METI und Active SETI
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Wie gefährlich ist ein Kontakt via Licht- und Radiowellen? Interstellare Büchse der Pandora? Teil 2
Das stärkste Radiosignal, das unseren Planeten jemals verlassen hat, sandte der SETI-Pionier Frank Drake im November 1974 mit der 305-Meter-Schüssel des Arecibo-Radioteleskops (Puerto Rico). War damals die 180-sekündige Piktogramm-Botschaft noch recht simpel gestrickt, so hat der russische Physiker Alexander L. Zaitsev indes zwar schwächere, dafür aber umso häufiger weitaus informationsreichere Nachrichten ins All gepulst. Bis 2008 nutzte er praktisch jede sich ihm bietende Gelegenheit, um interplanetare Datenpakete zu verschicken. Heute ist es um ihn ruhig geworden. Derweil verlassen nur noch private, größtenteils naive Grußbotschaften unseren Planeten, die für Außerirdische bestimmt sind.
Teil 1: Unerwünschte kosmische Flaschenpost
Seitdem der russische Radioastronom und Chefwissenschaftler des "Instituts für Radiotechnik und -elektronik" der "Russischen Akademie der Wissenschaften" Alexander L. Zaitsev gezielt Funkbotschaften ins All sendet, eilt ihm in der SETI-Szene (SETI = Search for Extraterrestrial Intelligence) der Ruf voraus, ein leicht überspannter und exaltierter Sonderling zu sein, der zu Aktivitäten neigt, die theoretisch gefährlicher Natur sein könnten.
METI, Active SETI und CETI
Mögen ihn daher viele Radioastronomen als exzentrisch hinstellen - ein Spinner und Esoteriker ist Zaitsev beileibe nicht, kann er doch auf eine sehenswerte wissenschaftliche Karriere zurückblicken. Immerhin erhielt der heute 64-jährige Russe 1985 für die Erforschung der Planeten Merkur, Venus und Mars mit Radarstrahlen den Wissenschaftspreis der damaligen sowjetischen Regierung und vier Jahre später die Koroliov-Goldmedaille der sowjetischen Raumfahrtbehörde. In Anerkennung einer erfolgreichen Asteroidenobservation - er verfolgte und analysierte 1992 erneut mithilfe von Radarstrahlen den Flug eines 3,6 Millionen Kilometer von der Erde entfernten Asteroiden - wurde selbiger Himmelskörper nach ihm benannt.
Seit 1999 widmet sich Zaitsev verstärkt einem Projekt, das er selbst auf den Namen METI (Messaging to Extraterrestrial Intelligence = Versenden von Botschaften an außerirdische Intelligenzen) getauft hat. Im Unterschied zu "Active SETI", das Zaitsevs Ansicht nach eher auf Botschaften wie die Arecibo-Nachricht abzielt, die an ein 25.000 Lichtjahre entfernte Zielgebiet gerichtet war, beinhaltet METI das Entsenden von Signalen an erdnahe Sternsysteme. Zaitsev sieht aber einen noch weiteren Unterschied:
Im Gegensatz zu ,Active SETI’ verfolgt METI nicht eine lokale, sondern eine mehr globale Absicht - nämlich das große Schweigen im Universum zu überwinden und den außerirdischen Nachbarn die lange erwartete Botschaft zu verkünden: Ihr seid nicht allein!
Auch wenn diese Definition in SETI-Kreisen allerdings nicht gängig ist, so hat indes das veraltete Kürzel BETI (Broadcast to Extraterrestrial Intelligence = Radiosendungen an außerirdische Intelligenzen) ausgedient. An seine Stelle ist das Akronym CETI (Communication with Extraterrestrial Intelligence = Kommunikation mit außerirdischen Intelligenzen) gerückt, das oft mit METI, "Active SETI" oder BETI in einem Atemzug genannt wird, das aber eher als Überbegriff aller Varianten verstanden werden sollte, zumal es auch auf den Fall der Fälle zutrifft, wenn ein "First Contact" in einen Dialog übergeht.
Cosmic Calls
Genau ein Vierteljahrhundert nach der legendären Arecibo-Botschaft Drakes - die strenggenommen erste von Menschen durchgeführte METI-Aktion - schickte Zaitsev in Kooperation mit der russischen RSC Energia Ltd. 1999 das erste interstellare Postpaket raus. Verantwortlich für den Inhalt der kosmischen Mitteilung waren die beiden kanadischen Physiker und Hobby-SETI-Forscher Stéphane Dumas und Yvan Dutil. Sie sorgten dafür, dass sich die erstellten Piktogramm- und Schriftsymbole beim ersten "Cosmic Call" auf sage und schreibe 23 Seiten verteilten - und ermöglichten auch vier Jahre später den zweiten "Cosmic Call". Beide Sendungen finanzierte ein texanisches Startup-Unternehmen, das 2004 wieder das Zeitliche segnete. Wer zahlungswillig war, konnte für knapp 15 Dollar "Porto-Kosten" sein ganz persönliches Schreiben an ETI aufsetzen und abschicken.
Inhaltlich warteten beide "Cosmic Calls" mit wissenschaftlichen Details aus den Gebieten der Astronomie, Biologie, Geografie und Kosmologie auf, die nach Ansicht ihrer Verfasser universellen Status hatten und somit am besten geeignet für eine Kommunikation schienen. So zierten eine Darstellung der DNA, ein Abbild eines Menschenpaars und das Periodensystem der Elemente die Tafeln. Abgerundet wurden die Bits und Bytes mit Informationen über die menschliche Natur, den Planeten Erde und das Sonnensystem. Und mit einem Appell an die unbekannten Empfänger baten die Macher der Nachricht um eine möglichst zügige Antwort. Zaitsev verfolgte damit ein bestimmtes Ziel:
Im Gegensatz zu vielen führenden SETI-Forschern glauben wir, dass […] nicht eine Handvoll elitärer Forscher für die Erde sprechen sollte, sondern die Menschen selbst […].
Damit die "Cosmic Calls" nicht Gefahr liefen, während der Transmission im Rauschen des kosmischen Äthers unterzugehen, konfigurierten die beiden Kanadier die Daten unter Anwendung einer speziellen Software höchst geschickt und versahen die 370967 Bits an Information mit besonders störungsresistenten Zeichen. Da die leistungsstarken Radioteleskope in Arecibo und Goldstone nicht zur Verfügung standen, wichen die beiden Kanadier auf das Evpatoria-Planetary-Radiotelescope aus und sendeten innerhalb des Radiobereichs von sechs Zentimetern (5-Ghz-Band), wo das Signal nur geringen Störungen ausgesetzt war.
Während beider Durchläufe visierten sie neun sonnenähnliche Sterne in einem Umkreis von 40 bis 70 Lichtjahren an und pulsten mit dem 150-Kilowatt-Transmitter der 70-Meter-Schüssel in der Ukraine insgesamt drei Mal zirka drei Stunden lang Einsen, Nullen und Pausenzeichen in Richtung der erdnahen Sterne.
So ganz fehlerfrei kam die erste Botschaft jedoch nicht beim Empfänger an. Noch bevor das Schreiben auf seine Reise ging, bemerkte der niederländische Programmierer Paul Houx, dass an zwei Stellen der Botschaft ein Gleichheitszeichen durch ein falsches Symbol dargestellt war. Eine Korrektur war damals jedoch nicht mehr möglich, da das russische Evpatoria-Observatorium vor elf Jahren noch über keinen Internetzugang verfügte und infolge des Zeitdrucks (das Teleskop war nur für eine kurze Zeit angemietet) eine Modifikation nicht mehr durchführbar war. Diese fand erst 2003 beim zweiten "Cosmic Call" Berücksichtigung, der im Gegensatz zu dem von 1999 mit einem veränderten Format, mit neuen und noch störungsresistenteren Symbolen aufwartete und sich vor allem nicht mehr länger auf 23 Seiten ausdehnte.