Milliardäre wollen Desinformation bekämpfen und gründen die "Good Information Inc."

Seite 2: Politische Interessen beim Kampf gegen die Desinformation der anderen

Im Fall von "Good Information" ist es noch krasser. Hauptgeldgeber Reid Hoffman hatte 2017 100.000 US-Dollar in eine Facebook- und Twitter-Kampagne investiert, die bei Senatswahlkampf in Alabama den republikanischen Kandidaten mit Mitteln der Desinformation oder einer False-Flag-Operation schaden sollte (Der Kampf gegen Desinformation gebiert weitere Desinformation).

Beteiligt war auch der Chef der Firma "New Knowledge" (jetzt yonder), der für die Demokraten die angebliche russische Desinformationskampagne für den Senat analysiert hat, um dann die gewonnenen Kenntnisse in ebensolche Kampagnen umzusetzen.

Die 100.000 US-Dollar kamen verwinkelt über "American Engagement Technologies" von dem Investitionsfonds "Investing in Us", mitbegründet von Hoffman, der darüber Gelder für Projekte gegen Trump und die Republikaner investierte. Angeblich erhielt auch die Organisation Indivisible, die sich gegen Trump, zugunsten der Demokratischen Partei und angeblich für die Demokratie engagiert, Gelder, um das "Wahrheitsprojekt" zu fördern. Das richtet sich auch - Überraschung - gegen Desinformation, natürlich nicht gegen die eigene. Man arbeitet aber mit den Mitteln von Beeinflussungskampagnen:

Training: Die Freiwilligen absolvieren zunächst eine Schulung, in der sie lernen, wie sie mit Hilfe erprobter Techniken mitreißende, positive und überzeugende Botschaften zu einem bestimmten Thema mit ihrer eigenen Stimme verfassen können. Sie lernen auch die Grundsätze von Algorithmen und wie bösartige Akteure Desinformationen verbreiten. "Nicht klicken" ist ein zentraler Grundsatz des Programms, den die Teilnehmer an Gleichgesinnte in ihrem Umfeld weitergeben.

Kampagnen: Alle zwei Wochen erhalten die Freiwilligen der Truth Brigade einen Kampagnen-Erklärer zu einem Thema, über das böse Akteure Desinformationen verbreiten, wie sie von Expertenbeobachtern ermittelt wurden. Die Freiwilligen verbreiten positive, wahrheitsgemäße Botschaften zu diesem Thema in den sozialen Medien und verstärken die Beiträge der anderen, so dass sie gemeinsam eine Welle von Gegenbotschaften verbreiten.

Die neue Liebe der US-Milliardäre zu den Medien

2020 hatten Reid Hoffman, Milliardär und Facebook-Mitbegründer Dustin Moskovitz, Milliardärin Laurene Powell Jobs, Frau von Steve Jobs, die mit dem Emerson Collective Medien als "Kraft des Guten" fördert, und der frühere Google-CEO Eric Schmidt, ebenfalls Milliardär, im Wahlkampf gegen Donald Trump Millionen in Projekte zur Unterstützung der Demokratischen Partei und Joe Biden investiert. Für Anhänger von Verschwörungserzählungen: Schmidt ist ebenso wie Hoffmann regelmäßiger Teilnehmer von Bilderberg-Treffen.

Craigslist-Gründer und Milliardär Craig Newmark hat Millionen in das Craig Newmark Center for Journalism Ethics and Security und Craig Newmark Professorship of Journalism an der Columbia Journalism School sowie in das Craig Newmark Center for Ethics and Leadership am Poynter Institute investiert, um ethischen Journalismus zu fördern. Das Poynter Institute hat 2015 das International Fact-Checking Network (IFCN) gestartet, an dem mittlerweile 100 Organisationen teilnehmen, die "faktenbasierte Informationen im globalen Kampf gegen Desinformation" einbringen.

Andere US-Milliardäre setzen noch auf traditionelle Medien und haben sich in den letzten Jahren eingekauft. So hat Biopharma-Milliardär Patrick Soon-Shiong die Los Angeles Times gekauft, Powell Jobs hat The Atlantic übernommen, Amazon-Milliardär Jeff Bezos die Washington Post, die gegen Trump mit dem Slogan "Democracy Dies in Darkness" angetreten ist und auch mit dem Kampf gegen Desinformation wirbt.

Salesforce-Gründer Marc Benioff erwarb das Time-Magazin, das nach seinem Willen auch Vertrauen schaffen soll. Ebay-Gründer und Milliardär Pierre Omidyar gründete First Look Media und finanziert The Intercept. Milliardär John Henry besitzt den Boston Globe, Morningstar-CEO Joe Mansueto die Zeitschrift Fast Company, Investor Peter Barbey die Village Voice, Milliardär Carlos Slim Helu hält mit 17 Prozent den größten Anteil an der New York Times. Und es gibt noch die alten Milliardäre wie Warren Buffet, dem Dutzende von Tageszeitungen gehören, Rupert Murdoch oder Michael Bloomberg.

"Good Information Inc." geht es nicht um Wahrheit oder Objektivität, sondern um eine politische Beeinflussung der Gesellschaft. Und die Gründer sehen darin wohl auch ein Geschäftsmodell, in das sich zu investieren lohnt:

Good Information Inc. wird in Medienunternehmen und Plattformen investieren und mit ihnen zusammenarbeiten, die die Gemeinschaften, denen sie dienen, ihre Interessen und ihre Medienkonsumgewohnheiten in den Mittelpunkt ihrer Berichterstattung und ihrer Strategien zur Verbreitung von Inhalten stellen.

Um die Konkurrenz der anderen Milliardäre von Google, Facebook und Co. zu schwächen, sollen Social-Media-Plattformen reguliert werden, wird gefordert. Investiert werden soll in Modelle, "die den Wahrheitsgehalt für Gemeinschaften höher bewerten als Clickbait und die den Schutz der Demokratie über den Profit stellen".

Letzteres darf bezweifelt werden, und was den "Wahrheitsgehalt für Gemeinschaften" angeht, so springt das Tendenziöse ins Auge. Die Berichterstattung soll sich jeweils an die Interessen oder Bedürfnisse der Gemeinschaften anpassen. Das ist der Kern der Strategie, die dann auch Profit abwerfen will. Um unabhängigen und kritischen Journalismus geht es bei der angeblich Desinformation bekämpfenden "Good Information Inc." nicht.

Der Artikel ist zuerst bei Krass & Konkret erschienen