Mehr Geld für die Bundeswehr?
Nach einer Umfrage ist jetzt knapp die Hälfte der Deutschen dafür, vor ein paar Monaten war die Stimmung noch ganz anders
Eine aktuelle YouGov-Umfrage soll einen Einstellungswandel darstellen. Nach der von der dpa in Auftrag gegebenen Umfrage haben sich 49 Prozent der Befragten dafür ausgesprochen, den Verteidigungsetat zu erhöhen, wie das von Nato und den USA auch gefordert wird. Bislang liegt Deutschland mit Verteidigungsausgaben von 1,3 Prozent vom BIP weiter unter den geforderten 2 Prozent, die erst auf dem Nato-Gipfel in Wales wieder beschlossen wurden. Dort wurde der Konflikt mit Russland als "Weckruf" bezeichnet, um das Militär zu stärken und die transatlantischen Bande zu verstärken.
Bundeskanzlerin Merkel ist auf das Thema nicht weiter eingegangen, Bundesfinanzminister Schäuble, der starr auf die Schwarze Null starrt, verschiebt die Erhöhung des Verteidigungsetats lieber auf die Zeit nach der nächsten Bundestagswahl, aber Verteidigungsministerin von der Leyen wurde angesichts der sicherheitspolitischen Entwicklungen für 2015 eine Erhöhung von 539 Millionen Euro gewährt. Die Meldungen über den verheerenden Zustand der Ausrüstung haben hier einen Umschwung erfolgen lassen, schließlich hat sich die Bundesregierung selbst in die Pflicht genommen und dafür eifrig geworben, dass Deutschland, wie es so schön heißt, mehr Verantwortung in der Welt übernehmen, also sich mehr an militärischen Operationen im Ausland beteiligen muss.
Noch im Februar dieses Jahres, als man wieder auf der Sicherheitskonferenz in München Engagement in Sachen Sicherheits- und Militärpolitik verbreiten wollte, auch wenn es hinsichtlich des Verhaltens zu Russland und der Ukraine Unstimmigkeiten gab, war noch die Mehrheit der Deutschen gegen die von der Bundesregierung und auch dem Bundespräsidenten vertretene Haltung. 68 Prozent sagten ebenfalls in einer YouGov-Umfrage, Deutschland solle sich nicht stärker an internationalen Einsätzen beteiligen, gerade einmal 18 Prozent waren dafür. Die Ablehnung war trotz des Werbens der Bundesregierung und der Konflikte in Syrien/Irak und der Ukraine noch gewachsen. 39 Prozent sprachen sich sogar für eine Beendigung aller Auslandseinsätze ab.
Anfang Januar waren nach einer YouGov-Umfrage noch 48 Prozent gegen eine Erhöhung des Verteidigungsetats, 35 Prozent waren dafür. In der kurzen Zeit soll sich also die Haltung der Deutschen ins Gegenteil verkehrt haben. Ist das eine Wende? Die Fragestellung hat eine Beantwortung mit Ja jedenfalls "erleichtert": "Sollte aufgrund der Vielzahl von Konflikten weltweit die Bundeswehr mehr Geld bekommen?" Da ist man dann auch deswegen mehr dafür, als wenn nur abstrakt gefragt wird, ob der Verteidigungsetat steigen soll. Aber auch so steht womöglich die auch von Medien beschworene Angst vor einer zunehmend bedrohlichen Welt und einer neuen Kalten Krieg im Vordergrund, die vermutlich gedämpft würde, wenn man auch fragen würde, wie denn die Erhöhung finanziert werden soll: durch Sparen, Steuererhöhungen, Schuldenmachen? Klar wird aber auch, dass mehr Geld für Rüstung bei den jungen Menschen nicht gewünscht wird. Von den 18-24-Jährigen sagen dies nur 31 Prozent. Verständlicherweise sind die Jungen auch am wenigsten von einer Wiedereinführung der Wehrpflicht begeistert.
Für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht sprechen sich immerhin 36 Prozent aus, dagegen ist eine knappe Mehrheit von 52 Prozent. Wer die 2010 erst abgeschaffte Wehrpflicht wieder herbeisehnt und aus welchen Gründen, wäre interessant zu wissen. 41 Prozent halten die Größe der Bundeswehr auch zu klein, sie ist bekanntlich von 250.000 auf 181.000 reduziert worden. Eigentlich müsste man fragen, zu welchen Aufgaben sie zu klein ist oder wie groß sie sein müsste, offenbar sind für den Deutschen 180.000 Mann aus dem Bauchgefühl heraus zu wenig. 51 Prozent lehnen es ab, dass deutsche Soldaten in der Ukraine ukrainische Soldaten ausbilden, 32 Prozent sind dafür. Man will da wohl nicht direkt hineingezogen werden oder steht der westlichen Russlandpolitik kritisch gegenüber. Schon 24 Prozent haben mal Ja gesagt auf die Frage, ob man die Atombunker wieder reaktivieren solle.
Noch ist man sich in der Bundesregierung jedenfalls nicht sicher, ob man sich noch vor den Bundestagswahlen über eine wirkliche Erhöhung der Verteidigungsausgaben einsetzen soll. Allerdings wird von Manchen in der EU der Idee nachgegangen, eine Europäische Armee aufzubauen, was deswegen attraktiv sein könnte, auf diese Weise um Erhöhungen aufgrund von Einsparungen durch Arbeitsteilung herumzukommen. Und die EU steht nicht nur unter Druck, sich im Irak und in Syrien weiter stärker zu beteiligen, auch Afghanistan ist alles andere als gelöst, zudem wird gerade überlegt, eine Sicherheitsoperation in Libyen durchzuführen, um den auseinanderbrechenden Staat, in dem sich auch der Islamische Staat ausbreitet, zu stabilisieren. Bedingung soll aber sein, dass es zu einer Regierung der nationalen Einheit kommt. Vor allem aber deshalb, um den Zustrom von Flüchtlingen zu stoppen, da ohne funktionierende Regierung die entsprechenden Abkommen nicht funktionieren. In den südeuropäischen Staaten wird die Kritik schon lauter, dass die Aufmerksamkeit und die Geldmittel zu sehr auf den Konflikt in der Ukraine gerichtet sind, während der Konflikt im Süden nicht ausreichend beachtet werde und vor allem Italien und Griechenland mit den Flüchtlingen konfrontiert sind. Man könnte also auch bald in Libyen Deutschland und die EU verteidigen.