Metal Gear Solid lässt ihm keine Ruhe
Bijinesu-man (Businessman): Hideo Kojima schreibt nicht nur originelle Geschichten
In der Computer- und Videospielszene genießt der japanische Entwickler Hideo Kojima, der geistige Vater der Metal Gear Solid-Reihe, den Status eines Weltstars. Mittlerweile ist er ein viel beschäftigter Geschäftsmann.
Vor zwei, drei Monaten lief die PR-Maschinerie auf hohen Touren, denn Metal Gear Solid 4: Guns of the Patriots, ein Stealth-Action-Spiel für die PlayStation3, sollte Mitte Juli endlich auf den Markt kommen. Also, so könnte man meinen, müsse der Rummel um Mastermind Hideo Kojima doch etwas abgeflacht sein. Denkste. Journalisten und Fans – oftmals beides in einer Person – lassen ihm einfach keine Ruhe: Obwohl Kojima immer wieder gesagt hat, seine Saga um den Helden Solid Snake sei nun am Ende angelangt, wünschen sich alle einen fünften Teil. „Daher habe ich das Gefühl, dass das Ganze niemals wirklich aufhört“, sagte der 45-Jährige im Interview auf der Games Convention. Von Erholung offensichtlich keine Spur.
Dabei wäre es doch sicherlich gut, Kojima könne endlich mal Aufatmen. Schließlich ist Metal Gear Solid 4 ein anspruchsvolles, vielschichtiges Videospiel, das sich nicht einfach mal so von heute auf morgen fertig stellen ließ. Zum einen ist es ein technisches Meisterwerk mit wunderschöner Grafik und imposantem Soundtrack, zum anderen hat Kojima es mit etlichen Feinheiten sowie mit einer Story voller Metaphern verziert. Viel wichtiger allerdings ist die politische Botschaft, die das Game transportiert. Deutlich wird das bereits im cineastischen Intro, in dem der Protagonist voice over davon spricht, dass Krieg längst zur Routine geworden sei, sozusagen zum Alltag. Und das spiegelt, wie wir selbst mit dem Thema umgehen – mit Gleichgültigkeit.
Ist es denn wichtig für Kojima, dass Games eine Botschaft vermitteln? „Ja, das ist es. Auf jeden Fall aber muss es ein vielseitiges Angebot an Titeln geben. Schaut man sich an, dass Games in ihrer Frühzeit lediglich ein elektronisches Spielzeug waren, mit dem man sich erst einmal zurechtfinden musste, und dass Games erst im Laufe der Zeit einen kulturellen Status erlangt haben, dann ist dies etwas, das wir auch heute noch vorfinden. Casual Games sind einfach zum Spielen da, doch größere Produktionen sind wie Bücher oder Filme, aus denen man lernen kann, die einen bewegen oder die einem die Augen öffnen. Für mich persönlich ist es also sehr wichtig, dass meine Games eine Aussage haben“. Unterhaltung ist eben nicht alles.
Und neue Ideen? Wie sieht es damit aus? Oder folgt Kojima der japanischen Tradition, schlicht groß angelegte Serien wie Final Fantasy und Dragon Quest fortzuführen? 2003 kam doch Kojimas Gameboy-Spiel Boktai auf den Markt, ein Titel, bei dem ein in der GBA-Cartridge integrierter Solarsensor reales Sonnenlicht speichert, das von der Spielfigur als virtuelle Kampfenergie eingesetzt wird. „Selbstverständlich will ich bei jedem neuen Game etwas Neues schaffen, aber ich bin nicht nur Schöpfer, sondern genauso auch Geschäftsmann. Daher kann ich nicht leugnen, dass sich Serien besser verkaufen als originelle Einzelkreationen. Das spüre ich seit einigen Jahren am eigenen Leib. Es ist verdammt schwer, etwas Beispielloses zu etablieren“, sagt Kojima mit ernster Miene.
Vor rund dreieinhalb Jahren hat der am 24. August 1963 in Setagaya, Tokyo geborene und in Kobe aufgewachsene Entwickler noch verlauten lassen, er wolle gern mal einen Independentfilm drehen. Zeitgleich hat er jedoch die Leitung des Konami-Studios Kojima Productions übernommen, sodass es ihm jetzt unmöglich ist, sich einem Projekt außer der Reihe zu widmen. Man hört ganz deutlich heraus, dass es sich für sein Team und dessen Zukunft verantwortlich fühlt. Möglich wäre es Kojima nämlich erst dann, wenn er „einen langen Urlaub nehmen oder das Studio verlassen“ würde. Dazu wird es sicherlich nicht allzu schnell kommen. Schließlich ist bekannt, dass die Japaner sehr fleißige Menschen sind, stets darauf bedacht, Höchstleistungen zu bringen.
Hochleistungen hat auch Kojima vollbracht, sonst wäre er wohl nicht zu dem geworden, was er ist: zu einem weltweit angesehen Entwickler, zu einem Star. Eigentlich fehlt nur noch, dass ihn zwei Bodyguards auf Schritt und Tritt verfolgen. Doch das wiederum würde gegen die Mentalität der Japaner sprechen, sind die Asiaten doch bekannt dafür, dass sie ein sehr bescheidenes Volk sind. Taucht Kojima allerdings auf einer internationalen Messe wie der Games Convention auf, dann dürfte es sehr schwer sein, sich ausschließlich dieses Naturells zu verschreiben. Dann nämlich tritt er in cool-modernen Klamotten auf und zeigt, was er im Köpfchen hat. Und daher verehren ihn Irgendwie alle; insbesondere die Kollegen der Fachpresse, für die Kojima am Ende des Interviews gleich mehrere Autogramme geben durfte…
Es ist schon sehr schade, Kojima endlich mal interviewen zu können, wenn man dann plötzlich am Ende des Gesprächs merkt, dass er einfach nur überlastet und nichts anderes als bloß ein typischer Japaner ist. Der Mann braucht endlich mal Urlaub! Vielleicht kommt er dann mal wieder zu sich und seinen ganz persönlichen Wünschen. Stattdessen befindet er sich seit über zwei Monaten auf globaler Promotour, und das scheint einfach zu viel. Zudem kann man Kojima kaum Persönliches aus der Nase ziehen. Denn sofort denkt er, man wolle das in irgendeiner Weise bewerten. Aber was soll’s, so sind die Japaner eben. Und Kojima, dieser geniale Geschichtenerzähler mit seinen überaus schmalen Augen, ist eben auch bloß einer. Seine Fans wird das sicherlich wenig jucken – die Hauptsache, Metal Gear Solid 5 kommt.