Mit Eiern in die zweite Runde
Der peruanische Ex-Präsident Alan Garcia tritt gegen den Nationalisten Humala Ollanta in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen an
Amtlich ist es zwar noch nicht, aber so gut wie sicher: Am 28. Mai wird der peruanische Ex-Präsident Alan Garcia von der sozialdemokratischen APRA gegen den Ex-Militär Ollanta Humala in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen antreten. Bei den Wahlen am 9. April setzte sich Humala mit rund 30 Prozent der Stimmen zwar an die Spitze, konnte jedoch nicht die absolute Mehrheit im ersten Wahlgang auf sich vereinen, was eine Stichwahl nötig macht. Garcia erreichte 24,3 Prozent und schaltete so überraschend Lourdes Flores vom Nationalen Bündnis aus, die ihre Niederlage auf Grund des knappen Abstands zu Garcia und noch auszuzählende Stimmen bisher nicht eingestanden hat. Nachdem Flores bereits 2001 bei den Wahlen gescheitert war, weil ihr Nähe zum Ex -Diktator Alberto Fujimori vorgeworfen wurde, zog sie dieses mal offenbar wieder den Kürzeren, weil sie mit ihrer neoliberal geprägten Politik als Kandidatin der Reichen galt.
Galt Humala in den Monaten zuvor als aussichtsreichster Kandidat bei den Wahlen, werden mit seinem Gegenkandidaten Garcia die Karten wieder neu gemischt. Neueste Umfragen legen dies offen: Garcia setzt sich darin mit sechs Prozent vor dem Linksnationalisten Humala Ollanta an die Spitze, der unter einer diffusen Ideologie eines Etnocacerismus das Land zu reformieren verspricht: Verstaatlichung einiger Wirtschaftszweige und die Einberufung einer Verfassung gebenden Versammlung.
Laut dem peruanischen Analysten Ivan García Mayer sei der Verlust bei den Umfragen auf das Misstrauen zurück zu führen, welches Ollanta in einem Großteil der Bevölkerung mit seinem radikalen Diskurs gesät habe. Zwar habe dieser sich nach dem ersten Wahlgang einen gemäßigteren Ton zugelegt, “doch ein Kommandant in Seide gekleidet sei nach wie vor ein Kommandant”, meint Mayer.
Wiederauferstehung der APRA
Der Einzug von Garcia in die zweite Runde scheint in einem Land wie Peru, in dem die Bevölkerung einen tief greifenden politischen Wandel wie in anderen lateinamerikanischen Ländern einfordert, überraschend. Dessen Amtszeit von 1985-1990 gilt in Peru als wirtschaftliches und soziales Desaster, welches selbst Garcia eingesteht. “Ich will nicht, dass man über meinem Grab einmal sagt, dass ich ein schlechter Regierungschef war und so blöd gewesen sei, mich ein zweites Mal zu irren”, so Garcia jüngst auf einer Wahlveranstaltung. Zudem steht Garcia mit der APRA als Kandidat einer Traditionspartei zur Wahl, entgegen dem lateinamerikanischen Trend, in dem neue Bewegungen am Aufsteigen sind. Für ihn und seine Partei steht somit viel auf dem Spiel.
Garcia war der einzige Vertreter der APRA, der es jemals in der Geschichte des Landes in einen Präsidentensessel geschafft hatte, obwohl die Partei als die traditionellste und am stärksten verankerte Gruppierung in Peru gilt. “Man muss eingestehen, dass APRA die einzige Partei ist, die diesen Titel verdient”, meint der Soziologe Nelson Manrique, der damit auf das instabile Parteiensystem im Land hinweist. Die politische Maschinerie sei es laut Manrique auch gewesen, die Garcia in einem Kraftakt in die zweite Runde verholfen hat.
Im Jahr 1924 wurde die Amerikanische Revolutionäre Volksallianz (APRA) in Mexiko als sozialdemokratische Bewegung Lateinamerikas ins Leben gerufen. Sechs Jahre später formierte dessen peruanischer Gründungsvater Victor Raúl Haya de la Torre deren Ableger in Peru. Mehrfache Versuche, das Präsidentenamt zu erobern, schlugen fehl. 1931 scheiterte Haya de la Torre an einem Wahlbetrug, 1962 machte ein Militärputsch der APRA einen Strich durch die Rechnung. In den achtziger Jahren hatte die APRA eine Modernisierung der Partei Alan Garcia zu verdanken. Dies zeichnet sich darin ab, dass besonders junge Menschen für diese Partei gestimmt haben und mehrere Parlamentsabgeordnete der APRA jünger als dreissig Jahre sind. Was aber nichts darüber aussagt, dass Garcia wie bereits in der Vergangenheit mit populistischem Stil Misswirtschaft betreiben wird.
Mit Eiern und Mausklick gegen Ollanta
Nicht zuletzt wegen dessen Phantom des Populismus rief Garcia seine Anhänger auf, keine Provokationen gegen seinen Kontrahenten im Wahlkampf durchzuführen. Bereits bei der Stimmabgabe wurde dieser mit Tomaten beschmissen, offensichtlich von APRA-Anhängern.
Humala scheint die Opferkarte zum Stimmenfang jedoch ausnutzen zu wollen. Bei dessen Wahlkampftour im Norden des Landes, welche als Hochburg von Garcia gilt, legte Humala Blumen am Grab des APRA-Gründers Haya de la Torre in der Stadt Trujillo nieder, was von deren Anhängern mit Eiern und lautstarken Protesten beantwortet wurde. APRA-Vertreter warfen Humala daraufhin Provokationsversuche vor und nannten diesen den “Herr der Klagen”, der versuchen will, deren Parteianhänger als gewaltsam hinzustellen. Auch Garcia konnte sich nicht mehr zügeln. “Ollanta Humala zeigt uns zwei Gesichter: das eines Terroristen in der ersten Runde und das eines Beschwichtigers und Opfers auf dem Weg zur Stichwahl”, so Garcia.
Wochen zuvor hatten Humalas Anhänger von dessen Union für Peru (UPP) Übergriffe auf Anhänger der gescheiterten Kandidatin Lourdes Flores durchgeführt. Für Entrüstung sorgte auch dessen Familie. “Sagt dieser Schwuchtel, dass wir niemals in sein Programm kommen werden, und wenn wir an der Regierung sind, werden wir ihn erschießen.” Diese Worte stammen von der Mutter von Ollanta Humala, gerichtet an den homosexuellen Schriftsteller und Journalisten Jaime Bayly. “Ich glaube, die Vergangenheit von Humala und dessen Diskurs zeigen klar, dass er kein Demokrat ist und ein autoritäres Projekt verfolgt”, meint Bayly. Humala distanzierte sich zwar von den Aussagen seiner Familie, doch seine politische Formation lernte dieser in seinem Elternhaus, was beunruhigen dürfte.
Dass bis zum zweiten Wahlgang zwischen Garcia und Ollanta mit harten Bandagen gekämpft wird, ist vorprogrammiert. Selbst im Internet haben Humala-Gegner mittlerweile Front gemacht. In dem Spiel Ollanta reloaded tritt dieser als bewaffneter Diktator in Bezug auf seine Militärvergangenheit auf, in der ihm schwere Menschenrechtsverletzungen nachgesagt werden. “Traurigerweise hat ´Kommandant Carlos´ (Spitzname von Humala während seiner Armeekarriere) die Wahlen gewonnen”, so der Einstiegstext. “Deine Aufgabe ist es, die kommenden schrecklichen fünf Jahre unter ihm zu überleben.” Humala begleiten darin der venezolanische Präsident Hugo Chávez, der Ölfässer schmeißt, sowie der Führer der maoistischen Guerillagruppe Leuchtender Pfad. Humala dürfte es unter diesen Bedingungen schwer fallen, sein Stigma bis zum 28. Mai los zu werden.