Luftangriffe auf syrisches Erdbebengebiet: Flughafen außer Betrieb
Israelische und türkische Armee griffen in den letzten Wochen im Katastrophengebiet an. Flughafen Aleppo vorübergehend geschlossen. Hilfslieferungen erschwert.
Weder für das türkische noch für das israelische Militär war das verheerende Erdbeben am 6. Februar mit mehr als 50.000 Toten und Millionen Obdachlosen bisher ein Grund, Angriffe auf die betroffenen Teile Syriens zu unterlassen.
Laut einem Bericht der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur Sana musste der Flughafen Aleppo wegen eines israelischen Luftangriffs am frühen Dienstagmorgen außer Betrieb gehen – Start- und Landebahn seien beschädigt. Der Flughafen war zuvor für Hilfslieferungen aus mehreren Staaten genutzt worden.
Um 2.07 Uhr Ortszeit sei der israelische Luftangriff vom Mittelmeer westlich von Latakia aus erfolgt, berichtete Sana unter Berufung auf eine Militärquelle. Die Sachschäden hätten eine vorübergehende Schließung des Airports erfordert, sämtliche Flüge seien gestrichen worden. Berichte über Tote oder Verletzte gab es zunächst nicht. Die israelischen Streitkräfte kommentieren Berichte wie diesen in der Regel nicht.
Grundsätzlich wird von israelischer Seite betont, man werde nicht zulassen, dass der Iran als Verbündeter der syrischen Regierung von Baschar al-Assad in Damaskus seinen Einfluss in der Region ausbaut. Türkische Angriffe auf selbstverwaltete Teile Nord- und Ostsyriens werden unterdessen damit begründet, dass die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und die syrisch-kurdischen Volksverteidigungskräfte (YPG) von dort aus türkische Interessen bedrohten.
Direkt nach dem Erdbeben der Stärke 7,8 hatte die türkische Armee das Gebiet mit schwerer Artillerie beschossen und mit Drohnen angegriffen. Nach Angaben der Verwaltung der Autonomen Administration (AANES) folgten mindestens zwei Dutzend weitere Angriffe der türkischen Armee und dschihadistischer Hilfstruppen vom Boden aus, zusätzlich zu mehreren Luftschlägen.
Waffenstillstand ignoriert
Die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), zu denen auch die YPG und die Frauenverteidigungseinheiten (YPJ) gehören, hatten kurz nach dem Erdbeben einen Waffenstillstand ausgerufen.
Die deutsche Bundesregierung hielt sich zum Agieren des türkischen Nato-Partners zunächst bedeckt. In einer Antwort auf eine schriftliche Anfrage der Abgeordneten Cornelia Möhring (Die Linke) forderte sie aber zuletzt "alle Akteure" dazu auf, die Kampfhandlungen im syrischen Erdbebengebiet vorerst einzustellen. Schuldzuweisungen wurden in der Antwort jedoch vermieden.
Hinsichtlich der Medienberichte über Beschuss von Stellungen der syrischen Kurdenmiliz YPG durch das türkische Militär sowie über Beschuss von Oppositionsgebieten durch das Assad-Regime in Nordwestsyrien in den Tagen nach dem verheerenden Erdbeben ruft die Bundesregierung alle Akteure vor Ort auf, angesichts der katastrophalen Auswirkungen des Bebens alle Kampfhandlungen einzustellen, die Waffen ruhen zu lassen, internationale Hilfslieferungen ungehindert passieren zu lassen und alle verfügbaren Ressourcen für die Bergung und Versorgung der Opfer zu mobilisieren.
Aus der Antwort der Bundesregierung auf die schriftliche Anfrage von Cornelia Möhring (Die Linke)
Der türkischen Behauptung einer von YPG-Kämpfern ausgelösten Selbstverteidigungslage widersprach die Bundesregierung damit nicht.
Die kurdische Nachrichtenagentur ANF kritisierte am Dienstag, dass damit implizit die Waffenruhe der QSD negiert werde – sie würden so "mit den türkischen Aggressoren, die willkürlich Zivilist:innen beschießen und unzählige Menschen vertreiben", auf eine Stufe gestellt.