Millennium Dom - Die New Labour Experience
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Eine zentrale Arena im Dom, Veranstaltungsort für spektakuläre Happenings, die zweimal am Tag das ganze Jahr 2000 über stattfinden werden, wird von zwölf thematisch gegliederten Zonen mit jeweils eigener Identität, gestaltet von verschiedenen Designteams und ko-finanziert von eigenen Sponsoren, umgeben sein. Sieben dieser Zonen wurden bereits als Modelle präsentiert.
In der "Body Zone" kann eine riesengrosse, androgyne menschliche Figur von innen begangen werden. (Designer HP:ICM Ltd) Am "Spirit Level" soll der dominanten Präsenz des Christentums im Vereinigten Königreich, aber auch der Relevanz anderer Religionen wie Islam und Buddhismus Tribut gezollt werden. (Designer Eva Jiricna Architects) In "Licensed to Skill" wird die Botschaft vom lebenslangem Lernen verbreitet. Die Ähnlichkeit zum "Wellfare to Work" Programm von New Labour ist unübersehbar. (Designer: Park Avenue) In "Dreamscape" soll auf dahintreibenden Wasserbetten ausgeruht und nachgedacht werden können. (Designer: Park Avenue) In "Serious Play" werden Spiele, interaktive Filme und Installationen zu sehen sein. Es wird die am stärksten mit Informationstechnologie bespielte Zone sein. (Hauptsponsor: British Telecom, Designer: Land Design Studio Ltd) "Living Island" nimmt eine kritische Position zur Illusion von der "grünen Insel Britannien" ein und stellt Fragen zur Umweltpolitik besonders an den Küstenregionen. (Designer: WORK) "The Challenge" baut auf die Idee der Ausweitung der "Experience" über den Dom als Veranstaltungsort hinaus auf. Menschen, die am Nullmeridian leben, von Grimsby bis Ghana, sollen über Online-Medien verbunden werden, der BBC will eine "Oral History" beisteuern und jeden Tag soll die Geschichte einer anderen Stadt erzählt werden.
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Die Konzepte für die weiteren Zonen werden im Laufe des Jahres 98 vorgestellt. Neben dem Dauerprogramm der Zonen wird es ein Festival vor und im Dom geben, mit Rock- und Pop-Konzerten, Musical, Performance, Happening usw.
Hauptsponsoren, mit jeweils ca. 12 Millionen Pfund, sind neben der bereits erwähnten British Telecom die Supermarktkette Tesco, das Zeitarbeitsunternehmen Manpower und Rupert MurdochŽs Satellitenfernsehunternehmen BSkyB. Der Erfolg des Projekts wird mit davon abhängen, daß noch weitere Sponsoren gefunden werden, die sich mit substantiellen Beiträgen, nicht nur finanzieller Natur, einbringen. Den Sponsoren wird angeboten, sich in thematisch geeigneten Zonen mit eigenen Beiträgen auch inhaltlich zu verwirklichen. BAA (das Unternehmen, das die wichtigsten britischen Flughäfen verwaltet) und andere Unternehmen stehen bereits in den Starlöchern.
Fazit
Liebe LeserInnen, bitte nötigen Sie mich nicht zu einem Kommentar zu den Inhalten. Meine Beschreibung der Inhalte mag sehr kurz ausgefallen sein, doch viel Ergiebigeres is auch den langatmigen Referenzpapieren, die von "The New Millennium Experience" unters Journalistenvolk geworfen werden, nicht zu entlocken.
In keiner Weise wird dabei detailliert irgendetwas verraten, inwieweit die grosse Betonung der Informationstechnologien wirklich umgesetzt werden wird. Wird BT zum Beispiel den "SoulCatcher" präsentieren, ein Brainchip, der in den BT-Forschungslabors angeblich entwickelt wird, der Neugeborenen eingesetzt werden soll, und mit dessen Hilfe alle Sinneswahrnehmungen aufgezeichnet werden, die ein solchermassen "aufgerüstetes" Menschenkind in seiner Laufbahn jemals machen wird? Schweigen darüber. Wird es neue interessante Interaktionsformen der Mensch-Maschinekommunikation zu sehen geben? No Comment.
Wenn Sie mich also wirklich drängen würden, dann würde ich vielleicht Dinge sagen, wie daß es sich beim Millennium Dom um einen einzigen großen Dunghaufen von Regierungs- und Wirtschaftsinteressen handelt, zu dessen Umsetzung der "Kreativteil" der Gesellschaft schnellstens eingespannt wird, um ein Megaspektakel zusammenzuwürfeln, während New Labour gleichzeitig nichts unternimmt, um Kreativität wirklich zu fördern. Doch solche unsubstantiellen kritischen Vorwürfe möchte ich ja erklärtermaßen nicht äußern. (Anm. Revolte der britischen Pop-Industrie im New Musical Express )
Lassen wir lieber den Premierminister sprechen. Bei seiner Ansprache zur Projektpräsentation sagte er:
...[the Millennium Dome] will bring the nation together in common purpose- to make a difference. It will unite the nation. It will be a meeting point of people from all backgrounds. It will be an event to lift our horizons. It will be a catalyst to imagine our futures.
Tony Blair
Das zu sagen hat er auch allen Grund. Denn die Idee der Nation, nicht in ihrer Karikatur als Nationalismus, sondern aus der Tradition der bürgerlichen Revolution gegen Aristokratie und Feudalismus und im Sinne der Werte der französischen Revolution mit einer starken Betonung der "Citizenship", der Rechte und Pflichten der Staatsbürgerschaft, verstanden, hat in Britannien keinen soliden historischen Grund. "Citizenship" wurde den britischen Bürgern erst vor wenigen Jahren, unter dem Einfluss der Europäischen Union, verliehen, zuvor waren sie "subjects", Eigentum der Queen. Es gehört zum Modernisierungsprogramm von New Labour, diese anderswo längst allgemeingültige Basis der demokratischen Nationalstaatsidee inklusive einer Citizen Rights Charta und eines Freedom of Information Acts im Volksbewußtsein zu verankern. Es ist eine kleinbürgerliche Mittelstandsversion dieser Idee vom Staat, die sich bemüht, dem Business nur ja nicht in die Quere zu kommen. Doch nichtsdestotrotz ist das Modernisierungsprogramm von New Labour darauf ausgerichtet, ein möglichst inklusives, alle Bevölkerungsteile umschließendes Bild für ein Land zu entwerfen, das wie kaum ein anderes in der westlichen Welt in verschiedene Klassen, Rassen und Volksgruppen aufgespalten ist. Und so sprach Blair einige Absätze weiter:
I want every child in Britain to be part of the Millennium Experience. This will be a celebration for the whole country. I want today's children to take from it an experience so powerful and memories so strong that it gives them that abiding sense of purpose and unity that stays with them through the rest of their lives.
Damit ist die Botschaft, die der Millennium Dom verbreiten soll, wirklich klar. Er soll als Katalysator dienen, um die Bewohner des Inselreichs endlich zu einer richtigen Nation zusammenzuschweissen, mit ca. 100 bis 200 Jahren Verspätung. Und als Dank für diese Errungenschaft sollen sie auch beim nächsten Mal New Labour wählen.