Mali: "Russland, hilf!"
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Hintergrund zum Anschlag der Jihadisten in Gao. Einsatz der Bundeswehr "teuer und gefährlich"
Ein mit Sprengstoff beladener LKW, der sich im Hof der angegriffenen Kaserne in einen Feuerball verwandelt, und 77 Tote: Das ist die vorläufige Bilanz des verheerenden Selbstmordattentats vom vergangenen Mittwoch (19. Januar) in Gao im Norden Malis.
Ein Jihadist hatte nicht zufällig gerade jene Kaserne angegriffen, in welcher frühere Kombattanten verfeindeter Konfliktparteien - aus den Reihen der Tuareg-Separatisten, die 2012 den Norden Malis vorübergehend vom übrigen Land abspalteten, sowie der auf Regierungsseite kämpfenden loyalistischen "Plattform" - zu gemeinsamen Patrouillen ausgebildet wurden. Dort sollte die ehemaligen verfeindeten Kämpfer unter eine gemeinsame Uniform gesteckt und in die Armee des westafrikanischen Landes eingegliedert werden.
Das Friedensabkommen
Im Juni 2015 war in der Hauptstadt Bamako ein "Friedensabkommen" für den Norden des Landes feierlich unterzeichnet worden, das seit dem 1. September 2014 in Algier mühsam ausgehandelt worden war.
Das Attentat, das bislang schwerste in der Region, zielte darauf, diesen Prozess der Konfliktüberwindung rückgängig zu machen. Zu ihm hat sich mittlerweile die jihadistische Gruppe der Mourabitoun - das ist die arabische Bezeichnung der Almoraviden, einer Dynastie, die vor mehreren Jahrhunderten über Nordafrika herrschte - bekannt.
Mokhtar Belmokthar, der Bin Laden der Sahara
Diese Gruppierung wird von dem, in der Vergangenheit mehrfach für tot erklärten, Algerier Mokhtar Belmokthar geleitet. Im Wesentlichen besteht sie nicht aus Staatsangehörigen Malis, sondern aus nordafrikanischen Arabern. Die dortigen radikalen Islamisten wichen nach dem Scheitern ihres Versuchs einer Machtübernahme in Algerien, das von 1992 bis 1998/1999 von einem Bürgerkrieg erschüttert wurde, in die Wüstengebiete und später in die weiter südlich angrenzende Sahelzone aus.
In dem Bekennerschreiben erklärten die Mourabitoun, es gehe ihnen darum, Gruppen anzugreifen, die mit den "Besatzern" aus Frankreich verbündet sind. Fünf Tage vor dem Attentat hatte der französische Präsident François Hollande Truppenteile seines Landes vor Ort in Gao besucht.
Teurer und gefährlicher Einsatz der Bundeswehr
Gao ist auch ein Standort, an dem die deutsche Bundeswehr stationiert ist. Erst jüngst wurde in Berlin angekündigt, den dortigen deutschen Armeeeinsatz auf bis zu 1.000 Soldaten auszuweiten. Dies muss vom Bundestag noch abgesegnet werden. Bislang war infolge eines Beschlusses vom Januar 2016 von bis zu 650 Soldaten die Rede, welche die UN-Puffertruppe MINUSMA (Mission zur Stabilisierung Malis) aufstocken sollten.
Unterdessen berichtete der Spiegel über diesen Einsatz und bezeichnete ihn zusammenfassend als "teuer, gefährlich, langwierig" - und ohne Aussicht darauf, das Land "befrieden" zu können. François Hollande seinerseits hatte am 14. Januar dieses Jahres angegeben, die französische Militärpräsenz in der Region werde "von langer Dauer" sein.
Neben den Schwierigkeiten, die die Geographie im ausgedehnten und wüstenhaften Norden Malis mit sich bringt, stellen sich auch politische Fragen bezüglich des Einsatzes der französischen Armee, welche die UN-Truppe - und also die Bundeswehr als deren Komponente - verstärken soll.
Die französischen Truppen der Operation Barkhane sollen dabei die Kampfeinsätze gegen Jihadisten übernehmen; im vergangenen Jahr soll sie 150 Jihadisten getötet oder gefangengenommen haben. Die UN-Truppe mit über 11.000 Mann soll ihr daneben als Puffertruppe, also "friedenserhaltende Mission", zur Seite stehen.
Abneigung gegen Frankreichs Einsatz
Frankreich, das in Teilen der Gesellschaft in Mali als Verbündeter einer, vor allem um Selbstversorgung einer schmalen Elite bekümmerten Regierung in Bamako betrachtet wird, entrinnt der wachsenden Abneigung gegen die Regierenden nicht. Zum Einen hinderte die französische Armee mehrfach malische Truppen daran, die im Nordosten des Staatsgebiets liegende Bezirkshauptstadt Kidal einzunehmen.
Dort haben Tuareg-Sezessionisten, die in jüngerer Vergangenheit mal mit Jihadisten und mal mit den französischen Truppen wechselnde Bündnisse eingingen, nach wie vor das Sagen. Frankreich wird ein Doppelspiel zwischen ihnen und der Zentralregierung in Bamako vorgeworfen.
Dass nun umgekehrt in jüngster Zeit die französische Regierung gegenüber Letzterer einen schärferen Tonfall einschlägt, verbessert die Beziehungen kaum. Frankreichs Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian sprach am 06. November 2016 indirekt von einem Scheitern der Intervention und der militärischen Anstrengungen in Mali, schob den einheimischen Behörden dafür die Schuld zu und forderte von diesen "Initiativen für die bessere Integration der Völker in Nordmali in die staatliche Gemeinschaft".
Nachdem erst im Frühjahr 2016 ein Autonomiegesetz in Kraft trat, das zwei neue Regionen im Norden schafft und mit einer weitgehenden Dezentralisierung einhergeht - de facto im finanziellen Interesse neuer örtlicher Eliten -, kehrte er dabei unter den Tisch.