen wie auch die Neuansiedlung, die mit der Vertreibung von Kurden einhergeht, widersprechen der Behauptung der Führung unter Präsident Erdogan, wonach einzig die "Terroristen der PKK" und nicht die Kurden Ziel der türkischen Militäraktionen in Syrien seien.
Der Telepolis-Salon, am 05. November 2019 in München, auf der alten Utting, nimmt diese Fragen und Diskussionen auf. Dazu haben wir Gäste eingeladen, die die Lage in Nordsyrien und ihre Konsequenzen mit einem besonderen Hintergrund beleuchten.
Elke Dangeleit, Ethnologin und Journalistin, befasst sich seit den 1980er Jahren mit der kurdischen Frage und bereiste mehrmals die kurdischen Gebiete in der Türkei, Nordirak und Nordsyrien. Sie ist Initiatorin der ersten offiziellen Städtepartnerschaft mit einer Kommune in Nordsyrien. Für den Städtepartnerschaftsverein Friedrichshain-Kreuzberg - Dêrik e.V. bereiste sie zuletzt im Oktober 2018 Nordsyrien.
Kamal Sido, Referent für den Nahen Osten, bei der Gesellschaft für bedrohte Völker, stammt aus Afrin, hat dort noch familiäre Bezüge und kann so aus erster Hand über Erfahrungen berichten, die dort mit der türkischen Militäroperation "Olivenzweig" gemacht werden.
Kerem Schamberger, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung, ist durch Nordsyrien gereist, um sich ein Bild über das demokratische Modell der Kurden in "Rojava" zu machen. Zusammen mit dem Kommunikationswissenschaftler Michael Meyen hat er das Buch "Die Kurden: Ein Volk zwischen Unterdrückung und Rebellion" verfasst.
Die Veranstaltung am 5. November im "Hecksalon" beginnt um 20 Uhr. Der Eintritt beträgt 3 Euro.
Alte Utting
Lagerhausstraße 15
81371 München
Anfahrt: U-Bahn: U3/U6 Poccistraße oder Implerstraße Bus: 132 / 62 Lagerhausstraße