Leergefischt: In Nord- und Ostsee schwimmen immer weniger Fische

Seite 2: Schleppnetze mit hohem Beifang zerstören Arten am Meeresgrund

Beifänge machen jährlich bis zu 40 Millionen Tonnen aus. Zum Beispiel bei Grundschleppnetzen: Sie werden für den Fang von am Meeresboden lebenden Arten eingesetzt – wie Plattfische und verschiedene Krebsarten. Um die vor dem Netz in den Sand geflüchteten Tiere aufzuscheuchen, werden oft tonnenschwere Ketten zwischen die Netzöffnung gespannt, die alles zerstören, was ihnen im Weg steht.

Aber auch die Treib- und Stellnetzfischerei verursacht unerwünschte Beifänge. Ein Opfer ist etwa der Schweinswal, der zu den am stärksten gefährdeten Walpopulationen in der Ostsee gehört. Jährlich ertrinken viele Schweinswale und tausende Seevögel in den Maschen der Netze.

Einem EU-Beschluss zufolge darf zwar seit Januar 2015 Beifang nicht mehr zurück ins Meer geworfen, sondern muss mit an Land gebracht und auf die Fangquoten angerechnet werden. Dieses Rückwurfverbot sollte Fischer dazu motivieren, selektivere Netze und bestimmte Techniken einzusetzen.

Doch die Umsetzung dieser Auflagen sind in der Praxis kaum kontrollierbar. Deshalb wird Beifang immer wieder und in großem Stil zurück ins Meer geschmissen.

Daten des Internationalen Rates für Meeresforschung (Ices) legen nahe, dass das Rückwurfverbot nicht greift und versehentlich mitgefangene Fische weiter in hoher Zahl im Meer landen. Im Jahr 2017 identifizierten die Ices-Forscher 2017 für die Dorschfischerei in der östlichen Ostsee mindestens elf Prozent Beifänge: Von den knapp 31.000 Tonnen Fang waren hochgerechnet mindestens 3.450 Tonnen Beifänge.

Zudem bietet das Gesetz ein Schlupfloch für den Fang von bedrohten Arten wie etwa Haie.

Millionen Tonnen Fische werden jedes Jahr zu Tierfutter verarbeitet

Hinzu kommt: Jedes Jahr enden weltweit über 30 Millionen Tonnen Fisch als billiges Futter für Hühner, Schweine oder auch Garnelen und Lachse in der Aquakultur. In der Fischmehl-Fischerei in der Nord- und Ostsee werden zum Teil noch lebende Fische, etwa Sandaal und Sprotte, zu Fischmehl und Fischöl verkocht. So können für die Produktion von nur einem Kilogramm Lachs bis zu vier Kilo Fischmehl oder Fischöl nötig sein.

NABU fordert wirksame Meeresschutzgebiete

Um den Artenverlust vor unseren Küsten zu stoppen, braucht es Bereiche, in denen die Natur kompletten Vorrang hat. Noch in ihrem Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2021 verpflichtetes sich die Bundesregierung, zehn Prozent der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) gemäß EU-Biodiversitätsstrategie streng zu schützen, also Zonen frei von schädlicher Nutzung auszuweisen.

Demnach soll ein strenger Schutz alle lebensraumverändernden Aktivitäten in Nord- und Ostsee ausschließen. Der NABU unterstützt die wissenschaftlich basierte Forderung, dass 50 Prozent der Meeresschutzgebiete frei von jeglicher schädlichen Nutzung sein müssen. In diesem Sinne entwickelt er einen Plan für streng zu schützende Gebiete in der deutschen AWZ der Nord- und Ostsee.

Die hier ausgewählten Gebiete decken Bereiche mit der höchsten Dichte an streng geschützten Arten und Lebensräumen ab. Darunter befinden sich artenreiche Riffe, Schlickgründe und Sandbänke, Schweinswale und eine Vielzahl an Seevögeln wie Prachttaucher und Eisenten.

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