Maskenpflicht in der Grundschule
Die übersehenen Nebenwirkungen und die fehlende Verhältnismäßigkeit - eine evidenzbasierte Prüfung
1. Die Verordnung einer Maskenpflicht im Unterricht an Grundschulen
Zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 werden an Schulen zahlreiche Maßnahmen verordnet. So wurde in vielen Bundesländern eine Maskenpflicht ab der 5. Klasse eingeführt. Vor zwei Tagen hat nun die Bundesbildungsministerin Anja Karliczek dafür plädiert, sogar eine Maskenpflicht in der Grundschule einzuführen. Konkret sagte sie gegenüber der Rheinischen Post:
Eine allgemeine Maskenpflicht im Unterricht halte ich in einer Phase hoher Infektionszahlen selbst an Grundschulen ebenfalls für zumutbar, auch wenn das Maskentragen über den Tag natürlich lästig ist. Das Maskentragen ist aber für mich das effektivste Mittel, um Unterricht zu ermöglichen.
In Bayern wurde eine Maskenpflicht im Unterricht in der Grundschule bereits in der Woche vor den Herbstferien umgesetzt und im Zuge der 8. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung weiter verschärft: Seit dem 9. November müssen alle Schüler - also auch Grundschüler - durchgängig im Unterricht sowie auf dem Schulgelände und im Schulbus Masken tragen, unabhängig vom 7-Tage-Inzidenzwert (siehe aktueller bayerischer Rahmenhygieneplan). Ausgenommen sind nur Schüler, welche aus gesundheitlichen Gründen keine Maske tragen können, was mittels eines ärztlichen Attests nachgewiesen werden muss, auf dem die zugrundeliegende Diagnose angegeben sein muss, was eigentlich einen Bruch mit der ärztlichen Schweigepflicht als Grundlage für ein geschütztes Arzt-Patient-Verhältnis und eine mögliche Verletzung der Persönlichkeitsrechte von Kindern darstellt.
Abgenommen werden darf die Maske nur zur Nahrungsaufnahme und wenn das aufsichtführende Personal aus zwingenden pädagogisch-didaktischen oder schulorganisatorischen Gründen eine Ausnahme genehmigt (z.B. beim Sport im Freien wenn ein Mindestabstand von 1,5 m unter allen Beteiligten eingehalten werden kann, bei der Durchführung naturwissenschaftlicher Experimente oder bei Sprechfertigkeitsprüfungen).
Konkret heißt das: Seit dem 9. November müssen in Bayern sogar sechsjährige Kinder durchgängig etwa fünf Stunden pro Tag an fünf Tagen pro Woche Masken tragen. Kommt eine längere Fahrt mit dem Schulbus hinzu, können es bis zu sieben Stunden pro Tag sein, kommt ein Hortbesuch am Nachmittag hinzu, können es bis zu 10 Stunden pro Tag sein.
Im bayerischen Rahmenhygieneplan heißt es dann immerhin, dass für Tragepausen/Erholungsphasen gesorgt werden soll. Allerdings sind diese streng limitiert und auch nicht verpflichtend vorgeschrieben. So heißt es im Rahmenhygieneplan konkret unter Punkt 6.7:
Konkrete Vorgaben zur maximalen Tragedauer bzw. zu Tragepausen von MNBs bestehen nicht. Aufgrund der Verpflichtung zum Tragen einer MNB auch während des Unterrichts, der schulischen Ganztagsangebote bzw. der Mittagsbetreuung soll für Tragepausen/Erholungsphasen gesorgt werden. Schülerinnen und Schülern kann in Ausnahmefällen gestattet werden, die MNB auf den Pausenflächen abzunehmen, wenn für einen ausreichenden Mindestabstand zwischen den Schülerinnen und Schülern gesorgt ist. Ferner kann Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit gewährt werden, während einer Stoßlüftung im Klassenzimmer (vgl. Nr. III. 4.3) die MNB für die Dauer der Stoßlüftung und während der Schulpausen, wenn gelüftet wird, am Sitzplatz im Klassenzimmer abzunehmen.
Der bayerische Rahmenhygieneplan für Schulen geht dabei sogar so weit, dass in Schulen aus Infektionsschutzgründen auf Wiederbelebungsmaßnahmen verzichtet werden darf. So heißt es dort unter Punkt 17, Satz 3:
Im Rahmen der Wiederbelebungsmaßnahme liegt es im Ermessen der handelnden Personen unter Beachtung des Eigenschutzes insbesondere bei unbekannten Hilfebedürftigen notfalls auf die Beatmung zu verzichten.
2. Die Begründungen einer Maskenpflicht in der Grundschule durch die Bundesbildungsministerin und die Bayerische Staatsregierung
Angesichts der Verordnung einer solchen weitreichenden Maskenpflicht an Grundschulen stellt sich die Frage, wie diese inhaltlich eigentlich gerechtfertigt wird. Der bayerische Kultusminister Michael Piazolo begründete die Verordnung der Maskenpflicht im Unterricht für alle Schüler unabhängig von Inzidenzwerten folgendermaßen (nach BR24):
Angesichts des "Lockdown light" wolle man zum Schutz von Lehrern und Schülern eine einheitliche Maskenpflicht haben, sagte Piazolo. "Nicht nur auf dem Schulgelände, sondern auch im Unterricht." Nach dem gestrigen Schulgipfel hatte Piazolo dem BR gesagt: "Je mehr Maske getragen wird, desto länger können wir auch Schulen offen halten."
Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege liefert eine etwas ausführlichere Begründung auf der offiziellen Internetseite. Dort heißt es zur Frage "Warum müssen Kinder grundsätzlich in den Schulen Masken tragen?":
Das Maskentragen während des Unterrichts soll die Aerosolbildung beim Sprechen, die infektiöse Übertragung von SARS-CoV-2 eindämmen und das im Vergleich zum Außenraum höhere Infektionsrisiko in Innenräumen verringern. Das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) ist ein integraler Baustein des AHA-Konzeptes (Abstand - Hygiene - Alltagsmaske), das in Verbindung mit fachgerechtem Lüften dazu geeignet ist, das Infektionsrisiko in Innenräumen nachhaltig zu senken. Damit soll dauerhaft der Präsenzunterricht, der digitalen Unterrichtsformen überlegen ist, ermöglicht werden.
Die Bayerische Staatsregierung verweist also auf den Gesundheitsschutz von Lehrkräften und Schülern. Konkret wird argumentiert, dass das Maskentragen während des Unterrichts die Aerosolbildung beim Sprechen verringern würde und damit die infektiöse Übertragung von SARS-CoV-2 eingedämmt werden könne. Ausgehend davon wird argumentiert, dass das Tragen von Masken ein Mittel wäre, Präsenzunterricht aufrechterhalten zu können.
Eine solche Begründung wirft mehrere Fragen auf. Erstens scheint die Bayerische Staatsregierung das Thema Gesundheitsschutz ausschließlich aus einer virologischen Perspektive zu betrachten. Wie weiter unten ausgeführt, können mit dem langanhaltenden Tragen von Masken zahlreiche Beeinträchtigung auf der Ebene der körperlichen und psychischen Gesundheit von Kindern einhergehen. Diese negativen Nebenwirkungen werden komplett ignoriert, obwohl diese eigentlich bei einer Begründung mit dem Gesundheitsschutz von Schülern unbedingt zu berücksichtigen wären. Interessanterweise werden mögliche negative Nebenwirkungen weder auf der offiziellen Seite des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege noch auf den offiziellen Seiten des Kultusministeriums thematisiert, geschweige denn dem Nutzen einer Maskenpflicht gegenübergestellt.
Zweitens wird implizit angenommen, dass es an Schulen ein relevantes Infektionsrisiko gäbe, welches das Verordnen einer Maskenpflicht zum Schutz der Gesundheit von Lehrkräften und Schülern rechtfertigen würde. Diese Annahme ist allerdings angesichts der aktuellen Zahlen aus Bayern und des Stands der Forschung zum Infektionsgeschehen an Schulen als hoch fragwürdig anzusehen.
Drittens wird davon ausgegangen, dass das Tragen von Masken die Virusübertragung merkbar eindämmen könne. Wie ebenfalls unten genauer ausgeführt, gibt es aber dafür nach wie vor keine wirklich überzeugende empirische Evidenz. Vielmehr besteht bei der Art der Handhabung der Masken bei Grundschülern die Gefahr, dass die Virusübertragung durch das Tragen von Masken sogar eher gefördert wird.
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek geht zwar immerhin davon aus, dass es Nebenwirkungen gibt, wenn sie sagt, dass "das Maskentragen über den Tag natürlich lästig ist". Sie hält diese Nebenwirkungen aber für zumutbar, was kritisch zu hinterfragen ist. Weiterhin geht sie offenbar davon aus, dass mit dem Tragen von Masken in der Grundschule das Infektionsgeschehen in der Bevölkerung eingedämmt werden könne, da sie ihre Empfehlung mit dem hohen Infektionsgeschehen in der Bevölkerung begründet. Auch hier gilt es kritisch zu prüfen, inwiefern durch Maßnahmen auf Schulebene das Infektionsgeschehen überhaupt in relevanter Weise eingedämmt werden kann. Wie weiter unten gezeigt, ist das Infektionsgeschehen an Grundschulen so gering, dass durch Maßnahmen in der Grundschule kein relevanter Effekt erreicht werden kann.
Wie noch genauer herausgearbeitet werden wird, können also zum einen mit dem langanhaltenden Tragen von Masken von Grundschülern weitreichende negative Konsequenzen für das körperliche und psychische Wohl der Kinder einhergehen. Zum anderen gibt es aus aktueller wissenschaftlicher Sicht keine überzeugenden Hinweise, dass das Tragen von Masken in der Grundschule angesichts des äußerst geringen Infektionsgeschehens an Schulen und der nicht zuverlässig nachgewiesenen Wirksamkeit von Masken bei Grundschülern einen relevanten Nutzen haben könnte. Da damit die Nebenwirkungen den Nutzen fundamental überwiegen, ist die Verordnung einer Maskenpflicht im Unterricht an Grundschulen aus der Perspektive einer evidenzbasierten Medizin als fundamental unverhältnismäßig einzuschätzen.
Im Folgenden wird zunächst als Ausgangsbasis darauf eingegangen, dass sich Deutschland als Vertragsstaat eigentlich dazu verpflichtet hat, bei der Entscheidung für Maßnahmen die UN-Kinderrechtskonvention einzuhalten. Anschließend wird zuerst auf die Nebenwirkungen des Tragens von Masken bei Kindern eingegangen, danach auf den Nutzen des Tragens von Masken in der Grundschule. Abschließend wird die Verhältnismäßigkeit der Verordnung einer Maskenpflicht in der Grundschule vor diesen Hintergründen kritisch beleuchtet.
3. Ausgangsbasis: Die UN-Kinderrechte
Als Ausgangspunkt ist es wichtig auf einen bedeutsamen Punkt hinzuweisen: Deutschland hat sich als Vertragsstaat dazu verpflichtet, die UN-Kinderrechtskonvention einzuhalten. Dort heißt es in Artikel 3 "Wohl des Kindes":
Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleich viel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.
Im Rahmen des öffentlichen Expertengesprächs der Kinderkommission des Deutschen Bundestages zum Thema Auswirkungen der Corona-Krise auf die Rechte und Lebenslagen von Kindern am 9. September sagte hierzu Prof. Michael Klundt von der Hochschule Magdeburg-Stendal:
Obgleich Bund, Länder und Kommunen auch in Zeiten der Corona-Pandemie zur vollumfänglichen Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet waren und sind, konnte mit dieser Untersuchung nachgewiesen werden, dass dies in der Praxis weitgehend versäumt wurde. So sind nachweislich elementare Schutz-, Fürsorge- und Beteiligungsrechte von circa 13 Millionen Kindern und Jugendlichen verletzt worden. Praktisch alle Entscheidungen und Maßnahmen der Politik seit März/April wurden somit völkerrechtsverstoßend und bundesgesetzwidrig ohne vorrangige Berücksichtigung des Kindeswohls vorgenommen. Die Kinder sind sozusagen aus der Perspektive herausgefallen. An vielen Stellen wurden die Kinder nicht nur ignoriert, die Kinderrechte oder der Kinderschutz hatten auf einmal fast eine ganz neue Wendung bekommen: Der Kindeswohlvorrang ist nicht nur ignoriert worden, sondern es wurde plötzlich aus dem Kinderschutz eigentlich nur der Schutz vor Kindern.
Deutschland hat sich also eigentlich dazu verpflichtet, bei den Entscheidungen über Maßnahmen die in der Kinderrechtskonvention verbrieften Schutz-, Förder- und Beteiligungsrechte von Kindern vorrangig zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden auf die oben angesprochenen Punkte der möglichen negativen Nebenwirkungen und des Nutzens des Tragens von Masken in der Grundschule eingegangen.
4. Die negativen Nebenwirkungen des Tragens von Masken bei Kindern
4.1. Die Empfehlungen der WHO
Das Tragen von Masken kann insbesondere bei Kindern mit zahlreichen negativen körperlichen und psychischen Effekten einhergehen. So schreibt beispielsweise die WHO in ihrer Stellungnahme zum Tragen von Masken bei Kindern (Übersetzung durch den Autor):
Mehrere Studien ergaben, dass Kinder bei der Verwendung von Masken über Faktoren wie Wärme, Reizung, Atembeschwerden, Unbehagen, Ablenkung, geringe soziale Akzeptanz und schlechte Maskenanpassung berichteten.
Daraus wird nachfolgend das übergreifende Grundprinzip abgeleitet:
Erzeugen Sie keinen Schaden: Das Interesse, die Gesundheit und das Wohlbefinden des Kindes sollten priorisiert werden.
Allerdings werden in der Stellungnahme der WHO keine Nebenwirkungen auf psychischer Ebene betrachtet. Diese werden nur insofern einbezogen, dass beispielsweise entwicklungspsychologische Hintergründe beleuchtet werden, ab wann ein Kind dazu fähig ist, eine Maske richtig und zuverlässig zu tragen. Im Folgenden wird nun ausführlicher auf die möglichen körperlichen und psychischen Nebenwirkungen des Maskentragens bei Kindern eingegangen.
4.2. Körperliche Nebenwirkungen
Physiologische Nebenwirkungen
Studien an Erwachsenen zeigen, dass das Tragen von Masken Effekte auf physiologischer Ebene nach sich ziehen kann, insbesondere unter körperlicher Anstrengung. Bereits nach wenigen Minuten findet sich eine etwas höhere CO2-Konzentration im Blut, ein schnellerer Herzschlag und eine schnellere Atmung. Beim stundenlangen Tragen von OP-Masken zeigt sich auch ein Abfall der Sauerstoffsättigung im Blut. Bei unerkannten Vorerkrankungen kann es sogar zu noch schlimmeren Nebenwirkungen wie Panik, Krampfanfällen und Bewusstseinsstörungen kommen.
Ein grundlegendes Problem ist, dass es bisher keine Studien gibt, in welchen sechsjährige Kinder mehrere Stunden pro Tag an fünf Tagen pro Woche Masken tragen. Insbesondere könnten die beschriebenen Effekte bei Kindern stärker ausfallen, weil der Sauerstoffverbrauch bei Kindern höher und die Atemreserve geringer ist, bei Kindern der prozentuale Anteil des Totraumvolumens der Maske am Gesamtatemvolumen größer ist und sich der Durchströmungswiderstand der Maske aufgrund der schwächer ausgeprägten Atemmuskulatur stärker auswirken kann. In der Tat berichten Schüler zunehmend von Kopfschmerzen und Übelkeit - was alles Effekte solcher physiologischen Wirkungen sein können.
Das ist insofern als höchst problematisch einzuschätzen, als dass es bei der staatlichen Verordnung von verpflichtenden Maßnahmen für Millionen von Kinder aus medizinethischer Perspektive eigentlich unbedingt geboten ist, mögliche Risiken vor der Verordnung der Maßnahme zu prüfen und evidenzbasiert auszuschließen bzw. das Risiko zumindest zu quantifizieren. So ist es beispielsweise im beruflichen Bereich Vorschrift, dass die individuelle Eignung einer Person für das Tragen von Atemschutzgeräten von einem Arbeitsmediziner oder Arzt bestätigt und dabei die Arbeitsplatzverhältnisse wie z.B. Klima und Tragedauer berücksichtigt wird.
Hier ist noch ein wichtiger allgemeiner methodischer Aspekt bei der Interpretation von Studien zu möglichen Nebenwirkungen von Masken anzumerken: Es gibt Studien an Erwachsenen, die auf den ersten Blick keine nachteiligen Effekte nachzuweisen scheinen. Ein Beispiel ist eine Studie einer Forschergruppe um Michael Campos, welche weit in den Medien verbreitet wurde und angeblich zeigt, dass selbst lungenkranke Menschen keine physiologischen Effekte des Maskentragens zeigen würden. Allerdings weist diese Studie mehrere methodische Probleme auf, so dass die gemachten Schlussfolgerungen nicht zulässig sind.
In der Studie wird die Nichtexistenz von Nebenwirkungen daraus geschlossen, dass kein statistisch signifikanter Unterschied in den durchschnittlichen physiologischen Werten über die untersuchten Personen hinweg zwischen den Bedingungen mit und ohne Maske zu beobachten war. Das erste Problem ist, dass es statistisch aber so ist, dass bei kleinen Stichproben - in dieser Studie wurden nur 15 gesunde bzw. lungenkranke Personen getestet - existierende Mittelwertunterschiede nur dann statistisch signifikant werden, wenn die Unterschiede sehr groß sind. In der Medizin können aber selbst kleine Effekte durchaus relevant sein.
Das zweite Problem ist, dass ein bloßer Vergleich der Durchschnittswerte über alle untersuchten Personen hinweg wenig Sinn macht, wenn es um mögliche schädliche Wirkungen von Masken geht. Selbst wenn im Mittel kein signifikanter Unterschied auf der Ebene der Gesamtgruppe zu beobachten ist, können bei einzelnen Personen Extremwerte auftreten, welche für die betroffenen Personen stark beeinträchtigend sind. Und in der Tat, liest man den Artikel genauer, gab es in Wirklichkeit einen frappierenden Effekt. Dort heißt es für die Gruppe der lungenerkrankten Personen (Übersetzung durch den Autor):
Während des 6-minütigen Spaziergangs verringerten Patienten mit schwerer COPD erwartungsgemäß die Sauerstoffversorgung (wobei zwei zusätzlichen Sauerstoff benötigten). Als Gruppe zeigten Patienten mit COPD jedoch nach dem 6-minütigen Gehtest unter Verwendung einer chirurgischen Maske keine wesentlichen physiologischen Veränderungen." bei den Gasaustauschmessungen.
Bei zwei der lungenkranken Patienten zeigten sich also doch fundamentalere Nebenwirkungen, nur auf der Mittelwertsebene zeigt sich im Schnitt über alle Patienten hinweg kein Effekt. Würde man das beispielsweise bei der Medikamentenzulassung zur Regel machen, würde man seltenere Nebenwirkung ab sofort nicht mehr beachten müssen - was fragwürdig ist.
Bei der Interpretation von Studien zu den möglichen Nebenwirkungen von Masken ist es also zum einen wichtig, dass die untersuchte Personengruppe groß genug ist. Zum anderen ist es wichtig, nicht nur auf Durchschnittswerte zu schauen, sondern auch auf Extremwerte, um negative Wirkungen nicht zu übersehen, welche nur wenige Personen betreffen.
Munderkrankungen - der sogenannt "Maskenmund"
Das Tragen von Masken kann mit einer Reihe von Munderkrankungen einhergehen, wie z.B. Karies, Mundgeruch, Zahnfleischentzündungen und Entzündungen der Mundregion - hier wurde sogar der Fachausdruck "Maskenmund" geprägt.
Ansammlung von Viren und Bakterien auf der Maske
Auf den Masken können sich Viren, Bakterien und Pilze ansammeln, welche immer wieder eingeatmet werden und Krankheiten verursachen können, wie beispielsweise Studien zum Tragen von OP-Masken zeigen. Während ausgeatmete Tröpfchen und Aerosole normalerweise beim Ausatmen an die Umgebungsluft abgegeben werden und schnell trocknen, verbleiben diese beim Tragen von Masken in der Maske, mit dem Effekt, dass sich Bakterien und Pilze in der ständig feuchten Umgebung der Maske vermehren können, erneut eingeatmet werden und den Körper belasten können.
Einatmung von in der Maske enthaltenen Mikropartikeln
Beim Tragen von Masken werden Mikropartikel eingeatmet, welche gesundheitliche Konsequenzen haben können. Der Leiter des Hamburger Umweltinstituts, Prof. Michael Braungart, sagte hierzu in einem Interview (zitiert nach Epoch Times):
Das größte Problem, das jedoch kaum jemand in Bezug auf die Gesichtsmasken erwähnen würde, sei folgendes: ‚Viele davon sind aus Polyester gemacht und damit haben Sie ein Mikroplastik-Problem‘, sagte der Leiter des Hamburger Umweltinstituts Professor Dr. Michael Braungart in einem Interview mit Epoch Times. Das könne man deutlich messen. Durch Reibung löse sich das Mikroplastik ab und werde direkt eingeatmet. "Manche Masken enthalten Chlorverbindungen als Plastikschicht. (…) Viele der Gesichtsmasken würden im Allgemeinen Polyester enthalten. ‚Wenn ich die Maske vor dem Gesicht habe, dann atme ich das Mikroplastik natürlich direkt ein", erklärt Braungart. Das sei wie mit den Lösungsmitteln. Beim Einatmen seien diese viel giftiger als wenn man sie schluckt, weil die Giftstoffe direkt ins Nervensystem gehen. Erste Untersuchungen hätten ergeben, dass Mikroplastik oft zu Verhaltensänderungen im Gehirn führe und beispielsweise Depression oder Traurigkeit auslöse.
4.3. Psychische Nebenwirkungen
Auf psychischer Ebene ist bei einer länger andauernden Maskenpflicht mit weitreichenden negativen Effekten hinsichtlich der Entwicklung und Heranreifung von Kindern zu rechnen. In einer aktuellen Überblicksarbeit zu den Nebenwirkungen des Maskentragens auf das emotionale Erleben und die soziale Kommunikation weist der bekannte Neurowissenschaftler Manfred Spitzer auf die drei folgende Probleme hin:
Einschränkung der nonverbalen Kommunikation
Durch das Tragen von Masken wird die nonverbale Kommunikation extrem eingeschränkt, was insbesondere für kleinere Kinder einer der wichtigsten Kanäle für das Entstehen einer tragfähigen sozialen Beziehung darstellt. Weiterhin ist der Gesichtsausdruck einer der zentralen Signale, über welchen wir den eigenen emotionalen Zustand Kommunizieren und den emotionalen Zustand des Gegenübers erschließen, was einer der fundamentalen Bausteine der Entwicklung einer hohen emotionalen und sozialen Kompetenz darstellt. Gerade Kinder müssen es erst noch lernen, diese Signale in den Gesichtern anderer zuverlässig zu deuten.
Negative Verzerrung des emotionalen Erlebens
Hinzu kommt ein weiterer negativer Effekt: Laut Studien wird Angst und Trauer eher aus den Augen abgelesen und Freude eher aus er Mundregion. Weiterhin werden ohne das Signal von der Mundregion emotionale Gesichtsausdrücke fehlgedeutet. Ein eigentlich fröhlicher Gesichtsausdruck wird häufig als ein skeptischer Gesichtsausdruck fehlgedeutet, ein überraschter Gesichtsausdruck wird oft als Ärger oder Trauer fehlgedeutet. Das Tragen von Masken könnte also dazu führen, dass man in den Gesichtern anderer seltener positive und verstärkt negative Emotionen wahrnimmt.
Beeinträchtigung der Empathie
Weiterhin wird die Empathie - das Mitfühlen des emotionalen Zustands des anderen - durch das Tragen von Masken beeinträchtigt. Wie Studien zeigen, nimmt man beim miteinander kommunizieren unbewusst den Gesichtsausdruck des Gegenübers ein und fühlt darüber den inneren Zustand des anderen mit, was durch das Tragen einer Maske verhindert wird.
Zusammenfassend schreibt Manfred Spitzer in einer seiner Überblicksarbeit (Übersetzung durch den Autor):
Das Abdecken der unteren Gesichtshälfte verringert die Fähigkeit zu kommunizieren, zu interpretieren und die Fähigkeit, die emotionalen Ausdrücke der sozialen Interaktionspartner innerlich nachzuempfinden. Positive Emotionen werden weniger erkennbar und negative Emotionen werden verstärkt. Emotionale Mimikry, Ansteckung und Emotionalität im Allgemeinen werden reduziert und dadurch die Bindung zwischen Lehrerenden und Lernenden, der Gruppenzusammenhalt und das Lernen beeinträchtigt - weil Emotionen hierfür einer der wichtigsten Antriebskräfte sind.
Interessanterweise werden die erwähnten psychischen Nebenwirkungen des Maskentragens auch im Bayerischen Gesetz zur Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Kindergärten, anderen Kindertageseinrichtungen und in Tagespflege (BayKiBiG) aufgegriffen. Dort geht es zwar um Kindergartenkinder, aber die entsprechenden Inhalte können auch auf das Grundschulalter übertragen werden. Dort findet sich im Teil 3 zur Sicherung des Kindswohls folgender Artikel:
Artikel 9a: Verbot der Gesichtsverhüllung:
Beschäftigte in Kindertageseinrichtungen dürfen während der Besuchszeit ihr Gesicht nicht verhüllen, es sei denn, betreuungsbedingte Gründe stehen dem entgegen. Satz 1 gilt für Tagespflegepersonen entsprechend.
Auf der offiziellen Seite des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gibt es dazu eine genauere Auslegung. Dort werden die verschiedenen pädagogischen Begründungen zum Verbot der Gesichtsverhüllung genannt:
Auszug aus der Gesetzesbegründung zu Art. 9a BayKiBiG:
Ziel der Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege ist es u.a., Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit zu vermitteln sowie die Kinder zur Integration zu befähigen. Gerade im Bereich des Kleinstkindalters ist es mit Blick auf die Entwicklung eines Kindes essentiell, dass gute pädagogische Arbeit geleistet wird. Diese wäre stark gefährdet, wenn sich das Kind einer betreuenden oder einer anderen in der Kindertageseinrichtung tätigen Person gegenüber befinden würde, die ihr Gesicht nicht zu erkennen gibt.
Die Mimik ist aber wichtig, um die verschiedenen Möglichkeiten der Ausdrucksformen kennenzulernen und verstehen zu können. Des Weiteren verhindert ein verhülltes Gesicht insbesondere Kommunikation und Interaktion zwischen Kindern und Erzieher/in und beeinträchtigt damit den für die Bildung und Erziehung der Kinder unabdingbaren Aufbau von Bindung und Beziehung. Schließlich ist gerade der persönliche und vertraute Kontakt zwischen Kind und Personal enorm wichtig für die frühkindliche Bildung.
Es ist mithin erforderlich, dass Beschäftigte in Kindertageseinrichtungen während der Besuchszeiten sowie bei Veranstaltungen der Einrichtung ihr Gesicht (zwischen Kinn und Stirn) nicht verhüllen. (...) Das Verbot gilt nicht, soweit betreuungsbedingte Gründe dem entgegenstehen. Betreuungsbedingte Gründe wären z.B. eine Verkleidung in einem Rollenspiel oder auf einer Faschingsfeier.
Angesichts dessen, dass die erwähnten negativen Effekte des Maskentragens auf die Entwicklung von Kindern im BayKiBiG als so wichtig empfunden werden, dass dort ein Verbot des Maskentragens gesetzlich vorgegeben wird, ist es umso überraschender, dass keine der erwähnten Nebenwirkungen im Rahmen der aktuellen Verordnung einer Maskenpflicht in der Grundschule - und auch nicht bei den Erzieherinnen und Erziehern im Kinderarten - Beachtung findet.
Hinzu kommt noch eine Reihe von weiteren möglichen psychischen Nebenwirkungen
Einschränkung der Sprachübertragung
Das Tragen von Masken geht weiterhin mit negativen Effekten auf die Sprachübertragung einher. Zum einen werden höhere Frequenzen gedämpft, zum anderen wird das visuelle Signal von den Lippen vollständig behindert, was die verbale Kommunikation beeinträchtigt und mit der Gefahr von Missverständnissen einhergeht. Besonders beeinträchtigend wirkt sich das auf das Erlernen einer neuen Sprache aus, so dass der Fremdsprachenerwerb und insbesondere Kinder mit Migrationshintergrund hiervon betroffen sind.
Gefahr der Diskriminierung
Schließlich gibt es noch negative Nebenwirkungen auf psychischer Ebene für Kinder, welche aus medizinischen Gründen keine Maske tragen dürfen. Hier besteht die Gefahr, dass solche Kinder - begründet mit hygienetechnischen Argumenten - diskriminiert und aus dem sozialen Klassenverbund ausgeschlossen werden, mit negativen Folgen für das psychische und soziale Wohlbefinden. An manchen Schulen gibt es hier höchst fragwürdige Auswüchse.
Mir ist ein Fall bekannt, wo Kinder, die aus medizinischen Gründen keine Maske tragen können, den ganzen Schultag über gelbe Armbinden tragen müssen. In einem anderen Fall ist im Klassenzimmer und im Pausenhof eine Ecke abgeklebt, in der sich Kinder, die aus medizinischen Gründen keine Maske tragen können, aufhalten müssen. Verstärkt wird die Gefahr einer solchen Diskriminierung durch fragwürdige Aussagen von angeblichen Experten in den Medien. So sagte die Jugendpsychiaterin Frau Dr. Biskup-Meyer in einem SZ-Interview zur Maskenpflicht in der Grundschule:
Wenn die Lehrer eine Maske tragen und den Schülern glaubhaft vorgemacht wird, dass dies gerade notwendig ist, dann sind Grundschulkinder sicher diejenigen, die sich am bereitwilligsten daran halten. Dazu gehört auch, dass eine Einheit in der Klasse besteht, weil alle eine Maske tragen.
Wird Kindern durch die Lehrkräfte eine Notwendigkeit des Maskentragens stark vermittelt und entsteht aufgrund sozialer Dynamiken ein entsprechender Gruppendruck, ist die Gefahr umso größer, dass manche Kinder diskriminiert werden.
Hinzu kommt, dass Kinder, welche aus medizinischen Gründen keine Maske tragen dürfen, dadurch in eine psychische Lage kommen, welche für das Kind nicht positiv auflösbar ist. Egal, wie sich das Kind verhält, ergeben sich negative Konsequenzen: Trägt das Kind keine Maske, wird es sozial ausgegrenzt, trägt das Kind die Maske, treten körperliche Leiden ein. Eine solche Lage kann mit sehr negativen psychischen Konsequenzen verbunden sein bis hin zur Entwicklung von psychischen Störungen.
Das Auslösen und Aufrechterhalten von entwicklungspsychologisch unangemessenen Ängsten
Entwicklungspsychologisch gesehen durchläuft ein Kind verschiedene Angstformen. Der Grund ist, dass im Laufe der Entwicklung immer wieder neue mentale Fähigkeiten hinzukommen, welche dem Kind eine bisher unbekannte neue Wahrnehmung der Welt eröffnen, was mit dem Erleben von Ängsten verbunden sein kann. Ein zentraler mentaler Entwicklungsschritt im Vorschul- und Grundschulalter ist die Entwicklung der Phantasiefähigkeit: Ein Kind erwirbt in diesem Alter die Fähigkeit, sich innere Bilder vorzustellen, welche in der aktuellen Situation gar nicht da sind. Dieser Entwicklungsschritt geht mit Ängsten einher, da sich das Kind nun plötzlich Dinge ausmalen kann, die es bisher nicht "sehen" konnte. Ein Beispiel ist, dass ein Kind plötzlich Angst davor entwickelt, dass eine Hexe oder ein Dieb nachts ins Kinderzimmer kommen könnte.
Die entwicklungspsychologische Aufgabe besteht darin, dass das Kind lernt, mit diesen Ängsten gut umzugehen, damit es die Vorteile der neuen mentalen Fähigkeit nutzen kann. Gelingt das nicht, entwickeln sich Angststörungen, welche das Kind in seiner Entwicklung beeinträchtigen. Die Lösung dieser Entwicklungsaufgabe ist deswegen nicht so leicht, weil das Kind denkerisch noch zu unreif ist, als dass es den phantasiebezogenen Ängsten rational viel entgegensetzen könnte. Typischerweise weiß das Kind rational durchaus, dass unter dem Bett keine Hexe sitzt, oder es extrem unwahrscheinlich ist, dass ein Dieb hereinkommt. Die Angst ist aber trotzdem da, weil die Angst aus einer Quelle stammt, die subrational ist.
Die Lösung dieser entwicklungsbezogenen Ängste gelingt dann sehr gut, wenn die erlebten Ängste das Kind nicht übermannen. Dann kann das Kind beispielsweise in der Phantasie den erlebten Ängsten etwas entgegensetzen, was die Ängste eindämmt. Sind die ausgemalten Ängste allerdings zu stark, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein Kind die Angst nicht auflösen kann und zunehmend von Ängsten geplagt ist.
Länger anhaltende Angst wirkt sich auf ganz verschiedenen Ebenen der Psyche problematisch aus. Die Gedanken beginnen beispielsweise um das angstbesetzte Ereignis zu kreisen, so dass das Kind sich nicht mehr auf andere Dinge konzentrieren kann. Auf der Ebene der Motivation wird das vermeidungsbezogene Verhaltenssystem chronisch aktiviert, was dazu führt, dass das Kind nicht mehr Dinge anstrebt, welche es erreichen möchte, sondern die Welt zunehmend durch die Brille möglicher drohender Ereignisse betrachtet, welche es vermeiden möchte. Die Konsequenz ist, dass das Kind in seiner Entwicklung zunehmend stehen bleibt und sich zunehmend zurückzieht. Im Extremfall kann das so weit gehen, dass eine Depression entwickelt wird. Dabei kann es auf der Ebene der Hirnentwicklung zu "biologischen Narben" kommen, was sich in einer lebenslangen erhöhten Vulnerabilität für körperliche und psychosoziale Belastungssituationen niederschlagen kann.
Aus diesem Grund ist es für eine gesunde psychische Entwicklung von Kindern wichtig, diese nicht mit Ängsten zu konfrontieren, welche so stark sind, dass Kinder nicht damit umgehen können. Eine der stärksten Ängste von Kindern ist die Angst davor, ihre Eltern zu verlieren. Dementsprechend ist es absolut unzulässig, Corona-Maßnahmen an Schulen gegenüber Kindern damit zu begründen, dass beim Nichteinhalten der Maßnahmen möglicherweise ihre Eltern oder Großeltern sterben würden. Kindern solche Ängste und eine solche "Verantwortung" aufzulasten, ist aus pädagogischer Perspektive absolut unzulässig.
So schreibt beispielsweise Doris Graf, Leiterin der Staatlichen Schulberatungsstelle für Oberbayern-West und 2. Vorsitzende des Landesverbands Schulberatung einen Artikel zu den ergriffenen Maßnahmen:
Kinder tragen keine Verantwortung für Erwachsene. So ist es nicht statthaft, die kindliche Unbeschwertheit und ungestörte Entwicklungsmöglichkeiten (durch Unterbinden kommunikativer Kontakte) für das (gesundheitliche) Wohl ihrer Erzieher einzufordern.
Ein Negativbeispiel ist hier beispielsweise der bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Er sagte in einer Radiosendung auf die Frage eines zehn Jahre alten Mädchens, ob man je wieder in der Schule neben einem Banknachbarn oder einer Banknachbarin sitzen könne, nachdem er zunächst erwähnte, dass das noch so lange dauern werde, bis ein Impfstoff oder Medikamente entwickelt seien:
Wenn wir einfach nur nebeneinandersitzen und die Regeln nicht beachten, dann stecken wir uns vielleicht untereinander an, und Kinder und junge Jugendliche haben selber weniger Symptome, aber das kann schon am Ende den Tod bedeuten im schlimmsten Fall für Eltern oder Großeltern oder auch Urgroßeltern.
In der Tat gibt es Berichte von Kindern, die große Angst davor haben, für den Tod ihrer Eltern oder Großeltern verantwortlich zu sein. Bezogen auf die Corona-Maßnahmen an Grundschulen ist das Problem, dass mit Maßnahmen wie dem Maskentragen oder dem Abstandhalten den Kindern permanent vermittelt wird, dass sowohl von anderen eine große Gefahr für sie selbst ausgeht, als auch von ihnen selbst für andere. Wie beschrieben, können damit Ängste und Schuldgefühle einhergehen, was im Extremfall zu sozialem Rückzug bis hin zur Entwicklung von Angststörungen und Depressionen führen kann.
Hinzu kommt noch ein weiterer wichtiger Punkt: Die Ängste, welche durch die Corona-Maßnahmen an Schulen ausgelöst werden können, beziehen sich nicht auf einen Aspekt, welcher für uns Menschen wenig Bedeutung hat. Bei einer Angst vor Schlangen ist es beispielsweise so, dass das nicht notwendigerweise stark beeinträchtigend sein muss, weil Schlangen kein relevanter Teil unseres menschlichen Lebens sind. Die Ängste, welche durch die Corona-Maßnahmen an Schulen ausgelöst werden können, betreffen dagegen einen der zentralsten Aspekte des menschlichen Lebens: den Kontakt mit anderen Menschen. Der Mensch ist genuin ein soziales Wesen, das Bedürfnis nach Nähe und guten sozialen Beziehungen ist ein menschliches Grundbedürfnis, genau wie Essen, Trinken oder Schlafen, was beispielsweise daran ersichtlich wird, dass soziale Abweisung dieselben Hirnareale anspricht wie körperlicher Schmerz.
Mit den an Schulen ergriffenen Maßnahmen wie Maskentragen und Abstandhalten werden also an sich soziale Grundbedürfnisse von Kindern verletzt. Kommt hier noch hinzu, dass Kinder eine Angst vor dem Gegenüber entwickeln, besteht die Gefahr, dass psychische Störungen im sozialen Bereich erworben werden und die soziale Gesundheit von Kindern - und damit die psychische Entwicklung insgesamt - nachhaltig beeinträchtigt wird.
Es gibt inzwischen erste empirische Hinweise, dass psychische Probleme bei Kindern zunehmen. So zeigte sich beispielsweise in einer Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland, dass 71 Prozent der Kinder und Jugendlichen sich durch die Kontaktbeschränkungen belastet fühlten, bei 39 Prozent der Kinder und Jugendlichen verschlechterte sich das Verhältnis zu den Freunden durch die eingeschränkten persönlichen Kontakte, was fast alle Befragten belastete. Das Risiko für psychische Auffälligkeiten stieg von rund 18 Prozent vor der Corona-Krise auf 30 Prozent während der Krise. Weiterhin ist weltweit ein relativ starker Anstieg in Angststörungen und Depressionen zu beobachten, insbesondere auch bei jüngeren Menschen.
4.4. Fragwürdige Plausibilitätsargumente
Als Argument für die angebliche Harmlosigkeit des Tragens von Masken findet sich eine Reihe von Plausibilitätsargumenten, welche einer genaueren Prüfung nicht standhalten.
Ein erstes Argument, das man oft hört, ist der Vergleich mit OP-Ärzten, welche ja auch stundenlang während Operationen Masken tragen, ohne dass sich angeblich Beeinträchtigungen zeigen würden. Zum einen sind auch dort physiologische Nebenwirkungen nachgewiesen wie beispielsweise ein Abfall der Sauerstoffsättigung im Blut. Zum anderen ist das Tragen von Masken im Klassenzimmer nicht vergleichbar mit dem Tragen von Masken in Operationssälen. Operationssäle sind mit Hochleistungsbelüftungssystemen ausgestattet, welche einen Überdruck aufrechterhalten und den Sauerstoffgehalt der Raumluft erhöhen. Zudem werden die Masken dort bei Durchfeuchtung sofort gewechselt, was im Klassenzimmer aufgrund der begrenzten Anzahl der Masken pro Kind nicht möglich ist. Weiterhin sind OP-Ärzte im hygienetechnisch sinnvollen Umgang mit der Maske hoch trainiert, so dass Ansteckungen durch die Ansammlung von Keimen auf der Maske über die Hände minimiert werden, was bei Grundschülern aufgrund ihres entwicklungspsychologischen Reifegrads unmöglich ist.
Ein weiteres fragwürdiges Argument stammt vom Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Dr. Jakob Maske. Er hat sich gegenüber der Deutschen Presse-Agentur folgendermaßen geäußert (zitiert nach der Welt):
Auch kleine Kinder könnten einen Mundschutz tragen. 'Das ist gar kein Problem', erklärt der Experte. Angenommen, ein Kind würde tatsächlich nicht genügend Sauerstoff oder zu viel CO2 einatmen, dann würde es müde werden und sich abgeschlagen fühlen, so der Mediziner. In diesem Fall nähme das Kind die Maske von allein ab.
Angesichts dessen, dass es hierzu keinerlei empirische Studien dazu gibt, handelt es sich bei dieser Aussage um eine bloße Hypothese. Wenn strikte Regeln von sozialen Instanzen vorgegeben werden und ein sozialer Druck in der Klasse herrscht, ist es aber aus psychologischer Perspektive nicht zu erwarten, dass insbesondere kleinere Kinder sich in einem solchen Fall von sich aus die Maske abnehmen werden.
Ein drittes fragwürdiges Argument ist, dass Kinder selber aus dem Maskentragen keine Katastrophe machen würden und sich schnell daran gewöhnen würden. Aus der Beobachtung, Kinder würden aus dem Maskentragen keine Katastrophe machen, zu schließen, das würde Kindern nichts ausmachen, ist hochgradig fahrlässig.
Selbst wenn ein Kind missbraucht wird, macht es nicht notwendigerweise eine Katastrophe daraus, weil einem Kind noch die rationalen Bewertungsmaßstäbe fehlen. Daraus zu schließen, dass das dann ja ok wäre, wäre absurd. Genau deswegen sind unsere Kinder noch nicht mündig, und es braucht Erwachsene, welche Sachlagen für Kinder bewerten. Hinzu kommt, dass die Nebenwirkungen der Maske einem lange Zeit nicht ins Auge stechen, weil Kinder einfach nur stiller und dadurch weniger auffällig werden. Hier braucht es vielmehr ein sehr gutes Auge auf Seiten der Lehrkräfte und Eltern.
5. Der Nutzen des Tragens von Masken in der Grundschule
Das langanhaltende Tragen von Masken ist also bei Kindern mit zahlreichen körperlichen und psychischen Nebenwirkungen verbunden, welche das Wohl der Kinder substantiell und nachhaltig beeinträchtigen können. Im nächsten Schritt gilt es nun zu prüfen, ob der Nutzen des Maskentragens in der Grundschule groß genug ist, als dass solche Nebenwirkungen in Kauf genommen werden können.
Dazu muss zunächst untersucht werden, ob es an Grundschulen überhaupt ein relevantes Infektionsgeschehen gibt. Sollte es dort kaum Infektionen und Ansteckungen geben, ist das Maskentragen in der Grundschule schon allein deswegen nicht zu rechtfertigen, weil es an Grundschulen kaum Infektionen gibt, die eingedämmt werden müssten. Anschließend muss geprüft werden, inwiefern es eigentlich empirisch überzeugend abgesichert ist, dass mit dem Tragen von Masken in der Grundschule die Virusausbreitung in einem relevanten Ausmaß eingedämmt werden kann. Beide Punkte werden im Folgenden ausführlicher dargestellt.
5.1. Das geringe Infektionsgeschehen an Schulen
Die empirische Evidenz, dass es an Grundschulen kaum ein Infektionsgeschehen gibt, ist erdrückend. Als aktuelles Beispiel kann man die Stadt München nehmen, wo Oberbürgermeister Dieter Reiter den Versuch der Aussetzung der von der Bayerischen Staatsregierung verordneten Maskenpflicht an Grundschulen folgendermaßen begründet hat (6. November):
Das Münchner Gesundheitsamt hat sofort nach Bekanntwerden dieser Ankündigung von Schulminister Piazolo eine Verlängerung unserer Ausnahmegenehmigung für Grundschüler beantragt. Denn die infektiologische Lage an den Münchner Grundschulen ist unverändert so, dass dort eine Maskenpflicht am Platz nicht notwendig ist. Von mehr als 47.000 Münchner Grundschülern sind ganze 9 Corona positiv - und davon hat sich keiner in der Schule angesteckt. Bei den Grundschullehrkräften und dem Schulpersonal gibt es keinen einzigen Infizierten.
Diese aktuelle Beobachtung aus München gilt praktisch für alle Grundschulen deutschlandweit, es gibt extrem wenige SARS-CoV-2-positive Kinder, die betroffenen Kinder haben sich praktisch nie an den Schulen angesteckt und geben das Virus extrem selten weiter. Das belegen beispielsweise die wöchentlich am Dienstag veröffentlichten Analysen zu Ansteckungsherden des RKI, dort spielen Schulen eine kaum wahrnehmbare Rolle. Belegt wird das weiterhin durch zahlreiche internationale Studien. Im Folgenden wird der Stand der Forschung dazu, wie häufig sich Kinder anstecken und wie häufig sie im Falle einer Infektion das Virus weitergeben, dargestellt.
Wichtig ist vorab noch der Hinweis auf eine irrtümliche Argumentation, welche sich des Öfteren in den Medien und in der Öffentlichkeit findet. Oft wird aus der Tatsache, dass sich viele Klassen in Quarantäne befinden, darauf geschlossen, dass es ein relevantes Infektionsgeschehen an Schulen gäbe. Das ist aber ein irrtümlicher Schluss. Laut des geltenden Rahmenhygieneplans in Bayern ist es so, dass eine Klasse bereits in Quarantäne muss, wenn ein einziger Schüler ein positives Testergebnis aufweist, unabhängig davon, wo sich der Schüler angesteckt hat. Es kann sogar sein, dass eine Schulklasse in Quarantäne muss, wenn nur die Lehrkraft ein positives Testergebnis ausweist. Wenn sich eine Klasse in Quarantäne befindet, ist das demnach kein Hinweis darauf, dass es an der Schule ein Infektionsgeschehen gäbe.
Kinder stecken sich selten an
Eine kürzlich veröffentlichte Meta-Analyse, in welcher die Daten aus 32 Studien mit mehr als 41.000 Kindern und Jugendlichen sowie fast 270.000 Erwachsenen ausgewertet wurden, ergab, dass bei Kindern unter zehn Jahren das Verhältnis von Kranken zu Gesunden um 48 Prozent geringer ist im Vergleich zu Erwachsenen (Odds Ratio: 0,52). Umgerechnet auf die Risikoverminderung heißt das, dass kleine Kinder eine um 40% reduzierte Wahrscheinlichkeit haben, sich anzustecken. Die Autoren der Meta-Analyse schließen daraus, dass Kinder und Jugendliche eine geringe Rolle bei der Verbreitung des Coronavirus spielen.
Vergleichbare Befunde gibt es aus Antikörperstudien. So wurden beispielsweise in einer Studie in Sachsen mit Antikörpertests gezielt Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte von Schulen getestet, an denen Corona-Fälle aufgetreten waren. Unter den 1538 getesteten Schülern zwischen 14 und 18 Jahren sowie den rund 507 Lehrern aus 13 sächsischen Schulen fanden sich lediglich bei 12 Personen eine abgeklungene Infektion (0,6%), was weit unter dem lag, was man eigentlich erwartet hatte. Die Autoren sprechen hier sogar davon, dass Kinder nicht nur keine Treiber der Virusausbreitung sind, sondern womöglich sogar eine Bremse. Bestätigt wird die niedrigere Infektionsrate von Kindern geschätzt über Antikörpertests auch in repräsentativen nationalen Stichproben, wie beispielsweise in Spanien und Dänemark gezeigt.
Solche national repräsentativen Studien widerlegen zugleich das Argument, dass die geringen Infektionszahlen bei Kindern nur daran liegen würden, dass diese seltener getestet werden. Hier gibt es noch ein weiteres empirisches Gegenargument: Wenn es nur daran liegen würde, dass Kinder seltener getestet werden, und Kinder und die Infektionszahlen bei Kindern und Erwachsenen in Wirklichkeit gleich wären, dann müsste der prozentuale Anteil erhaltener positiver Testergebnisse bei Kindern und Erwachsenen gleich sein. Das ist aber nicht so. Hier gibt es beispielsweise umfangreiche Daten aus Dänemark. Dort wurden an Kindern zwischen 4 und 11 Jahren zwischen 1. Juni und 23. August 44.000 Tests durchgeführt, von denen 0,8 Prozent positiv waren. Im Vergleich dazu waren im selben Zeitraum von den 940.000 an Erwachsenen durchgeführten Tests 2,0 Prozent positiv.
Das bestätigen auch die aktuellen Zahlen aus Bayern. Laut einer Anfrage der SPD-Landtagsfraktion an die Bayerische Staatsregierung waren in den ersten sieben Schulwochen seit Beginn des Schuljahres 2020/2021 nur 0,06 Prozent der Grundschulkinder wegen des Erhalts eines positiven SARS-CoV-2-Testergebnisses in Quarantäne. Bei einer Gesamtanzahl von rund 438.000 Grundschülern in Bayern heißt das, dass pro Woche im Schnitt 37,5 Grundschüler ein positives SARS-CoV-2-Testergebnis aufwiesen, was einem 7-Tage-Inzidenzwert von 8,6 pro 100.000 Schülern entspricht.
Hier kommt noch das diagnostische Problem hinzu, dass sich unter den positiven Testergebnissen auch falsch-positive Testergebnisse befinden können, welche bei der aktuell extrem hohen Testanzahl selbst bei einer sehr hohen Spezifität eines Tests ins Gewicht fallen können. Ein bekanntes Beispiel im schulischen Bereich ist ein Fall im Landkreis Rostock, wo aufgrund eines positiven Testergebnisses eines Schülers eine ganze Grundschule geschlossen wurde, eine umfangreiche rechtsmedizinische Kontrolluntersuchung aber danach ergeben hat, dass das Probenmaterial des Kindes mit biologischem Material einer tatsächlich SARS-CoV-2-positiven Person verunreinigt war. Die wahre Infektionszahl ist demnach vermutlich sogar noch geringer, als es die Anzahl der positiven Testergebnisse nahelegt.
In Bezug auf die geringe Anzahl an infizierten Schülern wurde in den Medien kürzlich als Gegenargument eine Antikörper-Studie einer Forschergruppe um die Virologin Ulrike Protzer angeführt, welche ergeben hat, dass bis Juli in Bayern sechs Mal so viele Kinder und Jugendliche mit dem Virus infiziert waren als offiziell als infiziert gemeldet waren. Beispielsweise wird Ulrike Protzer im BR24 folgendermaßen zitiert:
Doch die Zahlen könnten trügen, sagt die Virologin Ulrike Protzer. Weil Kinder oft nur wenig Symptome haben, fallen viele Fälle durchs Raster. ‚Deswegen ist es eigentlich sauberer, man guckt rückwärts und schaut, wie viele Kinder haben sich denn in der ersten Welle infiziert‘, sagt sie und verweist auf eine Antikörperstudie. ‚Da ist es so, dass sich doch 1,6 Prozent der kleinen Kinder infiziert haben, das sind genauso viel wie Erwachsene.‘ Wie ansteckend Kinder selbst sind, dazu brauche es mehr Forschung, sagt Protzer. Jetzt sei nicht die Zeit für Lockerungen, warnt sie und kann die Vorsicht mancher Landkreise nachvollziehen.
Ein genauerer Blick zeigt aber zum einen, dass diese Studie eigentlich sogar als weiterer Beweis gewertet werden kann, dass sich Kinder weitaus seltener anstecken als Erwachsene. In dieser Studie wurden ausschließlich Kinder getestet, damit sagt die Studie selbst nichts über den Vergleich mit Erwachsenen aus. Wie im Artikel selbst erwähnt wird, ist in Antikörper-Studien an Erwachsenen die Anzahl der Erwachsenen mit Antikörpernachweis meist in etwa zehnmal so hoch wie die Anzahl der als infiziert gemeldeten Personen. Das ergab beispielsweise auch eine Hochrechnung für Deutschland basierend auf der Gangelt-Antikörper-Studie von Hendrik Streeck. Es stimmt also zwar, dass viele eigentlich infizierte Kinder durchs PCR-Raster fallen. Aber bei Erwachsenen fallen noch viel mehr Personen durchs Raster. Damit ist es genau umgekehrt als von Frau Protzer vermutet: Kinder sind in Wirklichkeit im Vergleich zu Erwachsenen noch weitaus seltener infiziert, als es der Unterschied in der Anzahl der als infiziert gemeldeten Personen zwischen Kindern und Erwachsenen nahelegt.
Zum anderen beziehen sich die Ergebnisse aus der Antikörperstudie um die Virologin Ulrike Protzer nur auf die Phase der Epidemie bis Ende Juli. Von der letzten Juliwoche auf die letzte Oktoberwoche ist die Testanzahl in Bayern aber von 143.516 auf 379.100 gestiegen. Zudem wird inzwischen im Zuge der Kontaktnachverfolgungen und Quarantänemaßnahmen auf der Ebene der Schüler in großer Breite getestet. Die Dunkelziffer von zwar infizierten aber nicht gemeldeten Schülern ist demnach aktuell als weitaus kleiner einzuschätzen, als noch in der Antikörper-Studie beobachtet.
Zusammengenommen ist die empirische Evidenz demnach erdrückend, dass sich Kinder weitaus seltener anstecken als Erwachsene und damit kein großer Treiber der Virusausbreitung sein können.
Kinder geben das Virus selten weiter
Hinzu kommt, dass zahlreiche Studien zeigen, dass Kinder sich nicht nur seltener anstecken, sondern im Falle einer Infektion das Virus auch seltener weitergeben. Hier gibt es beispielsweise eine Meta-Analyse zu 40 existierenden Studien zum Ansteckungsrisiko in Haushalten - also eines Ortes, an dem keine Masken getragen werden und die Kontakte typischerweise deutlich enger sind als im Schulalltag. Die Meta-Analyse zeigt, dass die von Kindern ausgehende Ansteckungsgefahr - die sogenannte sekundäre Befallsrate - bei Kindern gegenüber Erwachsenen um 50% reduziert ist.
Zudem ist inzwischen sehr überzeugend belegt, dass die von Kindern ausgehende Ansteckungsgefahr insbesondere an Schulen gering ist. Ein Beispiel ist eine Studie aus Australien, in welcher für alle an Schulen im Bundesstaat New South Wales auftretenden SARS-CoV-2-Erstfälle vom 25. Januar bis zum 10. April untersucht wurde, wie häufig sich die Kontaktpersonen ansteckten (kein Tragen von Masken). Zunächst bestätigt auch diese Studie, dass an Schulen ein äußerst geringes Infektionsgeschehen zu beobachten ist. So wurden bei einer Gesamtanzahl von 1.232.367 Schülerinnen und Schülern in diesem Zeitraum nur neun Erstfälle mit aktiven Infektionen an Schulen beobachtet. Für alle neun Fälle wurden die engen Kontakte bestimmt, definiert als Face-to-Face Kontakt für mindestens 15 min oder der gemeinsame Aufenthalt in einem geschlossenen Innenraum für mindestens 40 min. Insgesamt wurde dann für 914 enge Kontaktpersonen mittels eines PCR-Tests 5-10 Tage nach dem letzten Kontakt und einem Antikörpertest 21 Tage nach dem letzten Kontakt überprüft, inwiefern bei den Kontaktpersonen Infektionen auftraten. Dies war bei fünf Personen (drei Kinder und zwei Erwachsene) der Fall, was einer sekundären Befallsrate von nur 0,5% entspricht. Vergleichbare Studien haben ähnliche Werte ergeben.
Dass Schulen praktisch keine Rolle in Bezug auf das Infektionsgeschehen spielen, bestätigen auch die Erfahrungen in den nordeuropäischen Ländern. So zeigt beispielsweise eine Studie, dass in Schweden und Finnland vergleichbare Fallzahlen unter Schulkindern zu beobachten waren, obwohl in Schweden die Schulen für Kinder bis 15 Jahren ohne größere Maßnahmen durchgängig geöffnet waren, während in Finnland die Schulen für die meisten Kinder geschlossen waren.
Bestätigt wird dies schließlich auch durch die bereits erwähnten Analysen zu Ansteckungsherden des RKI, wo sich zeigt, dass Schulen generell äußerst selten als Ansteckungsherd identifiziert werden. Hier trifft auch das manchmal vorgebrachte Argument nicht zu, dass die Kontakte in Bezug auf manche Ansteckungsorte schwer nachzuvollziehen sind. Im Bereich der Schule ist das aufgrund der intensiven Kontaktnachverfolgungsmaßnahmen nicht der Fall.
Da es ein äußerst geringes Infektionsgeschehen an Grundschulen gibt, kann man also mit Masken kaum etwas eindämmen. Das kann man anhand eines einfachen Rechenbeispiels illustrieren: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Grundschüler im Laufe einer Woche ein positives SARS-CoV-2-Testergebnis erhält, beträgt aktuell in etwa 0,0086% (durchschnittlicher 7-Tage-Inzidenzwert in den ersten sieben Schulwochen nach den Ferien laut der Anfrage der SPD-Landtagsfraktion). Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schüler bei engen Kontakten an Schulen eine andere Person ansteckt, beträgt laut den oben erwähnten Kontakt-Nachverfolgungsstudien 0,5% (ohne das Tragen von Masken und ohne Abstand). Damit beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass es binnen einer Woche eine Ansteckung in einer Klasse von 25 Schülern ohne Masken gibt, nur 0,0086% x 25 (Wahrscheinlichkeit eines infizierten Schülers in einer Klasse) x 0,5% x 25 (Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung im Falle, dass ein Schüler in der Klasse infiziert ist) = 0,027%.
Basierend auf dieser Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung ohne Maske kann man nun berechnen, welchen Effekt das Tragen von Masken in der Grundschule auf die Virusausbreitung haben kann: Würde beispielsweise die Maske das Ansteckungsrisiko um 50% verringern (aber siehe unten!), so würde damit, dass die Kinder in 7.406 Grundschulklassen eine Woche lang eine Maske tragen, eine einzige Neuinfektion pro Woche verhindert werden. Das ist eine extrem kleine Effektstärke, und es müssten demnach gut 185.000 Grundschüler die möglichen Nebenwirkungen der Maske auf sich nehmen um eine einzige Neuinfektion pro Woche zu verhindern. Um eine solches Verhältnis zu bewerten, ist ein Beispiel aus dem Bereich der Arzneimittelzulassung hilfreich. Hier wäre es schwer vorstellbar, ein Arzneimittel positiv zu bewerten, wenn damit 185.000 Menschen behandelt und unter Nebenwirkungen leiden müssten um bei einer einzigen Person einen positiven Effekt zu erzielen.
Die geringe Ansteckungsgefahr bei infizierten Personen ohne Symptome
In Bezug auf das Maskentragen von Kindern wird vom Bayerischen Gesundheitsministerium argumentiert, dass infizierte Kinder selten Symptome aufweisen würden und das Coronavirus unerkannt verbreiten könnten. Hier hat die Forschung allerdings inzwischen sehr klar belegt, dass die von unerkannt infizierte Personen ausgehende Ansteckungsgefahr sehr gering ist. So zeigt eine Meta-Analyse zur Ansteckung in Haushalten - einem Ort, an welchem keine Masken getragen werden und die Kontakte meist weitaus enger sind als an Schulen -, dass die sekundäre Befallsrate bei einer asymptomatisch infizierten Person nur 0,7 Prozent beträgt. Zur Frage, wie hoch das Ansteckungsrisiko bei präsymptomatischen Personen ist, die später Symptome ausbilden, gibt es nur sehr wenige Studien. Interessanterweise liegt laut einer der umfangreichsten Kontaktnachverfolgungsstudien auch in solchen Fällen die sekundäre Befallsrate nur bei 0,7 Prozent.
Das von unerkannt infizierten Personen ausgehende Ansteckungsrisiko ist also sehr gering. Man kann das wieder anhand eins Rechenbeispiels verdeutlichen. Geht man beispielsweise von einer Prävalenz von 100 unerkannt Infizierten pro 100.000 Einwohnern aus, so liegt das Risiko, sich bei einer nicht Maske tragenden Person ohne Symptome anzustecken bei 0,1% (Wahrscheinlichkeit, dass die Person unerkannt infiziert ist) mal 0,7% (Wahrscheinlichkeit, sich anzustecken) = 0,0007%. Bei 142.857 engen Kontakten mit Personen ohne Symptome und ohne Masken tritt demnach statistisch eine einzige Ansteckung auf. Die Begründung, eine Maskenpflicht deswegen zu verordnen, weil damit Ansteckungen durch unerkannt infizierte Personen zu vermeiden, ist also höchst fragwürdig, weil dadurch das Infektionsgeschehen nicht bedeutsam beeinflusst werden kann.
5.2. Die geringe empirische Evidenz dafür, dass Masken überhaupt die Virusausbreitung eindämmen
Der zweite Grund, warum die Verordnung einer Maskenpflicht in der Grundschule kritisch hinterfragt werden muss, ist, dass es keine wirklich belastbare empirische Evidenz dafür gibt, dass mittels Masken die Virusausbreitung merkbar eingedämmt werden könnte. Vielmehr ist bei einer falschen Handhabung davon auszugehen, dass eher das Gegenteil der Fall ist.
Man hört immer wieder von Studien, welche zeigen würden, dass Masken die Ausbreitung von SARS-CoV-2 eindämmen würden. Bei all diesen Studien handelt es sich aber um sogenannte Beobachtungsstudien, bei denen man z.B. Personen gefragt hat, ob sie Masken im Alltag tragen oder nicht. Findet sich hier ein Effekt der Maske, kann man aber nicht auf einen kausalen Effekt der Maske schließen, weil sich maskentragende Personen auch ansonsten hygienetechnisch anders verhalten. Beispielsweise ist es sehr wahrscheinlich, dass maskentragende Personen sich auch häufiger die Hände waschen, so dass ein beobachteter Effekt anstatt auf die Maske auch auf ein häufigeres Händewaschen zurückgehen kann.
Weiterhin werden als Argument für die Wirksamkeit von Masken oft Studien ins Feld geführt, in denen der Filtereffekt der Maske untersucht wurde. So wurde untersucht, wie stark Partikel von der Größe des Coronavirus beim Luftdurchfluss durch eine Maske gefiltert werden und wie viel Viruslast beim Atmen oder Husten mit versus ohne Maske in einer Auffangschale ankommt. Hier zeigt sich in der Tat eine gewisse Reduktion beim Tragen von Masken. Allerdings wird aus solchen laborexperimentellen Befunden oft vorschnell auf die Virusausbreitung im echten Leben geschlossen.
Das Problem dabei ist, dass in solchen Studien nur ein einziger Übertragungsweg experimentell überprüft wird. Im echten Leben gibt es dagegen noch weitere Übertragungswege, auf welche das Tragen einer Maske womöglich negativ wirkt, so dass in der Gesamtsumme Masken womöglich sogar negative Effekte auf die Virusausbreitung haben können, obwohl sich ein positiver Effekt auf die Übertragung über den Luftstrom experimentell nachweisen lässt. Beispielsweise zeigen Studien, dass Masken zwar die Viruslast in der ausgeatmeten Luft reduzieren, sich dafür aber mehr Viren auf der Außenseite der Maske ansammeln. Damit wird mittels einer Maske zwar der Übertragungsweg über die Luft reduziert, dagegen aber der Übertragungsweg über ein Berühren der Maske mit den Händen verstärkt. Aus der Untersuchung eines einzigen Übertragungsweges im Labor auf die Virusausbreitung im echten Leben zu schließen, ist aus der Perspektive der Anwendungsforschung ein bekannter Fehlschluss, denn in der Praxis zählt das Zusammenspiel aller Übertragungswege. Um hier wirklich wissenschaftlich fundiert einen Effekt der Maske nachzuweisen, braucht es also Studien, in denen Personen im Lebensalltag zufällig einer Gruppe mit oder ohne Maske zugeordnet werden und das Infektionsgeschehen in beiden Gruppen über einen längeren Zeitraum beobachtet wird (sog. randomisierte kontrollierte Studien). Solche Studien gibt es nach wie vor nicht zum Virus SARS-CoV-2, aber zu anderen Viren. Dort ist die Sachlage sehr eindeutig: In zwei kürzlich erschienenen Meta-Analysen - also Analysen, welche die Ergebnisse mehrerer Einzelstudien zusammenfassen - heißt es hierzu (Übersetzung durch den Autor):
Im Vergleich zu keinen Masken gab es keine Verringerung der Fälle von influenza-ähnlichen Erkrankungen (Risk Ratio 0.93, 95% CI 0.83 bis 1.05) oder Influenza (Risk Ratio 0.84, 95% CI 0.61-1.17) für Masken in der Allgemeinbevölkerung oder bei Beschäftigten im Gesundheitswesen (Risk Ratio 0.37, 95% CI 0.05 bis 2.50).
Jefferson et al.
Wir fanden keine empirische Evidenz dafür, dass chirurgische Gesichtsmasken zum Verringern der Übertragung einer laborbestätigten Influenza etwas beitragen, weder wenn sie von Infizierten selbst getragen werden, noch wenn sie von der allgemeinen Bevölkerung getragen werden, um die eigene Anfälligkeit zu vermindern.
Xiao et al.
Dementsprechend ist es nicht überraschend, dass der RKI-Vizepräsident Lars Schaade auf einer Pressekonferenz am 28. Februar erklärte, dass das RKI das Tragen von Masken im Alltagsleben ausdrücklich nicht empfehle. Wortwörtlich stellte er auf Nachfrage klar:
Das ist mehrfach untersucht worden: Es gibt einfach keine wissenschaftliche Evidenz, dass das [das Tragen von Masken] irgendeinen Sinn hätte.
Weiterhin zeigt die bisher einzige randomisierte kontrollierte Studie zur Wirkung des Tragens von Baumwollmasken - also der Maskenart, welche die meisten Menschen im Alltag tragen - (in allen anderen existierenden randomisierten kontrollierten Studien wurden medizinische Masken eingesetzt), dass Baumwollmasken das Infektionsrisiko nicht nur nicht senken, sondern sogar substantiell erhöhen.
Anzumerken ist, dass diese Studie eine relativ große Stichprobe umfasste (1.607 Krankenhausmitarbeiter) und auf der Ebene der Krankenhausstationen randomisiert wurde - das heißt: man hat beide Schutzfunktionen eingeschlossen, den Selbst- und den Fremdschutz. Die Schlussfolgerung der Studie lautet (Übersetzung durch den Autor):
In Anbetracht unserer Studie und der Verpflichtung, die Gesundheit und Sicherheit von Mitarbeitern im Gesundheitswesen am Arbeitsplatz zu gewährleisten, sollten Stoffmasken für Mitarbeiter im Gesundheitswesen nicht empfohlen werden.
Die Autoren erklären die Erhöhung des Infektionsrisikos durch Baumwollmasken so:
Die physikalischen Eigenschaften einer Stoffmaske, die Wiederverwendung, die Häufigkeit und Wirksamkeit der Reinigung sowie die erhöhte Feuchtigkeitsspeicherung können möglicherweise das Infektionsrisiko erhöhen. Das Virus kann auf der Oberfläche der Gesichtsmasken überleben, und Modellierungsstudien haben die Kontaminationsniveaus von Masken quantifiziert. Selbstkontamination durch wiederholten Gebrauch und unsachgemäßes Abziehen ist möglich. Beispielsweise kann eine kontaminierte Stoffmaske Krankheitserreger von der Maske auf die Hände des Trägers übertragen. Wir haben auch gezeigt, dass die Filtration für die Stoffmasken extrem gering war. Beobachtungen während der SARS-Epidemie deuteten darauf hin, dass Doppelmaskierung und andere Praktiken das Infektionsrisiko aufgrund von Feuchtigkeit, Flüssigkeitsdiffusion und Verbleiben von Pathogenen in der Maske erhöhten.
Die Handhabung von Masken, wie sie hier beschrieben wird, ist an Grundschulen sehr typisch und lässt sich bei kleinen Kindern auch nicht wirklich verbessern.
Es ist wirklich rätselhaft, dass angesichts dieser Befundlage plötzlich sowohl vom RKI als auch von der WHO auf eine Empfehlung zum Tragen von Masken umgestellt wurde. Das ist umso rätselhafter, gegeben das die WHO in ihrer plötzlichen offiziellen Empfehlung zum Tragen von Masken in der Öffentlichkeit nach wie vor schreibt (Übersetzung durch den Autor):
Derzeit gibt es keine direkten empirischen Belege (aus Studien zu COVID-19 und bei gesunden Menschen in der Öffentlichkeit) für die Wirksamkeit des universellen Tragens von Masken gesunder Menschen in der Öffentlichkeit zur Verhinderung einer Infektion mit Atemwegsviren, einschließlich COVID-19. (…) Viele Länder haben die Verwendung von Stoffmasken/Gesichtsbedeckungen für die breite Öffentlichkeit empfohlen. Gegenwärtig wird die weit verbreitete Verwendung von Masken durch gesunde Menschen in der Gemeinde noch nicht durch qualitativ hochwertige oder direkte wissenschaftliche Befunde gestützt und es sind potenzielle Vorteile und Nachteile zu berücksichtigen.
Bestätigt wird das beispielsweise auch durch das schwedische Amt für Volksgesundheit. Dort heißt es auf der offiziellen Seite bei den FAQs (Übersetzung durch den Autor):
Was ist der Ratschlag in Bezug auf Masken?
Wir empfehlen derzeit keine Gesichtsmasken in öffentlichen Einrichtungen, da die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Wirksamkeit von Gesichtsmasken bei der Bekämpfung der Ausbreitung von Infektionen unklar sind.
Inzwischen wurde auch eine erste randomisierte kontrollierte Studie an 6.000 Probanden zur Wirkung von Masken auf die Ausbreitung von SARS-CoV-2 abgeschlossen. Leider ist diese Studie nach wie vor noch nicht öffentlich zugänglich. Zumindest das, was man im Vorfeld hört, könnte aber tatsächlich darauf hinweisen, dass diese Studie zeigt, dass Masken wirkungslos oder sogar förderlich für die Virusausbreitung sind. Aber das ist natürlich nur eine reine Spekulation, man muss hier also noch abwarten. Zusammenfassend ist es also aus empirischer Sicht nach wie vor fraglich, ob das Tragen von Masken die Virusausbreitung wirklich in relevanter Weise eindämmen kann oder nicht vielmehr - bei fragwürdiger Handhabung - die Virusausbreitung sogar verstärkt.
6. Zusammenfassende Bewertung der Verhältnismäßigkeit des Tragens von Masken in der Grundschule
Angesichts der beschriebenen Sachverhalte ist die Bewertung der Verhältnismäßigkeit einer Maskenpflicht im Unterricht in der Grundschule aus der Perspektive einer evidenzbasierten Medizin als absolut unverhältnismäßig einzuschätzen:
Zum einen gibt keine empirisch belastbaren Hinweise darauf, dass mit dem Maskentragen an Grundschulen das Infektionsgeschehen bedeutsam eingedämmt werden könnte. Vielmehr besteht sogar die Befürchtung, dass aufgrund der Art der Handhabung der Masken durch Grundschüler das Maskentragen die Virusausbreitung sogar verstärken könnte. Zum anderen können mit dem langanhaltenden Tragen von Masken bei Kindern zahlreiche und relativ weitreichende körperliche und psychische Nebenwirkungen einhergehen. Angesichts des aktuellen Stands der Forschung ist es also hoch problematisch, wenn eine Staatsregierung das langanhaltende Tragen von Masken bei Kindern in der Grundschule verordnet, ohne:
- den Nutzen nachvollziehbar darzulegen,
- mögliche Nebenwirkungen überhaupt zu erwähnen,
- vor einer solchen Verordnung empirisch zu prüfen, welches Ausmaß diese Nebenwirkungen haben können und
- ohne jeden Schüler auf mögliche Vorerkrankungen zu untersuchen, welche das Tragen von Masken zu einem Risiko machen. Stattdessen Atteste einzufordern, auf welchen die Diagnose stehen muss, was eigentlich einen Bruch der ärztlichen Schweigepflicht und der Persönlichkeitsrechte der Kinder darstellt, ist äußerst fragwürdig.
7. Die Stellungnahmen der wissenschaftlichen Fachgesellschaften
In den Begründungen der Regierungen zur Verordnung einer Maskenpflicht an Schulen wird oft auf die Stellungnahmen von wissenschaftlichen Fachgesellschaften wie der Deutschen Gesellschaft für Virologie oder der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leoplodina verwiesen.
Sehr überraschend ist diesbezüglich, dass in Bezug auf die Begründung der Maskenpflicht in der Grundschule durch die Bayerische Staatsregierung plötzlich die Stellungnahme der Nationalen Leopoldina nicht mehr erwähnt wird, auf welche die Bayerische Staatregierung zur Begründung der Maskenpflicht ab der 5. Klasse sonst immer verwiesen hat. Das ist deswegen fragwürdig, da in der Stellungnahme der Leopoldina eine Maskenpflicht erst ab der 5. Klasse empfohlen wird. Dies ist umso fragwürdiger, da im Gegensatz zur Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Virologie bei der Stellungnahme der Leopoldina auch Experten und Expertinnen aus den Bereichen der Pädagogik und Psychologie mitgearbeitet haben, so dass diese Stellungnahme eine umfassendere Perspektive, über die rein virologische Perspektive hinaus, einnimmt.
Eine Maskenpflicht im Unterricht wird auch von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (Spitzenverband) im herausgegebenen Schutzstandard Schule erst ab der 5. Klasse empfohlen, obwohl dort mögliche psychische Nebenwirkungen noch nicht einmal berücksichtigt werden. Konkret heißt es dort:
Kann aufgrund der schulischen Abläufe die Abstandsregel nicht eingehalten werden, wird das Tragen von MNB auch im Unterricht für Schülerinnen und Schüler ab der 5. Klassenstufe empfohlen. Ist das Tragen einer MNB auch im Unterricht erforderlich, soll darauf geachtet werden, dass ausreichende Zeiten ermöglicht werden, in der die MNB abgelegt werden kann (Kurzpausen).
Eine solche Einschätzung entspricht auch der Einschätzung, welche bereits Ende Mai in einer gemeinsamen Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie, der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin, der Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin und des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte in Deutschland vertreten wurde. Dort lautet die zentrale Empfehlung:
Kitas, Kindergärten und Grundschulen sollen zeitnah - unter Berücksichtigung der regionalen Neuinfektionsrate und der vorhandenen Kapazitäten - wieder eröffnet werden. Dies ist auf Seiten der Kinder ohne massive Einschränkungen, zu denen z. B. Kleinstgruppenbildung und Barriereschutzmaßnahmen wie Abstandswahrung und Maskentragen gehören würden, möglich.
In der Empfehlung des RKI zu Maßnahmen im Schulbereich vom 12. Oktober wird zwar eine Maskenpflicht in Grundschulen in Betracht gezogen, allerdings wird dort explizit darauf verwiesen, dass diese Empfehlung nur aus einer virologischen Perspektive getroffen wird und "psychosoziale und andere Aspekte wie die Vermeidung von Stigmatisierung nicht Teil dieser Empfehlung sind" (S. 4). Zudem ist hier kritisch anzumerken, dass dort einige der oben genannten Punkte und insbesondere die aktuellen Ergebnisse aus den Ansteckungsherd-Analysen des RKI noch nicht berücksichtig werden. Zudem erfolgt keine Prüfung der möglichen Nebenwirkungen der Maßnahmen und darauf aufbauend der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen.
8. Schlussfolgerungen
Bevor eine Empfehlung von Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus an Schulen ausgesprochen werden kann, welche Millionen von Schülerinnen und Schülern betreffen, sind eigentlich drei Aspekte kritisch zu prüfen:
- Handelt es sich um Maßnahmen, deren Nutzen in Bezug auf die Virusausbreitung in der Bevölkerung evidenzbasiert nachgewiesen ist?
- Wurden mögliche körperliche und psychische Nebenwirkungen evidenzbasiert geprüft und ausgeschlossen bzw. quantifiziert?
- Wurde die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen hinsichtlich des Nutzens gegenüber den möglichen negativen Nebenwirkungen geprüft und nachvollziehbar bewertet?
Wie die obigen Ausführungen zeigen, gibt es keine überzeugende Evidenz dafür, dass eine Maskenpflicht in der Grundschule das Infektionsgeschehen an Grundschulen und das von Grundschulen ausgehende Risiko für das Infektionsgeschehen in der Bevölkerung bedeutsam reduzieren könnte. Vielmehr kann das verpflichtende Tragen von Masken im Unterricht mit zahlreichen negativen Nebenwirkungen auf das physische, psychische und soziale Wohlergehen von Kindern einhergehen, und es gibt sogar die Befürchtung, dass aufgrund der Handhabung an Schulen Masken sogar ein Infektionsrisiko darstellen könnten.
Die Verhältnismäßigkeit einer Maskenpflicht im Unterricht in der Grundschule ist demnach als höchst fragwürdig einzustufen. Angesichts dessen, dass die möglichen Nebenwirkungen den Nutzen sehr deutlich überwiegen, ist die staatliche Verordnung einer Maskenpflicht im Unterricht in der Grundschule als eine Maßnahme einzustufen, welche für das Wohl der Kinder als gefährdend einzuschätzen ist.
Dementsprechend ist der äußerst dringliche Appell an alle Entscheidungsträger zu richten, eine Maskenpflicht an Grundschulen nicht einzuführen bzw. die bereits in manchen Regionen bestehende Maskenpflicht an Grundschulen aufzuheben. Da Bund, Länder und Kommunen auch in Zeiten der Corona-Pandemie zur vollumfänglichen Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet sind, ist eine Nichtberücksichtigung der Nebenwirkungen einer Maßnahme und eine fehlende Prüfung der Verhältnismäßigkeit als völkerrechtsverstoßend und bundesgesetzwidrig einzustufen. Das ist umso mehr der Fall, wenn Entscheidungsträger davon wissen, dass die Nebenwirkungen den Nutzen deutlich übersteigen. In einem solchen Fall wäre das Auftreten von entsprechende Schäden auf der Ebene der Kinder in der Folge einer verordneten Maskenpflicht von den entsprechenden Entscheidungsträgern persönlich zu verantworten.