Letzter Stand des Finanzkrieges gegen den Terrorismus

Eine weltweite Kampagne mit dem Ziel, das Al Quaida-Netzwerk finanziell auszutrocknen, ist ins Stocken geraten

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Wie die Washington Post meldet liefert der Entwurf eines UN-Berichts, dessen Veröffentlichung nächste Woche erwartet wird, einen seltenen Überblick über den Stand des "Finanzkrieges" gegen den Terrorismus.

Das Fazit des UN-Papiers ist desillusionierend. Trotz der gemeinsamen Anstrengungen der USA und anderen UN-Mitgliedern, das gesamte finanzielle Netzwerk der terroristischen Vereinigung stillzulegen und Vermögenswerte in Höhe von mehr als 112 Millionen Dollar einzufrieren, wurden lediglich 10 Millionen Dollar dem Zugriff von Al Quaida entzogen.

Wie das verantwortliche UN-Gremium, eingesetzt, um das Waffen-, Reise- und Finanzembargo gegen die Al-Quaida samt assoziierter Gruppen zu überwachen, konstatiert, fließen der Organisation trotz aller Gegenmaßnahmen nach wie vor mehrere zig - Millionen Dollars in die Taschen, was sie jederzeit in den Stand setze, künftige Anschläge zu planen und auszuführen.

Der Finanzkrieg gegen Al Quaida wurde von Präsident Bush kurz nach den Anschlägen gegen das World Trade-Center mit der Ankündigung lanciert, alle Vermögenswerte jeglicher Organisation, Gruppierung und Individuen, die mit dem Netzwerk in Verbindung stehen, einzufrieren. Dass der UN-Sicherheitsrat eine entsprechende Resolution verabschiedete, welche die Beschlagnahme von Vermögen einzelner verdächtiger Individuen gestattet, die auf einer UN-Liste aufgeführt sind, gilt als Erfolg der eifriger Bemühungen amerikanischer Diplomaten, so die Washington Post.

Der Misserfolg der Kampagne sei zum einen dem trickreichen finanziellen Gebaren der Hintermänner zuzuschreiben und andrerseits der strengen Gesetzgebung vieler Länder, die für derartige Zugriffe auf Konten, wie sie der "Finanzkrieg" erfordere, eindeutige Beweise verlange. Vor allem in EU-Ländern, in Lichtenstein und in der Schweiz erschwerten "legale Verpflichtungen" effektive Operationen.

Mindestens 30 Millionen Dollar - manche schätzen die Summe sogar auf bis zu 300 Millionen - wurde von Al Quaida -Hintermännern in Nordafrika, dem Mittleren Osten und in Asien für die Organisation lockergemacht. Darin eingeschlossen, wird berichtet, seien auch Gelder aus Einlagen von Mauritius, Singapur, Malaysia, den Philippinen und Panama.

Trotz der Anfangserfolge des finanziellen Feldzuges gegen Al Quaida im Aufstöbern von Konten und im Einfrieren von Geldern sei die Kampanie an einen frustrierenden Punkt angelangt. Viele Bankkonten in Dubai, Hong Kong, London, Malaysia und Wien würden von unidentifizierten Mittelsmännern geführt. Ebenso schwierig sei es, den privaten Spenden an die Gruppe, geschätzte 16 Millionen Dollar, auf die Spur zu kommen, die "Identifizierung" scheint unmöglich. Dazu kommt, dass sich Gruppe anscheinend zu einem "Anlage"-Wechsel entschlossen hat. Wie zu Ali Babas Zeiten werden die Vermögenswerte mehr und mehr in Edelmetalle und Juwelen angelegt, die gegenüber Einfrierungsmaßnahmen bekanntlich ziemlich resistent sind. Außerdem werde viel Geld über so genannte "Hawalas", informelle Geldwechsel-Netzwerke - "virtually impossible to trace" - transferiert. Wie der Bericht weiter mitteilt, würden die Fonds darüber hinaus beständig von einem Geldstrom aus illegalen Geschäften wie Schmuggel, Raub, Kreditkartenbetrug und allerlei Kleinkriminalität aufgefrischt.

Weiterhin macht der UN-Bericht unangemessene Buchprüfungen von religiösen Einrichtungen und die vor allem "laxen" Grenzkontrollen in Europa durch das Schengener Abkommen für die Schwierigkeiten im Vorgehen gegen Al Quaidas Sponsor-Netz verantwortlich.

So würde das Computersystem, das die Grenzen der Schengener-Mitgliedsstaaten überwacht, in seiner Datenbank nur 40 Namen der 219 verdächtigen Personen auf der UN-Liste führen, weil die nationalen Gesetzgebungen verschiedener Mitgliedstaaten es verbiete, Namen von Bürgern auf einer solchen Liste zu setzen, wenn keine beweiskräftige gesetzliche Gründe dafür vorlägen.

Solange sich die US- und andere Regierungen nicht dazu entschlössen, umfassende Informationen über verdächtigte Mitglieder von Al Quaida weiterzugeben, warnt das UN-Papier, sei die Gefahr groß, dass Konfusion und Verwirrung angesichts unterschiedlicher Namenslisten jede Anstrengung untergrabe, den finanziellen Nährboden der Gruppierungen auszutrocknen.