Macron: Alternativlos gegen rechte Systemgegner?

Archivfoto: Emmanuel Macron, Mai 2017/kremlin.ru/ CC BY 4.0

Zwei Umfragen bestätigen die Wahlkampf-Lieblingsrolle des französischen Präsidenten. Die Gelbwesten verlieren an Unterstützung; die linke Konkurrenz ist abgeschlagen und zerstreut

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Macron wird die jüngsten Umfragen mögen. Die bis dato politisch stärkste Opposition im Land, die Gelben Westen, verlieren an Rückhalt, wie eine Odoxa-Umfrage meldet: Die Mehrheit der Befragten, 55 Prozent, wünschen sich demnach einen Stopp der Bewegung.

Unpopulär, umstritten, aber konkurrenzlos

Die Popularitätskurve des Präsidenten, die lange Zeit weit unten im Keller war, zeigt dagegen wieder Richtung Tageslicht. 32 Prozent sind derzeit der Auffassung, dass er ein "guter Präsident" ("un bon président de la République") ist. Was zwar auch heißt, dass ihn die große Mehrheit - nämlich mehr als zwei Drittel, 68 Prozent - nicht für einen guten Präsidenten hält. Aber der Wert ist dennoch eine Verbesserung, die ihn freuen wird. Denn er hat sich damit aus einem Tief im Dezember herausgearbeitet (+ 5 Punkte), das mit den Demonstrationen der Gelbwesten in Zusammenhang gebracht wird.

Freuen wird ihn auch, dass die Konkurrenten aus anderen Parteien ebenfalls keine glänzenden Werte vorweisen können. Zumindest kommentiert es die Zeitung La Voix du Nord gleich ganz definitiv: "Seine Gegner sind aus dem Rennen".

Unterlegt wird die steile Behauptung mit nicht so eindeutigem Zahlenmaterial: Marine Le Pen, 52 Prozent Ablehnung und 50 Prozent Ablehnung für Jean-Luc Mélenchon. Beide Werte sind weit vom riesigen Anteil an Ablehnung entfernt, mit dem Macron zu kämpfen hat.

Allerdings sieht es tatsächlich nicht gut für die Konkurrenz aus, wie eine andere Umfrage bestätigt. Diese hat mit 10.000 Befragten eine beachtliche Grundlage. Sie stammt von Ipsos Sopra-Steria und Cevipof und wurde im Auftrag von Le Monde durchgeführt. In dieser Umfrage geht es um die Europawahlen im Mai. Die besten Aussichten werden Macron zugeschrieben.

Seiner Partei La République en Marche (LRM) werden 23 Prozent zugesprochen, der stärkste Konkurrent ist wieder einmal die Partei Marine Le Pens, die früher Front national hieß und jetzt Rassemblement national. Sie würde laut Umfrage 21 Prozent erhalten (bzw. 19 Prozent, falls die Gelbwesten mit einer eigenen Kandidatenliste antreten). (Ergänzung: In einer anderen Umfrage ist der Vorsprung der Macron-Partei vor der von Le Pen noch ausgeprägter, wie Eric Bonse hinweist. Dort bekommt LRM 25 Prozent und RN 18 Prozent).

Die anderen Parteien folgen mit großem Abstand. An dritter Stelle würden die Republikaner (LR) liegen mit nur 12 Prozent (ihr früherer Kandidat Fillon konnte beim Präsidentschaftswahlkampf noch knapp 20 Prozent erzielen).

Die Linke ist zersplittert. La France insoumise (LFI) von Jean-Luc Mélenchon, (der beim Präsidentschaftswahlkampf noch 19,6 Prozent erhielt), käme der Umfrage zufolge derzeit nur auf einen Wert zwischen 8 und 8,5 Prozent. Die Sozialdemokraten, der Rumpf des PS käme auf Werte zwischen 5 und 5,5 Prozent. Insgleichen deren Abspaltung Génération.s. unter Leitung des früheren Präsidentschaftskandidaten des PS, Benoît Hamon.

Die Grünen würden auf beachtliche 8 bis 8,5 Prozent kommen.

Nur 22 Prozent der Franzosen denken, dass es Le Pen "besser macht"

Macron hat nicht abgedankt, wie es die politisch unerfahrenen "Facebook-Repräsentanten" der Gilet jaunes, z.B. Eric Drouet oder Maxime Nicolle, verkündeten und wie es auf vielen Rücken und Plakate der Gelbwesten gefordert wird. Der Wunsch ist nicht in Erfüllung gegangen (auch wenn Macron eine Zeit lang unsicher war, er bewege sich auf Eis, sagte er vor ein paar Wochen).

Stattdessen ist Macron genau wieder da, wo er vor der Präsidentschaftswahl 2017 schon positioniert wurde: auf dem Posten der alternativ- oder konkurrenzlosen Alternative zu Le Pen bzw. auf Europaebene zu den Rechten wie Salvini oder Orbán, die Macron ja schon als Gegner herausgestellt hat.

Die Parallelen zum erfolgreichen Präsidentschaftswahlkampf 2017 gehen noch weiter. Auch für die Europawahlen Ende Mai prognostiziert die Ipsos-Umfrage einen Trend zur Stimmenthaltung. Nur 42 Prozent der Befragten würden sich als entschlossene Wähler ausweisen. Auch darüber, wo sie die Kreuze setzen wollen, äußerten sich die Befragten größtenteils noch unentschlossen.

Einzig die Partei Macrons und die Partei Le Pens können auf einen hohen Anteil entschlossener Stammwähler zählen (bei den beiden Parteien liegt er auf über 70 Prozent, bei den anderen ist er bei 50 Prozent und darunter).

Ein anderes bemerkenswertes Ergebnis:

Nur 36 Prozent der Befragten gaben an, dass sie abstimmen werden, um ihre Opposition zum Staatspräsidenten und zur Regierung auszudrücken. Es trifft also zu, dass er (Macron) von der mangelnden Glaubwürdigkeit seiner Hauptkonkurrenten profitiert: Nur 22 Prozent der Franzosen denken, dass es Le Pen "besser als er" macht, wenn sie Präsidentin wäre, Jean-Luc Mélenchon (La France insoumise, LFI), Laurent Wauquiez (Les Républicains, LR) und Olivier Faure (Parti socialiste) würden bei diesem Punkt 16 Prozent, 12 Prozent und 8 % Prozent bekommen.

Le Monde

Nun sind aber weder Macron noch Le Pen noch Mélenchon Spitzenkandidaten bei den Wahlen zum EU-Parlament. Zum anderen ist das Stimmungsbild "volatil". Das bewahrheitete sich - in beschränktem Maße - auch bei den Gelben Westen. Diese konnten entgegen der Erwartung am vergangenen Wochenende wieder mehr Teilnehmer mobilisieren. Die eingangs genannte Umfrage fand an den Tagen zuvor, am 20. und 21. Februar, statt. Sie berücksichtigte knapp über 1.000 repräsentativ ausgewählte Teilnehmer (ungefähr so viel wie beim ARD-Deutschlandtrend).

Es wäre interessant zu erfahren, auf was sich der Rückgang der Unterstützung genau bezieht. Der Trend in den Umfragen ist, wie aus einer Grafik abzulesen, deutlich: ein steter Niedergang von 66 Prozent Unterstützung für die Gilets jaunes am 22. November bis gegenwärtig auf nur mehr 45 Prozent. Die Schlagzeilen, die die Demonstrationen machten, mit den Stichworten "Gewalt und Antisemitismus" haben sicher eine Rolle zugunsten der Regierung gespielt.

An der Abwertung der Protestbewegung hat die Darstellung (das "Framing") in den Medien einen großen Anteil, wie hier mehrmals berichtet wurde. Dazu kommt aber auch, dass die Äußerungen von Wortführer nicht so beschaffen sind, dass sie diesen Vorurteilen ein eigenes politisches Gewicht hätten entgegenstellen können. (Ergänzung: Die beiden genannten prominenten Medienfiguren Eric Drouet oder Maxime Nicolle betonen, dass sie keine Wortführer sind, werden aber als Organisatoren von Veranstaltungen der Gilets jaunes und Hinweisgeber dessenungeachtet als solche instrumentalisiert, was beide mit Stellungnahmen zu wichtigen Themen dann wiederum auch bestätigen.)

Solange die Linken in ihren jeweiligen Lagern bleiben, hat Macron nicht viel zu befürchten, das ist der andere Schluss aus den beiden Umfragen - denen sicher noch weitere folgen ….