Mars - Planet des Lebens

In grauer Vorzeit könnte der Mars voller Seen gewesen sein

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Noch vor kurzem geisterte die Meldung durch die Presse, dass NASA-Forscher auf dem viergrößten Jupiter-Trabanten, auf dem Mond Europa, bizarr verkrustete und rissartige Eisplatten entdeckt haben, die sich auf dessen Oberfläche bewegen und ihre Position derart verändern, dass sie eigentlich nur auf einer Flüssigkeit schwimmen können. Da Bioastronomen davon ausgehen, dass auch "anderswo" das Lebenselixier 'Wasser' für die biologische Evolution, so wie wir sie kennen, unabdingbar ist, fokussierte sich schnell alles auf die Frage: Liegt unter der zerklüfteten Eiskruste Europas ein riesiger Ozean, und könnte sich in demselben Leben gebildet haben? Genau diese Frage stellt sich jetzt erneut. Nur dieses Mal geht es um einen uns vertrauten und eng verwandten planetaren Nachbarn.

...fertig ist das Marsgesicht

Genau fünfzig Jahre nach der historischen Apollo-Mondlandung und Neil Armstrongs legendärem kleinen lunaren Schritt, der in der Tat ein großer Sprung für die Menschheit war, sollen Menschen am 20. Juli 2019, so zumindest das Wunschdenken "einiger" NASA-Planer, erstmals den roten Marssand aufwirbeln, so wie es bereits die Robotersonde Viking (1976) und das schuhkartongroße "Sojourner"-Gefährt während der "Pathfinder-Mission" (1997) vorgemacht haben. Die Hauptaufgabe der ersten bemannten Mars-Mission wird auch dann die Suche nach Leben sein.

Einen wichtigen Mosaikstein zur Klärung der schon seit geraumer Zeit heiß diskutierten Frage, ob es in grauer Vorzeit auf dem 'Roten Planeten' Wasser in flüssiger Form gegeben hat, glaubt jetzt die NASA gefunden zu haben. Obgleich die kontroversen Diskussionen um das Mars-Gesicht und den Marsmeteoriten ALH 84001 eine Zeitlang die Gemüter erhitzten, hat die NASA beide Fälle ad acta gelegt und forciert nunmehr die Suche nach "echten" Indizien für extraterrestrisches Leben. Nachdem bereits im Juni dieses Jahres die Forschungssonde Mars Global Surveyor erste Hinweise für die Existenz von Wasser fand, liefert die sondeneigene "Mars Orbiter Camera" (MOC) derzeit neues Bildmaterial, das diese Vermutung zu untermauern scheint. Auf diesem sind frei liegende Felsen und massive Schichtformationen zu erkennen, die nach Ansicht der US-Forscher dafür sprechen, dass die Marsoberfläche vor 3,5 bis 4,3 Milliarden Jahren von Seenlandschaft überzogen gewesen sein könnte. Die geschichtete "Felsnasen" auf der Marsoberfläche bestehen möglicherweise aus Sedimentgestein, berichten Michael C. Malin und Kenneth S. Edgett vom Malin Space Science Systems in San Diego im amerikanischen Fachmagazin "Science", dass am Freitag erscheint.

Die gefundenen Schichten seien so regelmäßig, dass sie kaum ohne den Einfluss von Wasser entstanden sein könnten.

Einige der MOC-Bilder dieser Felsnasen zeigen mehrere Hundert Schichten mit identischer Dicke. Das ist ohne Wasser fast nicht zu erklären,

so Malin. Seiner Einschätzung nach versickerte das Wasser dereinst vermutlich in Kratern, die vor rund 3,5 Milliarden Jahren von Asteroiden in die Marsoberfläche geschlagen wurden. Diese bestehen aus derart porösem Gestein, dass die Marswinde sie inzwischen stark erodiert haben. Die Forscher gehen davon aus, dass damals eine dichtere, wärmere Atmosphäre den Nachbarplaneten bedeckt hat, dass Flüsse die Marsgebirge abgetragen sowie Ton, Schlamm und Sand in die Kraterseen geschwemmt haben. In diesen Seen könnte sich Leben in Gestalt von Mikroorganismen gebildet haben. Auf den Bildern erkannten die Wissenschaftler drei Hauptarten von Felsnasen: sogenannte geschichtete Einheiten, massive Einheiten und dünne Mesa-Einheiten. Sedimente lassen sich zwar auf unterschiedliche Ursachen zurückführen, wie Wind, Wasser, Vulkanismus und kosmische Einschläge, aber das Vorherrschen der Sedimentfelsnasen innerhalb kesselartiger Strukturen weist darauf hin, dass sie durch Wasser abgelagert wurden. Der Theorie nach wurden die Sedimente in regelmäßigen, schnellen Vorgängen in die Seen geschwemmt, wo sie dünnschichtige Einheiten bildeten. Wenn die Gewässer dann ruhten und eine gewisse Tiefe erreicht hatten, so dass die Sedimente sich über längere Zeiten absetzen konnten, bildeten sich massive Einheiten. "Die Sedimentfelsen werden uns mehr über die Frühgeschichte des Mars wissen lassen, und vielleicht auch über die Erde, da wir nicht viele Gesteine aus dieser Zeit auf unserem Planeten haben", erklärt Edgett.

Unter den Planeten unseres Sonnensystems nimmt der Mars in der Tat einen besonderen Platz ein: Er ist der erdähnlichste Himmelskörper und wird schon seit geraumer Zeit von Wissenschaftlern mit besonderem Interesse studiert. Erste Hinweise für das mögliche Vorhandensein von Wasser auf dem Mars sah man in den "Kanälen", "Flussbetten" und "Kraterseen" unseres Nachbarplaneten. Doch ein echter Beweis wurde bis dato nicht gefunden. Nunmehr zeigen die neuen Fotos der Marsoberfläche, dass die Geologie des jungen Mars doch wesentlich dynamischer gewesen war als bislang angenommen.

Einige Formen von Sedimentgesteinen, die die Marssonde aufspürte, erinnern stark an irdische Formationen, wie etwa den Grand Canyon oder die Painted Deserts in den USA. Gleichwohl fanden die Wissenschaftler keine Hinweise auf Ablagerung durch Wind oder vulkanische Eruptionen; und Meteoriteneinschläge könnten wahrscheinlich nicht genügend Sedimente erzeugen. Ganz sicher sind sich die beiden Forscher allerdings noch nicht. Als Alternative bieten sie noch eine exotischere und einzig für den Mars geltende Erklärung für die Schichtgesteine an. Danach könnten Änderungen des atmosphärischen Drucks auf dem urzeitlichen Mars die Bodenschichtungen hervorgerufen haben. Schwankungen in der Menge des festen Kohlendioxids auf der Planetenoberfläche, könnten diese Drücke erzeugt haben und mit ihnen eine größere Fähigkeit, den durch starke Verkraterung hervorgerufenen Staub zu transportieren.

Sollten sich auf dem 'Roten Planeten' während seiner sehr aktiven Frühzeit zu irgendeiner Zeit einmal Organismen entwickelt haben, dann wären - genau wie auch auf der Erde - die Sedimente ideale Grabungsstellen, um nach Fossilien zu forschen. Es könnte durchaus hilfreich sein, wenn die ersten "Marsmenschen" nicht nur über astrobiologische, sondern auch über geologische und paläontologische Kenntnisse verfügten.