Der Kampf gegen Desinformation gebiert weitere Desinformation
In den USA wurden weitere Beeinflussungskampagnen von demokratischen Aktivisten aufgedeckt, der angebliche Kampf gegen Fake News ist längst zu einem Geschäft geworden
Während durch die aufmerksamkeitsökonomisch nach und nach erfolgenden Leaks von Anonymous, wer auch immer dahinter stecken mag, die Hintergründe und Ziele der britischen Kampagne gegen Russland unter dem Deckmantel der Bekämpfung von Desinformation bekannter werden, tauchen auch in den USA für die Demokraten unangenehme Desinformationskampagnen auf. Es waren bekanntlich die Demokraten, die zusammen mit den Geheimdiensten schon im Präsidentschaftswahlkampf 2016 immer wieder die russische Gefahr beschworen. Eine russische Hacker- und Beeinflussungskampagne sollte Donald Trump fördern, dessen Wahlkampfteam und ihm zudem geheime Verbindungen mit der russischen Regierung unterstellt wurden. Im Mai 2017 wurde der Sonderermittler Robert Mueller zur Untersuchung der "collusion" eingesetzt.
Ende Dezember hatte sich heraus gestellt, dass die Firma New Knowledge, die sich als Aufdecker der russischen Desinformationskampagne engagierten und einen entsprechenden Bericht für den Geheimdienstausschuss des Senats, selbst 2017 die angeblichen russischen Mittel der Beeinflussung angewandt hatte, um die öffentliche Meinung für den demokratischen Kandidaten und gegen den republikanischen Kandidaten in Alabama für den Senat in Washington zu manipulieren. Facebook hatte deswegen einen Account von Jonathon Morgan, dem Chef der "Cybersicherheitsfirma" und ehemaligen Darpa-Mitarbeiter, gesperrt
Morgan hatte mit seinen Mitstreitern eine Facebook-Seite erstellt, auf der sie sich als Konservative darstellten. Zudem verwendeten sie Twitter-Accounts, die im Sinne einer "False-Flag-Operation" als russische ausgegeben wurden, um vorzutäuschen, dass Russen hinter dem republikanischen Kandidaten stünden, der sich lobend über Putin geäußert hatte. Das Wahlbeeinflussungsprojekt hatte zwar allein schon wegen des geringen Budgets von 100.000 US-Dollar kaum Chancen, wirklich etwas zu bewegen, nämliches ließe sich freilich auch bei den angeblichen oder wirklichen russischen Beeinflussungskampagnen sagen. Ziel war es, einen Unterschied von 50.000 Stimmen durch Microtargeting zu erwirken, 650.000 wahrscheinliche Alabama-Wähler seien angezielt worden. Nach einem geleakten internen Bericht brüstete man sich, so erfolgreich gewesen zu sein, dass der Demokrat gewonnen habe.
Morgan sagte nach dem Bekanntwerden, die Aktivitäten hätten nur dazu gedient, mehr über die russischen Methoden zu lernen, man habe nie die Wahl beeinflussen wollen. Er habe eine Facebook-Seite gestartet und Twitter-Retweets gekauft, um zu sehen, ob sich darüber konservative Wähler erreichen lassen, die aber nicht beeinflusst werden sollten. Es sei nur ein "kleines Experiment" gewesen (Aufdecker von russischer Desinformation führten Wahlbeeinflussungskampagne durch).
"Experimente" im russischen Stil
In dem engen Alabama-Wahlkampf, den der Demokrat Doug Jones mit einer geringen Mehrheit von 20000 Stimmen gewann, gab es, wie die New York Times, kein Anti-Demokraten-Medium, nun berichtet, eine weitere Beeinflussungskampagne, die mit Desinformation oder Täuschung arbeitete. Sie agierte ebenfalls über Facebook, wo die Seite "Dry Alabama" eingerichtet wurde, aber auch über Twitter. Zudem wurde noch "Southern Caller" eingerichtet. Alle Accounts sind mittlerweile gesperrt.
Mit Bildern von Autowracks und Videos von angeblich durch Alkohol ruinierten Familien wurde der Eindruck erweckt, die Seite würde von Baptisten betrieben, die für den republikanischen Kandidaten für den Senat, Roy Moore, warben, der rechtsextrem ist, schon mal als "Ayatollah of Alabama" bezeichnet wurde und sich gerne in Verschwörungstheorien begibt. Die Intention war es nach der NYT, Moore mit dem Ruf nach einem Alkoholverbot zu schaden, weil dadurch gemäßigte Republikaner abgeschreckt und dem demokratischen Kandidaten geholfen würde.
Einer der Aktivisten, die hinter der Kampagne standen, sagte, er wäre zwar dafür, dass solche Täuschungstaktiken verboten werden, aber weil doch die Republikaner dies auch machen würden, könnten die Demokraten dies nicht einseitig aufgeben: "Man hat einen moralischen Imperativ dies zu machen", so Matt Osborne. Ebenso wie die andere Kampagne erhielt auch diese 100.000 US-Dollar über "Investing in Us". Ein weiterer soll Evan Coren sein, der bei den National Archives arbeitet.
Es gab noch zwei weitere Firmen, Tovo Labs und Dialectica, die ebenfalls in Alabama zugunsten des demokratischen Kandidaten mit Experimenten tätig waren, natürlich "ethisch" und "rechtlich" einwandfrei, "aber dennoch effizient". Konservative republikanische Wähler wurden über Facebook-Anzeigen auf eine Website gelockt, wo Konservative oder Religiöse gegen Moore Stimmung machten, während etwa noch nicht registrierte demokratische Wähler zu einer Website geleitet wurden, über die sich online registrieren konnten. Auch Tovo Labs beansprucht, dass ihr "Experiment" erfolgreich gewesen sei. Dialectica bietet "Informationswaffensysteme für Aktivisten" an. Fake News sei ein internationaler Wachstumsmarkt, dagegen zu kämpfen, sei eine globale Geschäftsgelegenheit.
Das Geschäft mit der Desinformation und dem Kampf gegen Desinformation
All das zeigt, dass spätestens seit dem Ukraine-Konflikt und der Russland zugewiesenen hybriden Kriegsführung die angebliche Bekämpfung von Fake News und Desinformation zu einem Geschäft wurde, das von politischen Interessen gelenkt wird und keineswegs unabhängige Aufklärung im Visier hat. Die Ukraine war wahrscheinlich das erste "Schlachtfeld" des neuen Informationskriegs, der allerdings bei allen Konflikten schon immer ausgefochten wurde.
Es wurden vom Westen zahlreiche Medien wie StopFake.org, Hromadske TV oder das Ukraine Crisis Media Center oder Disinfoportal.org vom Atlantic Council, East StratCom Task Force der EU, Kompetenzzentrum der NATO für Strategische Kommunikation oder Integrity Initiative geschaffen, die gegen die vermeintliche Desinformation andere Desinformation bzw. einseitige Informationen verbreiteten (s.a. Propaganda machen immer nur die anderen). Auch Medien haben sich als "Faktenfinder" im Kampf gegen Fake News zu profilieren versucht.
Die russischen staatlichen Auslandsmedien verfolgen, ähnlich wie die staatlich finanzierten Auslandsmedien des Westens, dieselbe Strategie. Sie unterstellen Desinformation, Fake News oder einseitige Information durch westliche Regierungen und Mainstreammedien und geben sich als aufklärerische Instanzen, die es im Westen nicht gebe. Am deutlichsten wird dies von RT Deutsch gemacht, ist aber auch Strategie der anderen Ausgaben oder von Sputniknews:
Mit dem deutschsprachigen Programm will RT einen Gegenstandpunkt zum einseitigen und oft interessengetriebenen Medien-Mainstream beziehen. Der fehlende Part - Was machen wir anders?
Unser Ziel ist es, eine Gegenöffentlichkeit herzustellen sowie Medienmanipulationen aufzuzeigen. In diesem Sinne werden wir Stimmen zu Wort kommen lassen, die eine alternative, unkonventionelle Sichtweise präsentieren. Unser Leitbild lautet: "Wir zeigen den fehlenden Teil zum Gesamtbild". Also genau jenen Part, der sonst verschwiegen oder weggeschnitten wird.
RT Deutsch
Von den russischen Auslandsmedien wird die Öffentlichkeit strategisch "aufgeklärt" oder beeinflusst. Auch hier ist die Losung, dass die Propaganda immer die anderen machen. Die macht man auch, indem einseitig berichtet wird und andere Perspektiven ausgeschlossen bleiben.
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