Messerattacken in Berlin: Tätern droht jetzt auch der Führerscheinentzug

Das Bild zeigt einen Mann, der Kopf ist nicht zu erkennen, mit einem Messer in der  zur Faust geballten Hand

Die Behörden haben Messerattacken als Problem erkannt. Bild: Ganka Trendafilova/ Shutterstock.com

Die Messergewalt in Berlin nimmt zu. Die Innensenatorin plant harte Konsequenzen für Täter. Wer mit dem Messer zuschlägt, könnte bald auch seinen Führerschein verlieren.

Die steigende Zahl von Messerangriffen in der Hauptstadt hat die Berliner Innensenatorin Iris Spranger (SPD) dazu veranlasst, neue Maßnahmen gegen die Messerkriminalität zu prüfen. Dabei sollen verurteilte Messerstraftäter künftig auch mit dem Entzug des Führerscheins rechnen müssen.

Laut Spranger würde diese Maßnahme ein deutliches Signal an potenzielle Täter senden, dass der Rechtsstaat entschieden gegen Messerangriffe vorgeht. "Wer eine brutale Messerstraftat verübt, ist nicht geeignet, ein Fahrzeug zu führen", so die Innensenatorin gegenüber dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB).

Eine Verschärfung der Gesetze sei dafür nicht notwendig, da die bundesweit gültige Fahrerlaubnisverordnung bereits den Entzug des Führerscheins bei Straftaten mit hohem Aggressionspotenzial ermögliche.

Neben dem möglichen Führerscheinentzug plant die Innenverwaltung die Einrichtung von drei Messerverbotszonen in Kreuzberg und Wedding. In diesen Bereichen soll das Mitführen von Messern rund um die Uhr untersagt sein und bei Verstößen Bußgelder von bis zu 10.000 Euro drohen.

Zudem soll Anfang 2025 eine "Koordinierungsstelle Messer" beim Landeskriminalamt eingerichtet werden, um Daten von Mehrfachtätern schneller zusammenzuführen.

Die Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistik belegen den Handlungsbedarf: Im vergangenen Jahr wurden in Berlin 3.482 Messerangriffe erfasst, fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Bei etwa zwei Dritteln der Taten blieb es bei Bedrohungen, 14 Menschen wurden jedoch durch Messerangriffe getötet.

Berliner Feuerwehr: Angriffe nehmen zu

Auch die Berliner Feuerwehr berichtet von einem Anstieg der Einsätze wegen Stich- und Schnittverletzungen durch Fremdeinwirkung. Im laufenden Jahr deutet sich hier ein neuer Höchststand an. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg berichtet dazu:

Rettungskräfte der Berliner Feuerwehr müssen seit 2022 häufiger Stich- und Schnittverletzungen behandeln, die durch Fremdeinwirkung entstanden sind. Das teilte ein Feuerwehrsprecher auf rbb24-Anfrage mit. Im laufenden Jahr deutet sich ein neuer Höchststand an, wie aus den Zahlen hervorgeht. (…)

Den Zahlen zufolge wurden im Jahr 2022 insgesamt 230 solcher Verletzungen von Feuerwehrkräften behandelt. Im Jahr 2023 waren es 294. Im laufenden Jahr wurden bis Ende Juli allein 234 solcher Stich- und Schnittverletzungen versorgt.

rbb

Die geplanten Maßnahmen sind Teil einer breiten Debatte über die Verschärfung des Waffenrechts und die Einrichtung von Waffenverbotszonen, die spätestens seit dem islamistischen Messerangriff auf einem Stadtfest in Solingen bundesweit geführt wird. Auch in Brandenburg dringt Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) auf ein Messerverbot und zeigt sich offen für die Prüfung weiterer Verschärfungen.

Messer im öffentlichen Raum ganz verbieten?

Die jüngsten Vorfälle, wie der Angriff auf Sanitäter vor einer Rettungsstelle im Berliner Bezirk Reinickendorf, unterstreichen die Dringlichkeit des Problems. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert angesichts der Eskalation ein komplettes Trageverbot von Messern in der Öffentlichkeit, da Diskussionen über Messerverbotszonen allein nicht weiterhelfen würden.

Die Gewaltdelikte, bei denen Menschen mit Messern angegriffen oder sogar verletzt oder getötet werden, sind auch hierzulande in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.

Um ein klareres Bild der Lage zu erhalten, hat das Bundeskriminalamt (BKA) im Jahr 2020 begonnen, "Messerangriffe" als eigene Kategorie in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) zu erfassen.

Demnach wurden im Jahr 2023 bundesweit insgesamt 8.951 Messerangriffe registriert. Das BKA definiert Messerangriffe als "Tathandlungen, bei denen der Angriff mit einem Messer unmittelbar gegen eine Person angedroht oder ausgeführt wird".

Bundespolizei verzeichnet Gewaltdelikte mit Messern

Auch die Bundespolizei, zuständig für Bahnhöfe, Flughäfen und Grenzen, erfasst Gewaltdelikte mit Messern. Im Jahr 2023 wurden 853 solcher Delikte registriert, wobei in 555 Fällen das Messer tatsächlich eingesetzt wurde, während es in den übrigen Fällen lediglich mitgeführt wurde.

Vergleich mit Vorjahren kaum aussagekräftig

Ein Vergleich mit den Vorjahren ist aufgrund der erst kürzlich eingeführten einheitlichen Erfassung nur bedingt möglich. 2022 wurden 8.160 Messerangriffe bei gefährlicher und schwerer Körperverletzung sowie 4.195 bei Raubdelikten erfasst. Für 2021 weist die Statistik insgesamt 10.917 Messerangriffe aus.

Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger

Die polizeilichen Statistiken unterscheiden zwischen deutschen und nichtdeutschen Tatverdächtigen. Laut dem Mediendienst Integration lag der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger bei Messerangriffen 2023 basierend auf Daten aus acht Bundesländern zwischen 33 und 50 Prozent.