"Man kann nur gewinnen, wenn man bereit ist zu verlieren"
- "Man kann nur gewinnen, wenn man bereit ist zu verlieren"
- Wir machten "video hits": Wir rammten Schiffe"
- Jemand muss gegen die bösen Jungs aufstehen
- Als das Geld kam, gab es eine große Wende
- Revolutionen werden von Individuen getragen, die schwieriger zu kontrollieren sind
- Auf einer Seite lesen
Peter Jay Brown über den Weg von Sea Shepherd von der Graswurzelbewegung zum Geld
Peter J. Brown veröffentlichte 2011 den Dokumentarfilm "Bekenntnisse eines Öko-Terroristen" zur umweltaktivistischen Organisation Sea Shepherd Conservation Society. Darin schildert er die Kampagnen der NGO. Die Proteste gegen Walfang und gegen die Robbenjagd fanden bereits Mitte der 1970er Jahre statt. Sea Shepherd wurden 1977 vom Greenpeace-Abtrünnigen Paul Watson gegründet. Seitdem positionieren sich die Tierschutzaktivisten in den Medien.
Immer wieder werden sie als moderne Piraten bezeichnet. Das mag auch mit dem Konzept der direkten Aktion zusammenhängen; nicht immer wurden die Konflikte, die sich aus einem Konfrontationskurs ergeben können, mitbedacht. Doch darin liegt die Kraft der Bewegung, glaubt man dem Aktivist der frühen Stunde, Peter J. Brown.
Brown stieß als Freiwilliger zur NGO. Sein noch dieses Jahr erscheinender zweiter Film arbeitet den zunehmenden Wandel auf, "wie die Presse gewonnen hatte", wie er lachend einräumt. Im ersten Film manipulierten Sea Shepherd noch die Medien, im zweiten Film zeigen sich veränderte Machtrollen.
Peter Brown legt Wert auf die Feststellung, dass er weder ein Mitglied der Sea Shepherd Conservation Society ist, noch für sie spricht. Aus erster Hand hat er jedoch die Entwicklung der Tierschutzaktivisten mitbekommen. Die Innensicht wurde zur Außensicht. Der Filmemacher gibt eine Einschätzung des neuen Kurses, den die Sea Shepherd-Organisation eingeschlagen hat.
Können Sie die aktuellen Kampagnen umreißen, für die Sie aktiv sind, oder nehmen Sie sich für Ihren zweiten Film gerade eine Auszeit?
Peter Brown: In den letzten zwei Jahren hatte ich mit Sea Shepherd nichts zu tun. Dafür gab es einen einleuchtenden Grund: Ich arbeitete an einer Kampagne gegen industrielle Aquakultur, also es ging gegen die Fischzucht in der ganzen Welt. Und das endete jetzt im Januar, da die Gelder etwas knapp wurden. Ich bekomme für die Arbeit kein Geld, aber es kostet schon einiges, um die Welt zu reisen. Danach arbeitete ich an der Fortsetzung des "Bekenntnisse eines Öko-Terroristen"-Films. In den letzten zwei Jahren, wie ich gerade ausführte, verfolgte ich eine Kampagne gegen Fischzucht, in Norwegen, Chile, Schottland, Irland, Kanada, den Vereinigten Staaten, Dänemark, den Färöern, Island.
Eine Verbindung zur Sea Shepherd Conservation Society ergibt sich dann aus dem Bezug zur maritimen Kultur im weiteren Sinne?
Peter Brown: Nun, Sea Shepherd ist eine Non-Profit-Organisation, eine NGO. Ich half ihnen von Anfang an, ein erstes Standbein zu erlangen, arbeitete für knapp 30 Jahre mit. Ich war stets als Freiwilliger dabei. Mein richtiger Beruf, also der Job, der meine Rechnungen bezahlte, war TV-Regisseur.
Heute ist es nicht mehr so einfach, Arbeiten von mir an die Sender zu verkaufen. Wenn du im Fernsehgeschäft die 60 überschreitest, wirst du nicht mehr allzu sehr mit Aufträgen bedacht. Sie haben die Vorstellung, dass du dich mit den jungen Leuten nicht auf einer Wellenlänge befindest. Die letzten zwei Jahre habe ich dann für die bereits erwähnte Kampagne gearbeitet. Ich bin ein ziemlich bekannter Aktivist, so dass ich gute Netzwerkarbeit leisten konnte. Das hatte aber nichts mit Sea Shepherd zu tun.
Es geht dabei um mich, ich bin nicht mal ein Mitglied in der Sea-Shepherd-Organisation. Ich meine, ich kenne Paul Watson, er ist eine Art Freund von mir, ist der Patenonkel von einem meiner Kinder. Ich kenne ihn seit Jahren, aber was ich die letzten beiden Jahre getan habe, hatte nichts mit Sea Shepherd zu tun.
Aber Sie werden in diesem Interview dennoch über Sea Shepherd reden wollen?
Peter Brown: Ich habe kein Problem damit, über sie zu reden. Für mich ist letztlich das Thema wichtiger: ob es sich nun um Walfang handelt oder eine andere Sache. In meiner ganzen Laufbahn als Tierschützer habe ich jeder Gruppe geholfen, von deren Sache ich überzeugt war. Man muss schon ehrlich sein und zugeben, dass Paul Watson für einen TV-Regisseur ein dankenswertes Thema ist. So kamen wir zusammen.
Das führt mich zur nächsten Frage, inwiefern Sie eine Objektivität in journalistischen Berichten über die Sea-Shepherd-Aktivitäten beibehalten konnten, wenn Sie selbst als Aktivist an der Sache teilgenommen haben?
Peter Brown: Nur, um das klarzustellen: Ich bin kein Journalist und ich bin auch kein Naturwissenschaftler, aber ich spiele einen, wenn ich im Fernsehen bin. Ich bin ein TV-Regisseur. Ich war der ursprüngliche Produzent der Sendung "Entertainment Tonight". Ich filme Unterhaltungssendungen und bin kein Journalist.
Die Arbeit, die ich als Umweltschutzaktivist bei Sea Shepherd, Greenpeace und bei anderen Gruppen geleistet habe, geschah alles in meiner Freizeit. Ich tat das alles auf freiwilliger Basis, da ich mich mit den Themen der Kampagnen identifizierte, mit dem Erhalt unserer Meere zum Beispiel. Wenn mir mein Beruf die Zeit ließ, zog ich immer mit den Kameras und meinem Talent, meinen Ideen los, um mich den Aktivitäten anzuschließen. Nicht zu vergessen meine Kontakte in das Mediengeschäft. Diese Kontakte halfen ungemein, wenn es darum ging, eine Story zu verbreiten. Und ich würde eine Story erzählen. Ich gab das ganze Filmmaterial oft genug an Nachrichtenreporter weiter, die mit Paul Watson ein Interview führen wollten. Ich gab ihnen das Rohmaterial, aus dem sie dann ihre eigenen Geschichten machen konnten, wenn Sie verstehen, was ich meine.
Um die Sache an sich zu unterstützen …
Peter Brown: Ja, am Ende war ich mehr daran interessiert, die gute Sache zu unterstützen als irgendeiner Gruppe besondere Publicity zu verschaffen. Man kann mich nicht unbedingt als einen großen Teamplayer bezeichnen. (lacht)
Als wir anfingen, scherten sich die Menschen nicht besonders um das Leben der Meeresbewohner
Ich kann mir vorstellen, dass der Öffentlichkeit einige Kampagnen leichter vermittelt werden konnten. Die Aktionen gegen die Hai-Netze waren sicher weniger beliebt als die Seehundrettungsmissionen?
Peter Brown: Ich war ja von Beginn an dabei. Damals, als wir anfingen, scherten sich die Menschen nicht besonders um das Leben der Meeresbewohner. Bob Hunter, Paul Watson und ich studierten alle Medienwissenschaften auf Master. Da wir mit den Medien arbeiteten, wussten wir, wo wir ansetzen mussten, um entsprechendes Publikumsinteresse zu erwecken.
Wale und Seehunde sprechen die Menschen um einiges mehr an als sagen wir Dorsch. Am Anfang wussten wir, dass wir Symbole erschaffen mussten, damit die Menschen sich für unsere Sache erst interessieren konnten. Mit der Zeit entwickelten die Menschen ein größeres Bewusstsein für die Erhaltung dieser Spezies, so dass es für uns einfacher wurde, z.B. Aktionen zum Schutz der Haie zu initiieren. Die Hai-Kampagne war bis zu einem gewissen Grad ziemlich erfolgreich. Es gab eine Zeit, da drohte das Aussterben der Haie, inzwischen gibt es überall auf der Welt Programme zum Schutz der Haie. Man muss die Leute anlocken, wie wenn du bei Kindern statt des Hustensaftes zunächst etwas Erdbeermilch servierst. Die süße vor der bitteren Medizin.
Haie waren in der Öffentlichkeit immer schwerer vermittelbar als die niedlichen Tierarten. In den Vereinigten Staaten sind diese noch beliebter, sobald sie Namen tragen. Willy und was es da noch so gibt. Zu Beginn brauchten wir die Symbole. Heute beschäftige ich mich mit Fischzucht, nicht gerade ein schillerndes Thema. Sea Shepherd beschäftigen sich mit illegalem Fischfang. Auch nicht ein besonders glamouröses Thema.
Heute zeigt sich eine andere Wahrnehmung. Den Menschen ist bewusst, dass alle Meeresbewohner wichtig für unseren Planeten sind. Es wurde für die Naturschützer einfacher, Menschen für andere Themen zu begeistern, wie Erhalt der Küstenlandschaft oder Fischzucht. Es begann mit eher einfacheren Themen (Rettet die Wale!) zu komplexeren Anliegen. Die Öffentlichkeit scheint heute komplexer zu sein.