Mehr Klimaschutz oder "Weiter so"? – Für Versicherer klarer Fall
Schäden durch Naturkatastrophen machten das letzte Jahr zum viertteuersten in den letzten zwei Jahrzehnten. Klimaschutz müsse deshalb Priorität haben, sagen Versicherer und Forscher
Der Hurrikan Ida in den USA und die Sturzfluten in Deutschland stehen als Beispiele dafür, dass die Folgen des Klimawandels nicht mehr ignoriert werden können; denn die Schäden durch Unwetterereignisse verursachen gesellschaftliche Kosten, gegen die mögliche Ausgaben für mehr Klimaschutz schnell verblassen.
"Die Bilder der Naturkatastrophen von 2021 sind verstörend", erklärt Torsten Jeworrek, Vorstand des Versicherungskonzerns Munich Re, der diese Woche eine Schadensbilanz veröffentlicht hat. Die Klimaforschung belege immer deutlicher, dass extreme Unwetter wahrscheinlicher geworden seien. "Gesellschaften müssen sich dringend an steigende Wetterrisiken anpassen und Klimaschutz zur Priorität machen."
Ernst Rauch, Chef-Klimatologe von Munich Re, betont, die Katastrophenstatistik des letzten Jahres sei auffällig. "Denn etliche der extremen Unwetterereignisse gehören zu jenen, die durch den Klimawandel häufiger oder schwerer werden", sagte er. Auch wenn Ereignisse nicht einfach dem Klimawandel zugeordnet werden könnten, so gebe es doch "plausible Indizien für einen Zusammenhang mit der Erwärmung der Atmosphäre und Ozeane".
Nach Berechnungen des Konzerns summierten sich im vergangenen Jahr die weltweiten Schäden auf rund 280 Milliarden US-Dollar. Damit war das Jahr 2021 das viertteuerste in den letzten zwei Jahrzehnten, und im Vergleich mit den Vorjahren stiegen die Schäden deutlich an. Im Jahr 2020 hatten sie 210 Milliarden US-Dollar betragen und im Jahr zuvor 166 Milliarden Euro.
USA besonders betroffen
Besonders betroffen waren nach Angaben des Konzerns die USA. Allein dort richteten die Naturkatastrophen einen Schaden von rund 145 Milliarden US-Dollar an. Einige Einzelereignisse stachen dabei besonders heraus, zum Beispiel die ungewöhnliche Kältewelle im Februar 2021. Die Schäden summierten sich dabei auf rund 30 Milliarden US-Dollar.
Das größte einzelne Schadensereignis war demnach der Hurrikan Ida. Dieser traf Ende August mit Windstärken von etwa 240 Kilometer pro Stunde auf Land und beschädigte oder zerstörte zehntausende Gebäude. Mit einer Schadenssumme von rund 65 Milliarden US-Dollar sei der Hurrikan das teuerste Einzelereignis des Jahres gewesen.
Starke Regenfälle verursachten in Europa Sturzfluten mit lokal verheerenden Schäden. So regnete es durch das Tiefdruckgebiet "Bernd" so stark wie sonst nur einmal in 100 Jahren. Die Folge war unter anderem die Sturzflut im Ahrtal, bei der mehr als 220 Menschen ums Leben kamen und hohe Schäden an Bahnlinien, Straßen und Brücken entstanden. Allein in der Bundesrepublik entstand durch die starken Regenfälle ein Schaden von 33 Milliarden Euro.
Es sind aber nicht nur die verheerenden Unwetterereignisse, die Leben und Wohlstand bedrohen. Das stellte das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) in einer aktuellen Studie dar. "Das Wirtschaftswachstum geht zurück, wenn die Zahl der Regentage und der Tage mit extremen Regenfällen zunimmt", lautet die Kernaussage der Studie, die jetzt im Magazin Nature veröffentlicht wurde.
"Erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen"
Am stärksten betroffen seien dabei reiche Länder wie die USA, Japan oder Deutschland und ihre Industrie und ihr Dienstleistungssektor. Die Forscher des PIK werteten für ihre Studie nach eigenen Angaben Daten zur Wirtschaftsleistung aus den letzten 40 Jahren und von mehr als 1.500 Regionen aus. Verknüpft wurden diese Daten mit Informationen zu Niederschlägen.
"Unsere Studie zeigt, dass der Fingerabdruck der globalen Erwärmung in den täglichen Niederschlägen erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen hat", erklärte der Co-Autor der Studie, Anders Levermann. Die Menschheit heißt das Erdsystem mit Treibhausgasen auf; wärme Luft kann mehr Wasserdampf aufnehmen, der irgendwann zu Regen wird. Dadurch entstünden zunehmend extreme Regenfälle – und diese nähmen auf der ganzen Welt zu.
Levermann rief dazu auf, den Klimawandel ernst zu nehmen und etwas gegen ihn zu tun. "Wir müssen dringend dafür sorgen, dass das Verfeuern fossiler Brennstoffe nicht auch unsere Gesellschaft destabilisiert", betonte er.
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