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Mit Stecker-Solargeräten gegen den Strompreis-Anstieg

Kleinere Solarpanele können auch direkt über einen Stecker ins Hausnetz angeschlossen werden. Für Mieter, die nur über einen Balkon oder kleine Flächen verfügen, eine einfache Möglichkeit, grünen Strom zu selbst herzustellen und zu nutzen. Bild: BOKU / CC BY-ND 2.0

Die Mini-Solaranlagen ermöglichen es auch Stadtbewohnern, selbst Solarstrom erzeugen. Damit können sie ihre steigende Stromrechnung entlasten. Förderprogramme können helfen, die Technik auch für finanzschwache Haushalte zu erschließen.

Die Anbieter von Stecker-Solargeräten haben in den vergangenen Monaten einen Kundenansturm erlebt, den sie zeitweise kaum noch bewältigen konnten. Inzwischen scheint sich die Situation allmählich wieder zu entspannen. Der Grund für den Ansturm liegt darin, dass Stecker-Solargeräte ein wirksames Mittel gegen die steigenden Strompreise sein können.

Diese kleinen Stromerzeuger [1] mit bis zu 600 Watt Spitzenleistung können am Balkon, auf der Terrasse oder der Garage angebracht oder aufgestellt werden. Das ermöglicht es auch Stadtbewohnern, die kein eigenes Haus und Grundstück besitzen, auf einfache Weise selbst Strom zu erzeugen. Damit können sie den Strombezug aus dem allgemeinen Netz mindern und so ihre Stromrechnung entlasten.

Der Strom, den die Mini-Solaranlagen produzieren und vor Ort ins Netz einspeisen, wird von den dort gerade eingeschalteten Elektrogeräten verbraucht. Das wird sehr oft der Kühlschrank sein. Dazu kommen Geräte, die sich im Bereitschaftsmodus befinden. Bei Heimarbeitenden kann auch die elektrische Bürotechnik den selbst erzeugten Solarstrom verbrauchen. Was dann noch übrig bleibt, fließt ins allgemeine Netz.

Mit dem selbst erzeugten und verbrauchten Solarstrom entlasten die Anwender nicht nur ihre Stromrechnung. Gleichzeitig tragen sie dazu bei, dass weniger Strom aus fossilen Energieträgern wie Erdgas, Braun- und Steinkohle produziert werden muss. Das dient dem Klimaschutz und der Versorgungssicherheit.

Nordländer gehen voran

Diese Vorteile hat auch Till Backhaus erkannt, Energieminister von Mecklenburg-Vorpommern. Deshalb hatte er im August 2022 ein zehn Millionen Euro schweres Förderprogramm für die steckerfertigen Mini-Solaranlagen angekündigt. Danach arbeitete das Ministerium zügig daran, die Ankündigung konkret umzusetzen:

Schon drei Monate später, Anfang November 2022, wurde auch die notwendige Förderrichtlinie [2] veröffentlicht. Seitdem können Bürger eine Förderung in Höhe von 500 Euro für steckerfertige Fotovoltaikanlagen bis zu einer Leistung von 600 Watt erhalten. Einen Monat später berichtete Backhaus, dass dafür bereits 1.500 Förderanträge eingegangen waren. Er rechnet damit, dass insgesamt 18.000 Anträge bewilligt werden können.

Nach Berechnungen des Ministeriums [3] vom August können Mieterinnen und Mieter mit einer Stecker-Solaranlage etwa 400 Kilowattstunden pro Jahr selbst erzeugten Solarstrom verbrauchen. Damit würden sie eine Stromkosten-Einsparung von 148 Euro erzielen.

Dabei hatte das Ministerium noch einen Strompreis von 37 Cent pro Kilowattstunde zugrunde gelegt. Inzwischen sind sogar noch höhere Strompreise absehbar, sodass auch die künftige Jahresersparnis durchaus noch etwas größer sein kann. Selbstverständlich hängt sie auch davon ab, wie viel Solarstrom das jeweilige Gerät tatsächlich produziert, und wie viel davon vor Ort verbraucht wird.

Mit seinem Förderprogramm folgt Mecklenburg-Vorpommern dem Beispiel des benachbarten Bundeslandes Schleswig-Holstein. Hier wurde gerade das Förderprogramm "Klimaschutz für Bürgerinnen und Bürger" [4] neu aufgelegt, das den Einsatz von erneuerbaren Energien in Privathaushalten unterstützen soll. Für steckerfertige Solar-Balkonanlagen gibt es hier 200 Euro.

Neben den beiden nördlichen Bundesländern gibt es inzwischen auch zahlreiche Städte, die schon Förderprogramme für steckerfertige Solargeräte aufgelegt haben. In Ostdeutschland geht hier Jena voran, das Anfang November 2022 zwei Fördertöpfe [5] mit insgesamt 100.000 Euro für die kleinen Solarstrom-Erzeuger aufgelegt hat: Mit dem ersten Fördertopf wurden die Mini-Anlagen mit bis zu 200 Euro gefördert. Er war schon nach kurzer Zeit ausgeschöpft.

Mit dem zweiten Fördertopf sollen Bürgerinnen und Bürgern unterstützt werden, die finanziell wenig Spielraum haben: Hier übernimmt die Stadt bis zu 75 Prozent der Anschaffungskosten und höchstens 600 Euro.

Langer Anlauf in Leipzig

In Leipzig lässt sich derzeit beobachten, dass sich der Anlauf zu einem Förderprogramm [6] auch sehr lange hinziehen kann. Hier hatte der Stadtrat schon im März 2021 beschlossen, die Anschaffung privater steckerfertiger Balkon-Solarstromanlagen mit jährlich 500.000 Euro zu fördern.

Dazu sollte die Stadtverwaltung eine Fachförderrichtlinie erarbeiten. Doch damit ist sie bisher nicht fertig geworden. Auf Anfrage informierte die Verwaltung darüber, dass sie bei diesem Thema auf eine enge Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale Sachsen setzt. Die Ausreichung der Fördermittel könne "spätestens im 2. Quartal 2023" starten.

Das ist zweifellos ein sehr langer Anlauf zu einem Förderprogramm für Stecker-Solargeräte. Und doch kann Leipzig damit in Sachsen immer noch als Vorreiter gelten. Denn in den beiden anderen sächsischen Großstädten Chemnitz und Dresden gibt es bisher noch wenig bis keine konkreten Überlegungen in dieser Richtung.

Zu den Pionierinnen der Steckersolar-Förderung gehört dagegen die Stadt Düsseldorf, die gerade schon ihr zweites Förderprogramm für Balkonkraftwerke aufgelegt hat. Hier werden Kauf und Installation mit bis zu 600 Euro unterstützt.

Wie Bürgermeisterin Clara Gerlach Anfang Dezember 2022 bei einer Pressekonferenz der Deutschen Umwelthilfe [7] sagte, soll nun auch ein spezielles Programm für Menschen aus finanziell schwachen Haushalten erarbeitet werden. Sie sollen Balkonkraftwerke möglichst kostenfrei erwerben, um damit nachhaltig Energie produzieren und Geld sparen zu können.

Regulatorische Hürden

Gerlach berichtete außerdem, dass die Düsseldorfer Netzgesellschaft ihre Regelungen für Anschluss und Anmeldung der kleinen Stromerzeuger vereinfacht hat. So verlange sie nicht mehr, dass die Geräte mit einem sogenannten Wielandstecker ans Netz angeschlossen werden, wenn es eine alternative technische Lösung mit Netz- und Anlagenschutz gebe.

Der Wielandstecker und die dazugehörige Steckdose sind eine spezielle und kostspielige Anschlusstechnik, die eine zusätzliche elektrotechnische Sicherheit gewährleisten soll. Diese spezielle Anschlusstechnik gehört zu den umfangreichen technischen Anforderungen an Steckersolargeräte, die viele Netzbetreiber immer noch stellen.

Aus Sicht der Anbieter und Verbraucherorganisationen sind sie überwiegend nicht notwendig und behindern unnötig die Verbreitung der kleinen Balkonkraftwerke. Dazu kommt, dass mögliche Anwender erst die Erlaubnis bei Vermietern oder Eigentümergemeinschaften einholen müssen. Für andere Balkonelemente wie Blumenkästen oder Satellitenschüsseln ist das dagegen nicht nötig.

Deshalb will sich nun die Deutsche Umwelthilfe dafür einsetzen, diese regulatorischen Hürden abzubauen. Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz sieht darin einen zentralen Hebel, um die Energiewende zu einem "Mitmachprojekt für die ganze Bevölkerung" zu machen.

Konkret sollte die sinnfreie Diskussion über die Art der Einspeisesteckdose beendet, der kostenlose und schnelle Zählertausch durch die örtlichen Netzbetreiber garantiert und das Wohneigentumsrecht reformiert werden,

… sagte Metz. Sie plädierte auch für eine breit angelegte finanzielle Unterstützung:

Was wir brauchen, ist ein bundesweites Förderprogramm für Balkonkraftwerke.

Ohne Notstrom-Funktion

Wenig bekannt ist bisher, dass Stecker-Solargeräte nur dann funktionieren, wenn sie an ein intaktes Stromnetz angeschlossen sind. Wenn es im Netz einen Stromausfall gibt, liefern diese Kleinanlagen auch keinen Strom mehr. Dabei sollte es eigentlich auch möglich sein, die Solarmodule um eine Notstrom-Funktion zu ergänzen.

Schließlich erzeugen die Module zunächst Gleichstrom, der dann erst in einem Wechselrichter zu netzüblichem Wechselstrom verarbeitet wird. Eine Notstrom-Funktion könnte es ermöglichen, den zunächst erzeugten Gleichstrom wahlweise auch in eine übliche Solarbatterie einzuspeichern. Doch bisher haben fast alle Anbieter von Stecker-Solargeräten keine solche Notstrom-Funktion eingebaut.

Wer mit einer solaren Notstrom-Lösung für mögliche Stromausfälle vorsorgen will, braucht deshalb weiterhin eine spezielle Gerätetechnik: ein Solarmodul mit einer passenden Solarbatterie [8]. Dabei liefert das Solarmodul den erzeugten Gleichstrom direkt an die Solarbatterie. Sie speichert den Strom nicht nur, sondern verfügt auch über verschiedenste Stromausgänge. Darüber liefert sie dann Gleich- und Wechselstrom für alle denkbaren Haushalts- und Bürogeräte. Damit lassen sich die meisten Elektrogeräte auch dann noch weiter betreiben, wenn der Strom im allgemeinen Netz doch einmal ausfallen sollte.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-7398235

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[1] https://www.heise.de/tp/features/Mini-Solargeraete-Die-Energie-Revolution-aus-der-Steckdose-7139444.html?view=print
[2] https://www.regierung-mv.de/Landesregierung/lm/Service/Presse/Aktuelle-Pressemitteilungen?id=185581&processor=processor.sa.pressemitteilung&sa.pressemitteilung.sperrfrist=alle
[3] https://www.regierung-mv.de/Landesregierung/lm/Service/Presse/Aktuelle-Pressemitteilungen?id=183524&processor=processor.sa.pressemitteilung&sa.pressemitteilung.sperrfrist=alle
[4] https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/ministerien-behoerden/V/_startseite/Artikel2022_2/221005_Klimaschutz_BuB.html
[5] https://umwelt.jena.de/de/foerderung-solarstromerzeugung
[6] https://www.stefanschroeter.com/1548-langer-anlauf-zum-balkonsolar-foerderprogramm.html
[7] https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/energiewende-selber-machen-deutsche-umwelthilfe-startet-breite-initiative-fuer-balkonkraftwerke/
[8] https://www.heise.de/tp/features/Rettung-bei-Stromausfall-Notstrom-aus-der-Solarbatterie-7162145.html