McKinsey für Einrichtung von Abschiebungshaft- und Gewahrsamsanstalten
Die Regierung hat die Unternehmensberatung mit Lösungsvorschlägen für ein "besseres Rückführungsmanagement" beauftragt. Sie liegen ganz auf der anvisierten Linie der Verschärfung
Schon einmal hatte die Bundesregierung auf auswärtige Berater zurückgegriffen, um sich Anregungen für die Flüchtlingspolitik zu holen. So wurde der EU-Pakt mit der Türkei maßgeblich, wie es mehrere Seiten verstehen ließen, vom Think Tank European Stability Initiative (ESI) konzeptionell vorbereitet (vgl. Merkels Plan, Samsoms Plan, türkische Pläne oder alles ESI?).
Nun hat die Regierung Merkel viel Geld für den Rat von McKinsey ausgegeben. Die Unternehmensberatung sollte "Ausreisetipps" (Die Welt) liefern und damit das ausgerufene Wahlkampf-Top-Thema der Kanzlerin - "Rückführung, Rückführung und nochmals Rückführung" - untermauern. 14 Maßnahmen für eine "konsequentere Rückführung" präsentiert das vertrauliche Papier von McKinsey, das im Auftrag des BAMF erstellt wurde.
Die Welt am Sonntag, der das Papier zugespielt wurde, präsentiert in ihrer Printausgabe und online Eckpunkte des "Rückführungsmanagements 2017 " der Unternehmungsberatung. Zwei stechen hervor: die Einrichtung von Abschiebungshaft und Gewahrsamsanstalten und ein finanzielles Anreizsystem mit höheren Fördersätzen.
Erhöhung von finanziellen Anreizen für freiwillige Rückkehr
McKinsey geht davon aus, dass in Deutschland bis Ende 2017 mit mindestens 485.000 ausreisepflichtigen Personen rechnen muss. Dem wird die Schätzung gegenübergestellt, wonach mit der Beibehaltung der gegenwärtigen Abschiebepraxis 2016 etwa 85.000 der abgelehnten Asylbewerber tatsächlich ausreisen.
In der Kostenaufstellung des Unternehmens zahlt der Staat etwa 670 Euro im Monat für einen Ausreisepflichtigen. Damit würden 2017 die direkte Gesamtkosten bei etwa drei Milliarden Euro liegen, zitiert die WamS aus dem Papier. Dort werden auch die Kosten für Rückführungen genannt: 1.500 Euro bei einer Rückführung durch die Polizei, 700 bei einer freiwilligen Rückkehr.
Daraus ergibt sich einmal der Vorschlag der Erhöhung der finanziellen Anreize für Rückkehrer. Eine Summe wird dazu im Zeitungsbericht nicht genannt. Ob das Mc-Kinsey-Papier dazu Vorschläge macht, ist unbekannt.
Restriktive Maßnahmen
Der andere Teil des Konzepts setzt auf Härten und Druck. Dazu gehört die oben genannte konsequente Handhabung von Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam, wozu entsprechende Anstalten einzurichten sind, wie aus dem McKinsey-Papier zitiert wird. Begleitet soll dies organisatorisch mit verbesserten Zentralisierung der Verantwortlichkeiten werden, mehr Personal und einer "konsequenten digitalen Erfassung im Ausländerzentralregister".
Auch sollen strengere Regeln für die Geduldeten gelten. Die McKinsey-Spezialisten halten dafür eine Phrase bereit: "Die finanzielle Flexibilität" soll verringert werden. Gemeint ist die Kürzung von Geldleistungen. Sie sollen möglichst durch Sachleistungen ersetzt werden oder wie im Falle von Personen, die nicht zur Klärung der Identität oder zur Beschaffung von Passersatz-Dokumenten beitragen, deutlich gekürzt werden. Laut der Zeitung habe die Bund-Länder-Arbeitsgruppe "AG Rück(führung)" schon längst ähnliche Pläne erarbeitet, sie seien aber nicht umgesetzt wurden.
Da die Bundestagswahl näherkommt, ändert sich der Kurs. Vor allem in der Union werden die Rufe nach Verschärfung der Flüchtlingspolitik lauter. Da fügt sich das McKinsey-Konzept gut ein. Es wird winterlich.
Doch kommt aus den Reihen der Union auch Kritik an der Mitarbeit der Unternehmensberater. Es stelle sich die Frage, warum man für 1,8 Millionen Euro externen Sachverstand einkaufe, rügt Bosbach. Laut früheren Medienberichten aus dem Sommer hat McKinsey hatte bereits vor diesem Auftrag mehr als 9 Millionen Euro für Beratungsleistungen in Flüchtlingsfragen erhalten.