Militärische Machtdemonstrationen statt Politik setzen sich durch
Bislang beschleunigt Trump wider Willen den Zerfall der Großmacht USA
Nordkorea führte einen Test mit einer Langstreckenrakete durch (Nordkorea provoziert weiter den auch außenpolitisch schwachen US-Präsidenten), Kim Jong-un brüstete sich, man können jeden Ort auf der Welt mit einer Atombombe erreichen. US-Präsident Donald Trump, der bislang hilflos und nur mit Drohgebärden auf Nordkoreas Sticheleien reagierte, fällt weiter nichts anderes ein.
Gestern übten zwei B-1B-Bomber mit südkoreanischen und japanischen Militärjets. Das wird Nordkorea nicht viel mehr als die von Trump geschickte Armada beeindrucken, zumal Trump sich wieder enttäuscht von China zeigte, das für ihn das Nordkorea-Problem lösen sollte, aber nur ein Ende der Tests und die Wiederaufnahme von Gesprächen fordert.
China wiederum führte zum 90. Jahrestag der Volksbefreiungsarmee eine große Militärparade auf dem 1000 Quadratkilometer großen Stützpunkt Zhurihe in der Inneren Mongolei durch und demonstrierte dabei die wachsende Macht der chinesischen Streitkräfte. 12.000 Soldaten in Kampfuniformen marschierten auf, darunter Spezialeinheiten für den Cyberwar oder Antiterrortruppen, gezeigt wurde auch die neu eingerichtete Raketenstreitmacht mit zahlreichen konventionellen und nuklearen Raketen, die Hälfte der vorgeführten Waffensysteme sei neu oder modernisiert gewesen. Erstmals mit dabei waren etwa J-20- Tarnkampfflugzeuge, vorgeführt wurden auch neue Drohnen für die elektronische Kriegsführung und Interkontinentalraketen.
Das erste Mal nahm der chinesische Präsident Xi Jinping an einer solchen großen Parade auf einem Truppenübungsplatz teil, merkte Global Times an. Xi erklärte, Chinas Streitkräfte hätten das Vertrauen und die Fähigkeiten jeden Feind abzuwehren und Chinas Interessen und Souveränität zu schützen. Das sagte er wohl vornehmlich mit Blick auf die USA. Hier kommt es immer wieder zu Muskelspielaktionen im Südchinesischen Meer.
Global Times zitiert Professoren und Ex-Militärs, um auf die Bedeutung der Parade hinzuweisen. So sagte ein Ex-Militär, die Größe des Aufmarsches erinnere an eine Vorkriegsinspektion. Zusammen mit Russland hatte China gerade ein großes Militärmanöver durchgeführt und damit der USA und der Nato kollektive Handlungsbereitschaft signalisiert. In der Ostsee nahmen auch chinesische Kriegsschiffe an den Manövern teil, um "im Herzen Europas" zu demonstrieren, dass China auch militärisch eine Großmacht ist, die weltpolitisch auftritt. Zudem wird in chinesischen Medien die Sorge der Nato vor der neuen strategischen Partnerschaft von Russland und China herausgestellt.
Es dürfte den amerikanischen Abgeordneten klar gewesen sein, dass sie mit ihrer überwältigend großen Zustimmung zu einem Gesetz, das neue Sanktionen gegen Russland vorsieht, nicht nur innenpolitisch Donald Trump Schachmatt setzen, sondern auch den Konflikt mit Russland eskalieren. Das ist gewollt, zumal es dabei auch um wirtschaftliche Interessen geht, die seit dem Fracking-Boom zur Energiemacht aufgestiegene USA soll in Europa die Bindung an Russland schwächen. Um die Zurückdrängung des russischen Einflusses war es schon bei den ersten Sanktionen nach der Annexion oder Eingliederung der Krim gegangen.
"Wir hatten Hoffnung, dass sich etwas verändert"
In Reaktion auf die neuen Sanktionen und als Reaktion auf die Ausweisungen von russischen Diplomaten aus den USA noch durch Obama, die Wladimir Putin erst einmal unbeantwortet ließ, um Donald Trump Annäherungsmöglichkeiten zu gewähren, werden nun 755 US-Diplomaten des Landes verwiesen. (Das war gestern missverständlich berichtet worden, die USA müssen das Botschaftspersonal um 755 reduzieren. Bislang sind es etwa 1200 Mitarbeiter, davon nur ein Drittel US-Amerikaner. Wie die Reduktion bewerkstelligt wird, also wer abgezogen wird, überlassen die Russen den Amerikanern.)
Putin sagte, die neuen Sanktionen seien durch nichts provoziert worden. Die seien illegal und stellten Versuche dar, andere Staaten zu beeinflussen, auch die russische Alliierten. "Wir haben ziemlich lange gewartet, ob sich etwas zum Besseren verändert", sagte Putin zu der Entscheidung. "Wir hatten Hoffnung, dass sich die Situation verändert. Aber es sieht so aus, als würde sie sich in der nahen Zukunft nicht ändern." Man habe nun beschlossen zu zeigen, "dass wir nichts unbeantwortet lassen".
Zumindest den Äußerungen nach hält Putin die Tür für eine bessere Kooperation dennoch offen. Er hoffe, dass Russland und die USA weiterhin im Kampf gegen den Terror, bei der Atomwaffenkontrolle und Weltraumprojekten, aber auch bei der Cybersicherheit, der Illegalen Migration oder der organisierten Kriminalität zusammenarbeiten werden, wenn dies schon wirtschaftlich nicht möglich sei. Russland habe stärkere wirtschaftliche Verbindungen zu China, zur EU und anderen Ländern, betonte Putin, der auch herausstrich, dass man in Syrien erste Schritte zur Deeskalation erreicht habe. Er drohte aber auch mit weiteren russischen Sanktionen.
Wie China seine militärischen Fähigkeiten mit der Parade demonstriert, geschah dies auch von russischer Seite in der Ostsee, wo die russische Marine 50 Kriegsschiffe und U-Boote auffahren ließ. Auch bei Kaliningrad und der Krim sowie beim russischen Stützpunkt in Tartus wurden russische Kriegsschiffe präsentiert.
Während sich die diplomatischen Beziehungen zwischen den Großmächten weiter verschlechtern, verstärkt sich das Wettrüsten und das Spielen mit der militärischen Karte zur Abschreckung oder zu Drohung. Unter dem sich stark gebenden US-Präsidenten, der bislang aber außenpolitisch schwach und offenbar konzeptionslos agiert, zerbröselt die Dominanz der einstigen alleinigen Großmacht. Selbst Staaten wie Nordkorea oder Iran lassen sich durch Machtgesten und Drohungen aus Washington nicht beeinflussen. Russland und China versuchen, teils gemeinsam, ihre Macht zu erweitern und den Einfluss der USA zurückzudrängen. Mit dem von Trump unterstützten Brexit wird auch die EU politisch, wirtschaftlich und militärisch selbständiger werden, sofern sie nicht aufgrund unvereinbarer Nationalpolitiken implodiert. Mit Trump, der Amerika wieder groß machen wollte, schrumpft die weltpolitische Bedeutung der USA und wird die Welt dezentraler oder multipolar.
Der Untergang der Weltmacht USA, wahrscheinlich eingeleitet durch den Irak-Krieg 2003, macht die Welt nicht stabiler. Das sieht man im Nahen Osten, wo die Großmächte und einige Regionalmächte, die von den Großmächten nicht mehr dominiert werden können, wechselnde Koalitionen bilden, um ihre Interessen durchzusetzen, während gleichzeitig die Vereinten Nationen außer Funktion gesetzt wurden. Der Sicherheitsrat als wichtigstes Organ ist nur funktionsfähig, solange die Veto-Mächte kooperieren. Das wird immer weniger möglich, weswegen es immer dringender würde, die Vereinten Nationen auf andere Beine zu stellen und sie zu reformieren. Es ist aber kaum denkbar, dass die fünf Atom- und Vetomächte auf ihre Privilegien verzichten. Da gleichzeitig eine Utopie fehlt, wohin sich die Welt entwickeln soll, stehen uns wohl ungemütliche und unsichere Zeiten bevor, in denen das Militär mit den damit einhergehenden Risiken eine entscheidende Rolle spielen wird.